Für Dimitrij Ovtcharov war das Jahr 2015 das erfolgreichste seiner Karriere. Der 27-Jährige sicherte sich bei der Tischtennis-Europameisterschaft Gold im Einzel und Silber mit der Mannschaft. Bei der Premiere der Europaspiele in Baku ging der Einzeltitel ebenfalls an den gebürtigen Ukrainer.
Ovtcharov: Ich kann die Chinesen schlagen
Die SPORT1-User honorierten seine gezeigten Leistungen und wählten ihn zum "Sportler 2015". Ovtcharov ließ bei der Fan-Wahl für "Die SPORT1" dabei unter anderem Fußball-Weltmeister Thomas Müller und Skisprung-Weltmeister Severin Freund deutlich hinter sich.
Für das neue Jahr hat sich Deutschlands aktuell bester Tischtennis-Spieler ebenfalls viel vorgenommen: Bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro will er "wieder ein paar Medaillen mit nach Hause nehmen".
Im SPORT1-Interview spricht Ovtcharov über die Bedeutung der SPORT1-Wahl, seine Chancen in Rio de Janeiro und das besondere Verhältnis zu seinem Nationalmannschafts-Kollegen Timo Boll.
SPORT1: Herzlichen Glückwunsch zu "Die SPORT1". Warum ist Ihnen dieser Preis so wichtig?
Dimitrij Ovtcharov: Weil die Fans abgestimmt haben. Ich bin so stolz, mich gegen so große Konkurrenz durchgesetzt zu haben.
SPORT1: Möchten Sie Ihren Fans noch etwas mit auf den Weg geben?
Ovtcharov: Ich werde mein Bestes geben im olympischen Jahr, damit ihr weiter stolz auf mich sein könnt. Ich will die Fahne im Tischtennis hochhalten.
SPORT1: Ihr Sieg war eine ziemlich deutliche Sache mit 41 Prozent vor Fußballer Thomas Müller und Skispringer Severin Freund. Was bedeutet Ihnen das?
Ovtcharov: Ich konnte es kaum glauben. Vor Thomas Müller! Ich bin ein großer Fan und schaue mir viele Spiele an. Das macht mich sehr stolz, denn es waren so viele Leute. Es haben ja über 100.000 Menschen abgestimmt. Und dann 41 Prozent der Stimmen zu bekommen, ist schon wirklich allerhand. Ich kann nur jedem Einzelnen, der abgestimmt hat, danken.
SPORT1: 2015 war für Sie ein sehr erfolgreiches Jahr. Sie haben das erste Tischtennis-Turnier der Europaspiele in Baku gewonnen, Sie sind Europameister geworden, haben sich also in die Geschichtsbücher des Sports eingetragen. War das Ihr bestes Jahr?
Ovtcharov: Ich denke ja. Ich habe alle Titel abgeräumt in Europa. Aber das ist jetzt wieder Vergangenheit. Wir sind jetzt im Jahr 2016, Olympia in Rio steht vor der Tür. Das ist das Nonplusultra für alle Sportler. Ich werde mein Bestes geben, wieder ein paar Medaillen mit nach Hause zu nehmen.
SPORT1: Thema Rio: Sie haben das Ticket für Olympia in Baku gelöst. Wie sehr hilft es, keine Qualifikation spielen zu müssen?
Ovtcharov: Ich glaube, die letzten Monate wären anders gelaufen, wenn ich in Istanbul in die Quali hätte gehen müssen. Man weiß bei der starken Konkurrenz in Deutschland ja nie, ob man dabei ist. Ich kann jetzt sehr früh planen. Mir ist deswegen in Baku schon ein großer Stein vom Herzen gefallen.
SPORT1: Silber 2008 in Peking, Bronze 2012 in London - bei Olympia fehlt nur noch Gold.
Ovtcharov: Das wäre schön, dann könnten wir darauf anstoßen (lacht). Die chinesische Konkurrenz ist natürlich sehr groß. Ich werde probieren, wieder aufs Podium zu kommen, sowohl im Team als auch im Einzel. Ich denke, ich bin weiter als vor vier Jahren. Wer weiß, vielleicht gelingt mir der ganz große Coup.
SPORT1: Ist Gold das erklärte Ziel?
Ovtcharov: Das ist klar. Ich bin vor vier Jahren mit dem festen Ziel Bronze nach London gefahren, weil ich nicht an die Siege gegen die Chinesen geglaubt habe. Mittlerweile konnte ich einige Erfolge gegen die Topstars erringen. Das gibt mir Selbstvertrauen. Man muss an Siege gegen die Chinesen glauben. Ich denke, dass es ganz oben auf das Podium gehen kann.
SPORT1: Sie werden wohl mit Deutschlands bestem Tischtennisspieler Timo Boll nach Rio reisen. Das könnte sein letztes großes Turnier werden.
Ovtcharov: Ich hoffe, dass Timo noch ein paar Jahre spielen kann. 2008 und 2012 war ganz besonders, was wir zusammen erlebt haben. Hoffentlich erleben wir nochmal ein starkes Boll-Ovtcharov-Gespann in Rio.
SPORT1: Ihre Beziehung zu Timo Boll ist speziell. Wie würden Sie diese beschreiben?
Ovtcharov: Timo ist irgendwo ein großer Bruder für mich. Er hat mir jeden Erfolg gegönnt. Das ist im Sport nicht gang und gäbe. Als ich sehr jung war, war ich oft bei Timo zu Hause, habe bei seiner Familie gelebt und viel mit ihm trainiert. Da habe ich mich sehr heimisch gefühlt. Uns verbindet eine große Freundschaft.
SPORT1: Wie sehen Sie denn den Stellenwert von Tischtennis in Deutschland?
Ovtcharov: Ich glaube, die Kids spielen gerne Tischtennis. Aber in Deutschland, sogar in Europa ist es eine Randsportart. Das ist ganz anders in Asien. Dort ist der Hype um Tischtennis so groß wie hier um Fußball. Wir hoffen, die Popularität mit der Zeit nach Hause zu holen.
SPORT1: Sind Sie ein Zugpferd dieser Entwicklung?
Ovtcharov: Mit jedem Erfolg und jedem Spiel, das man gewinnt, und jedem Stück, das man bekannter wird, kriegt man ein größeres Echo in seiner Sportart. Ich versuche bei einigen Themen aufzurütteln. Ich will Tischtennis in die richtige Richtung stoßen.