Chris Evert feiert am 21. Dezember 2024 ihren 70. Geburtstag - und obwohl sie bereits seit langem im Tennis-Ruhestand ist, scheint sie immer noch omnipräsent zu sein auf der Tour.
Eine Rückhand wird zur Wunderwaffe
Denn von ihr hat sich die Tenniswelt viel abgeschaut. Frauen wie Männer. Und so mancher Rekord steht bis heute noch: Chris Evert. Sie ist eine der prägendsten Figuren des Sports – und trug früh bunte Shorts und Schmuck.
Sie machte die beidhändige Rückhand unter den Profis populär. Sie hält bis heute die beste Siegquote in der Geschichte des Tennissports. Nebenbei war sie Amerikas „Tennis Sweetheart“ auf dem Platz.
Chris Evert stürmte die große Tennisbühne, als sich das Frauentennis in den 70er Jahren wandelte und sie ging, als in den 80er Jahren eine neue junge Generation um Steffi Graf nach den Sternen griff.
Auch heute noch wandeln Spitzenathleten auf ihren Spuren und können von der bodenständigen Art der nun 70-Jährigen lernen.
Evert: Pionierin der beidhändigen Rückhand
Christine Marie Evert, geboren 1954 in Florida, stammt aus einer Tennisfamilie: Der Vater selbst Profi, die Geschwister Jeanne, John, Drew und Clare seit frühestem Alter auf dem Court. Aber schnell war klar, dass Chris das größte Talent für die gelben Filzbälle besaß.
Als ihr der Schläger im jungen Alter auf der Rückhandseite zu schwer wird, nimmt sie einfach die zweite Hand zur Hilfe – und perfektioniert diese Technik. Was damals noch ein exotischer Schlag war, ist heute der Standard im Tennisunterricht: die beidhändige Rückhand.
Sie wird Everts' Markenzeichen und stärkster Schlag – und findet mit jedem Jahr auf der Profi-Tour mehr Nachahmer. Heute spielen die Spitzenspieler – wie Djokovic und Zverev und zuvor auch Nadal, Williams oder Sharapova – fast alle diese besser zu kontrollierende Technik.
Spitzname: „Ice Maiden“ - Dominator der 70er Jahre
Evert machte schon als Schülerin von sich reden. Mit 16 Jahren besiegte sie die damalige Nummer 1 der Welt, Margaret Court. Als 19-Jährige dann der große Durchbruch: Evert gewinnt 1974 ihre ersten Grand-Slam-Titel bei den French Open und in Wimbledon.
Fast noch wichtiger, seit 1971 mischt sie beim WTA Virginia Slims Circuit mit und schlägt dort mehrmals Billie Jean King, die Ikone der sportlichen Emanzipation des Frauentennis. Ihre berühmt-berüchtigte Nervenstärke bringt ihr den Spitznamen „Ice Maiden“.
Der Sport begann in dieser Zeit erstmals richtig zu boomen. Die Frauen stritten für höhere Prämien und mehr Beachtung – und waren erfolgreich. Evert profitierte von dieser Professionalisierung.
„Es war eine außergewöhnliche Zeit. Alles war noch sehr persönlich, wir Spieler waren untereinander befreundet, nah an unseren Fans dran und haben genug Geld verdient“, sagte sie einmal rückblickend. Bis in die 80er Jahre hinein dominierte sie die neu gegründete WTA-Tour.
Bis 1986 gewann Evert 18 Major-Titel, mehr als 1000 Einzelmatches und war immer unter den ersten beiden Weltranglistenplätzen gerankt.
Vorzeigespielerin und Rekordhalterin in Paris
In einer Zeit, wo manche Spieler noch mit Übergewicht zu kämpfen hatten oder während eines Turniers mal feiern gingen, war Evert bereits eine Vorzeigespielerin. „Ich wollte jeden Punkt gewinnen“, erinnert sie sich.
„Es ging nur darum: Was esse ich vor dem Match? Wie lange schlafe ich? Wen werde ich als nächstes schlagen?“
Ihr Lieblingsbelag war Sand, ihr Lieblingsturnier entsprechend die French Open in Paris. Vor Nadal hielt Evert hier sämtliche Rekorde. Jetzt bleiben ihr immer noch sieben Erfolge in Roland Garros und eine Serie von 125 (!) Siegen in Folge auf der roten Asche.
Zwischen 1973 und 1979 schlug sie niemand auf dem Königsbelag, überhaupt gewann sie dort 316 von 336 Matches in ihrer Karriere. Zahlen, die nicht mal Nadal geschafft hat...
Engste Rivalin: Martina Navratilova
Wie Nadal und der Schweizer Roger Federer prägte auch Evert zu ihrer Zeit eine geschichtsträchtige Sportrivalität: nämlich mit der zwei Jahre jüngeren Martina Navratilova.
Die Grundlinienspezialistin gegen die Serve-and-Volley-Königin war ein Dauerbrenner, bei dem auf den langsameren Belägen meist Evert, auf den schnelleren meist Navratilova siegte.
Neben der Rückhand wurde ein Schmuckstück, das Tennis Bracelet, das sie auch während der Matches trug, zu Everts zweitem Erkennungsstück. Einmal platzte es während eines Matches auf und sie suchte die Diamanten auf dem Court.
Dass Profis heutzutage mit Schmuck auf den Platz gehen, ist mehr die Regel als Ausnahme.
Abgelöst durch Steffi Graf
Als schließlich eine neue Generation von Spielerinnen auf die Tour kam, war für Evert allmählich Schluss. Das letzte Aufeinandertreffen 1989 mit Steffi Graf verlor sie klar mit 1:6, 2:6 – zuvor hatte sie die Gräfin allerdings auch sechs Mal besiegt.
Sie verließ die Tour so bodenständig und ladylike wie sie sich dort immer präsentiert hatte. Getreu ihrem Motto, das sie einst in Sports Illustrated ausrief: „Ich bin nicht glamourös, ich bin nicht wunderschön. Ich rede mit jedem gleich und stelle mich nicht über die jüngeren Spielerinnen.“
Vorbild für Alexander Zverev?
Auch nach der Karriere blieb Evert dem Tennissport treu. Sowohl als Expertin im amerikanischen Fernsehen als auch als Herausgeberin des Tennismagazins, dazu betreibt sie bis heute eine Tennis-Akademie zusammen mit ihrem Bruder.
Als US-Präsident George Bush sen. sie 1991 zur offiziellen Expertin für Fitness und Sport im Dienste des Landes ernannte, sagte er: „Sie ist ein Vorbild für unsere jungen Frauen.“
Nicht nur für die. Auch ein Alexander Zverev, der manchmal zu schnell die Nerven verliert oder taktisch zu wenig variiert, kann sich von der wendigen, spielintelligenten, nerven- und charakterstarken Chris Evert sicher das ein oder andere abschauen.