Noma Noha Akugue strahlte. Kein Frust, keine Tränen - eine Stunde nach dem verlorenen Finale konnte die 19-Jährige ihre unglaubliche Woche am Hamburger Rothenbaum schon bestens für sich einordnen. „Ich bin mega happy und stolz“, sagte die gebürtige Reinbekerin: „Ich mache jetzt erstmal ein paar Tage off.“
Nächste deutsche GS-Siegerin?
Ausspannen und abschalten ist der Plan für die kommenden Tage nach ihrem kometenhaften Aufstieg in Hamburg, der erst mit einer 0:6, 6:7 (3:7)-Niederlage im Endspiel gegen die Niederländerin Arantxa Rus endete. Sie schaffte es zwar nicht, als erste deutsche Spielerin seit Steffi Graf 1992 an der Alster zu triumphieren. Dennoch bedeutete ihr der Erfolg viel: „Aus der Woche nehme ich mit, dass ich auf jeden Fall großes Talent und was drauf habe.“
Die beeindruckende Geschichte von Noha Akugue begann am vergangenen Wochenende, als sie als Weltranglisten-207. eigentlich in der Qualifikation antreten sollte. Doch aufgrund einiger Absagen erhielt die Teenagerin eine Wildcard für das Hauptfeld des traditionsreichen Turniers.
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Dort überraschte sie von Runde zu Runde mehr. Schon zum Auftakt am Montag gegen die Brasilianerin Laura Pigossi zeigte die deutsche Nachwuchshoffnung eine starke Leistung und gewann in zwei Sätzen (7:5, 6:4). Es war ihr erster Karriere-Sieg bei einem WTA-Turnier überhaupt.
„Unglaubliche“ Leistung: Noma Noha Akugue eifert Naomi Osaka nach
In den darauffolgenden Achtel- und Viertelfinalspielen bewies Noha Akugue ihre Nervenstärke und kämpfte sich jeweils nach einem verlorenen ersten Satz in einen entscheidenden dritten Abschnitt, den sie letztendlich für sich entschied. So entwickelte sich die Siegesserie der talentierten Linkshänderin mehr und mehr zu einem märchenhaften Lauf.
Während es Noha Akugue nach ihrem zwischenzeitlichen Einzug in Halbfinale schwerfiel, ihre Emotionen unter dem Jubel zahlreicher neuer Fans zu beschreiben, fand Bundestrainerin Barbara Rittner klare Worte für die „unglaubliche“ Leistung. „Ich weiß, was in ihr steckt, aber dass es dann so zusammenkommt, in ihrer Heimatstadt – das freut mich mega. Noma zeigt so selten Emotionen. Ich weiß, was das ihr bedeutet“, erklärte die DTB-Verantwortliche.
Große Worte und Einblicke in ihre Gefühlswelt zählen nicht zu den Markenzeichen der jungen Noha Akugue. „Beim Tennis bin ich ein Pokerface“, erklärte sie. Damit eifert sie ihrem großen Vorbild, der viermaligen Grand-Slam-Siegerin Naomi Osaka, nach. „Sie hat genau das gleiche Pokerface wie ich beim Tennisspielen“, beschrieb Noha Akugue bereits als 16-Jährige im Gespräch mit der Stiftung Leistungssport Hamburg.
Ihr Vater bringt sie in jungen Jahren zum Tennis
Ähnlich wie ihr Vorbild legte nun auch Noha Akugue eine rasante Entwicklung auf der WTA-Bühne hin. Den Weg bereitete ihr aus Nigeria stammender Vater Roland, der ein großer Fan von Steffi Graf war. Der frühere Leichtgewichtsboxer meldete die damals knapp drei Jahre alte Noha Akugue zum Kindergarten-Tennis an.
Für die Reinbekerin war es zunächst nur ein Hobby, doch bald begann sie Turniere zu spielen und immer erfolgreicher zu werden. „Dann wurden die Turniere höher und auch dort hatte ich meistens Erfolg“, blickte Noha Akugue auf ihre Anfangsjahre zurück.
Im Alter von elf Jahren wurde sie Hamburger Bezirksmeisterin - als jüngste Spielerin der Geschichte. 2017 gewann sie als 13-Jährige ihr erstes Damenturnier in Bremen, ein Jahr später triumphierte sie ungesetzt bei den Norddeutschen Meisterschaften. So reifte in ihr der Traum, mit dem Sport später einmal ihr Geld zu verdienen.
An diesem Punkt ist Noha Akugue schon angekommen. Nicht zuletzt durch den Finaleinzug in Hamburg sicherte sie sich ein Preisgeld von 17.590 Euro. Noch bemerkenswerter ist aber, dass sie in der Weltrangliste um 65 Plätze auf Rang 142 klettert.
Petkovic schwärmt von Noha Akugue
„Ich sehe eine große Zukunft für sie“, sagte Turnierbotschafterin Andrea Petkovic, die einstige Nummer neun der Welt, bei Servus TV. Die 35-Jährige ist mittlerweile als Mentorin beim DTB aktiv und trainierte während der Turnierwoche auch mit Noha Akugue, die momentan keinen eigenen Trainer hat.
Neben ihrer hervorragenden Athletik habe die deutsche Hoffnungsträgerin laut Petkovic auch etwas, „das man nur hinter den Kulissen mitbekommt: Sie ist unglaublich taff. Sie spielt immer gut und mutig in den entscheidenden Momenten. Und: Sie ist total belastbar im Training. Wenn es hart wird, sieht man: Sie freut sich richtig.“
Im Finale gegen Rus lief bei Noha Akugue vor ausverkauftem Haus mit 10.000 Zuschauern zunächst aber kaum etwas zusammen. Nach nur rund 20 Minuten lag sie 0:5 zurück und musste den ersten Durchgang trotz der Anfeuerung der Zuschauer wenig später abhaken.
Daraufhin verließ Noha Akugue kurz den Platz und versuchte sich zu sammeln. Sie erarbeitete sich dann direkt ein Break und kämpfte sich in die Partie hinein. Dennoch erwies sich Rus letztlich als zu stark, die Niederländerin feierte ihren ersten Turniersieg überhaupt.
Tennis-Talent: „Plan A wird durchgezogen“
Dennoch bestätigte Noha Akugue mit ihrer besonderen Woche ihren Weg. Das attestierte auch Bundestrainerin Rittner: „Noma ist echt tough, auch im Training. Das ist kein Weichei. Und sie hat auch mental einen Riesen-Schritt gemacht.“
An Selbstvertrauen für die kommenden Aufgaben mangelt es Noha Akugue sowieso nicht. Vor dem Viertelfinale sagte sie, angesprochen auf ihre aktuellen Ziele, im NDR-Interview: „Auf jeden Fall Top 50 und einen Grand-Slam-Titel gewinnen.“
Einen Plan B, falls es mit der großen Karriere im Tennis doch nicht klappen sollte, hat das Talent nie gemacht. „Denn ich glaube daran, dass ich es schaffen kann. Plan A wird durchgezogen.“ Das Finale in Hamburg soll schließlich erst der Anfang auf der großen Bühne gewesen sein.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)