Ihr erstes Profi-Turnier gewann sie, als sie gerade erst 14 Jahre alt war.
Das Drama um ein Tennis-Wunderkind
Mit 16 Jahren und 9 Monaten gewann sie die US Open - als bis heute jüngste Siegerin der Geschichte. Mit 17 wurde sie Nummer 1 der Weltrangliste und entschied heute vor 45 Jahren auch die damals noch im Frühjahr ausgetragenen WTA Finals für sich.
Tracy Austin eroberte ihren Sport Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger als Teenie-Sensation mit Zöpfen und Zahnspange. Die US-Amerikanerin war ein Wunderkind des Tennis, das erste ihrer Art, bevor Steffi Graf, Monica Seles, Jennifer Capriati, Martina Hingis und die Williams-Schwestern - oder bei den Männern Boris Becker - ebenfalls in jungen Jahren an die Weltspitze stürmten.
Mit nur 19 Jahren war der steile Aufstieg der US-Amerikanerin aber auch schon wieder vorbei.
Tracy Austin: Stolz einer großen Tennis-Familie
Tracy Ann Austin wurde am 12. Dezember 1962 als jüngstes von fünf Kindern einer tennisbegeisterten Familie im kalifornischen Rolling Hills geboren. Alle vier Geschwister (Pam, Jeff, Doug und John) wurden wie sie Tennis-Profis – keiner jedoch ein solches Phänomen wie Nesthäkchen Tracy.
Als Tracy Ann Anfang 1977 in Portland ihr erstes Profi-Turnier gewann, durfte sie das Preisgeld noch nicht annehmen. Auch ihre Debüts in Wimbledon (Drittrunden-Niederlage gegen Chris Evert) und Flushing Meadows (Viertelfinale) bestritt Austin noch als Amateurin.
Kurz vor ihrem 16. Geburtstag wurde Austin Profi und setzte im Oktober 1978 mit einem Sieg in Filderstadt bei Stuttgart das nächste Ausrufezeichen. Sie gewann die Konkurrenz und die Siegertrophäe - einen Porsche - insgesamt viermal, bevor sie einen Führerschein hatte.
Steiler Aufstieg an die Spitze der Tennis-Welt
Austin ließ in den Monaten danach noch zwei Siege in Tokio und Washington folgen, jeweils mit Finalsiegen über Martina Navratilova. Im August 1979 folgte der bis heute historische Triumph bei den US Open, bei denen Austin im Endspiel Chris Evert niederrang.
Die Rückhandspezialistin bot eine Mischung aus jugendlicher Unbekümmertheit und ausgereifter Schlagpräzision und Court-Beherrschung, gegen die auch die etabliertesten Stars damals oft kein Mittel fanden.
Im April 1980 stieg Austin erstmals zur Nummer 1 der Welt auf – obwohl sie bis dahin bei den Majors in Melbourne und Paris noch gar nicht angetreten war. 1981 folgte ein weiteres starkes Jahr, das Austin mit ihrem zweiten Finalsieg bei den US Open krönte, wieder gegen Navratilova.
Verletzungsprobleme und ein schwerer Autounfall
Der zweite Triumph in New York blieb Austins letzter großer Wurf: Von frühen, chronischen Verletzungsproblemen an Rücken und Ischias beeinträchtigt, ließ die Qualität von Austins Spiel nach.
Ab 1983 kam Austin bei den Grand Slams nicht mehr über die Viertelfinals hinaus und gewann kein Turnier mehr, nach 1984 zog sie sich - gerade 22 geworden - von den großen Bühnen weitgehend zurück, trat nicht mehr bei den Majors an und auch sonst nur noch sporadisch.
Im Jahr 1989 - als Austin die Frequenz ihrer Auftritte wieder etwas hochgefahren hatte - beendete ein schwerer, fast tödlicher Autounfall, in den sie unverschuldet geriet, ihre Karriere scheinbar endgültig. 1992 wurde sie mit 29 als bis heute jüngstes Mitglied in die Hall of Fame des Tennis aufgenommen, einen weiteren Comeback-Versuch im selben Jahr brach Austin 1994 nach zunehmend schwächeren Ergebnissen ab.
In Steffi Graf irrte sich Austin gewaltig
Eine aus deutscher Sicht denkwürdige Episode von Austins Karriere ereignete sich im Jahr 1982 in Filderstadt: Austin war dort die Gegnerin im ersten Match der damals 13 Jahre alten Steffi Graf und siegte glatt mit 6:4, 6:0.
Vom Talent ihrer Gegnerin war Austin damals nicht beeindruckt und erklärte, dass es in den USA „Hunderte“ Spielerinnen wie Graf geben würde.
Das vernichtende Urteil war eine Motivation für Graf, sich an Austin zu rächen, aufgrund Austins Karriereverlauf kam die Gelegenheit aber erst 1994, als Graf schon zur Ikone emporgestiegen war und Austin am Ende ihres letzten Comeback-Versuchs. Graf siegte in der zweiten Runde von Indian Wells 6:0, 6:0.
„Steffi hat es mir längst verziehen“, amüsierte sich Austin 2017 im Tennis Magazin über ihre größte Fehleinschätzung: „Sie ist eine der Größten unseres Sports geworden.“
Auch in der Literatur verewigt
Austin ist trotz ihres frühen Karriere-Abschwungs ein bekanntes Gesicht der Szene geblieben, sie wurde in den USA eine profilierte TV-Expertin, die für NBC und andere Sender die großen Turniere kommentierte.
Einen gewissen Nachruhm verschaffte Austin auch der tennisbegeisterte Literat David Foster Wallace (Infinite Jest / Unendlicher Spaß, This is Water), der Austin 1992 ins Zentrum seines Essays „How Tracy Austin Broke My Heart“ rückte.
Anlass war eine Autobiografie Austins, die der früh verstorbene Wallace als langweilig empfand und zu Überlegungen inspirierte, warum sportliche Naturtalente, die über das, was sie ausmacht, nicht viel nachdenken müssen, nicht die besten Erzähler ihrer eigenen Geschichten sein können.
Die inzwischen 62 Jahre alte Austin hat längst ihre eigene tennisbegeisterte Familie gegründet: Mit dem Geschäftsmann Scott Holt hat sie drei Kinder, der 25 Jahre alte Sohn Brandon Holt ist aktuell Nummer 114 der ATP-Weltrangliste.