Carlos Alcaraz gratulierte Botic van de Zandschulp fair am Netz, applaudierte dem Publikum und verschwand dann völlig geknickt in die Katakomben des Arthur Ashe Stadiums: Nach einer desolaten Vorstellung ist der spanische Superstar völlig überraschend schon in der zweiten Runde der US Open gescheitert und hat damit unfreiwillig für eine der größten Sensationen der Tennis-Geschichte gesorgt.
Fassungslosigkeit nach Alcaraz-Aus
Gegen den furios aufspielenden Niederländer van de Zandschulp kassierte der Weltranglistendritte in der größten Tennis-Arena der Welt eine unerwartete 1:6, 5:7, 4:6-Niederlage und musste seinen Traum vom dritten Major-Titel in Folge begraben - zugleich muss er eine der größten Enttäuschungen seiner jungen und von Erfolg geprägten Karriere verkraften.
Der Mirror stellte auf X direkt die Frage: „Ist das der größte Hammer in der Tennis-Geschichte?“ Für andere war es wiederum die größte Sensation seit dem Wimbledon-Zweitrundenaus von Boris Becker 1987 gegen Peter Doohan. Becker hatte zuvor 1985 und 1986 in Wimbledon triumphiert.
„Ich weiß nicht, was ich gerade sagen soll. Er hat großartig gespielt. Ich dachte, ich würde mehr einfache Punkte bekommen“, sagte Alcaraz, der sich über seine mentale Verfassung im Match besorgt zeigte: „Heute habe ich gegen einen Gegner und gegen mich selbst gespielt. So viele Emotionen, die ich nicht kontrollieren konnte. So darf das nicht sein, wenn ich Großes erreichen will. Also muss ich es verbessern. Ich muss das lernen.“
„Eine monumentale Niederlage“ nannte Mundo Deportivo das Debakel. Die Marca, die auch von körperlicher und geistiger Erschöpfung des Ausnahme-Athleten sprach, schrieb angesichts dessen schlechtestem Grand-Slam-Ergebnis seit drei Jahren von einem „sehr schweren Rückschlag“.
Alcaraz‘ Erfolgsserie endet abrupt
„Ich habe einen Schritt zurück gemacht und verstehe nicht warum - ich weiß nicht, wie ich mich kontrollieren soll und das ist ein Problem“, wurde Alcaraz von dem Blatt zitiert.
In diesem Jahr hatte der Spanier bei den French Open und in Wimbledon triumphiert und sich in absoluter Topverfassung präsentiert. Bei einem Major war er zuletzt vor über drei Jahren in der zweiten Runde ausgeschieden. Vor zwei Jahren hatte Alcaraz in New York seinen ersten Major-Titel gewonnen. Für van de Zandschulp, Nummer 74 der Welt, ist es der größte Sieg seiner Laufbahn, nachdem er erst sein zwölftes Spiel auf der ATP-Tour in der gesamten Saison gewonnen hatte.
„Mir fehlen ein bisschen die Worte. Das ist ein unglaublicher Abend, das erste Mal im Arthur Ashe“, sagte van de Zandschulp im On-Court-Interview: „Ich habe von dem ersten Punkt an daran geglaubt, dass ich eine Chance habe. Ich hatte viel Selbstvertrauen aus dem letzten Match. Mein Trainer sagte, ich solle aggressiver sein. Ich glaube, ich habe es heute wirklich gut gemacht. Wenn du einen Gegner wie ihn schlagen willst, musst du ruhig bleiben und kühlen Kopf bewahren
Der Olympia-Zweite Alcaraz war zusammen mit Grand-Slam-Rekordchampion Novak Djokovic und dem Weltranglistenersten Jannik Sinner als Topfavorit in das Turnier in der US-Metropole gestartet. Gegen den Niederländer fand Alcaraz aber nie zu seinem Spiel, den ersten Satz gab er nach nur 30 Minuten ab.
Van de Zandschulp feiert größten Sieg
Auch in der Folge spielte van de Zandschulp weit über seinem Niveau, Alcaraz blieb fehlerhaft, schüttelte immer wieder ungläubig den Kopf und schenkte van den Zandschulp das entscheidende Break im zweiten Satz mit einem Doppelfehler. Auch Trainer Juan Carlos Ferrero in der Box blieb ratlos.
Nach einem 0:2-Satzrückstand hatte Alcaraz in seiner Profi-Karriere noch nie ein Match gedreht, so auch nicht am späten Donnerstagabend. Van de Zandschulp, vor zwei Jahren schon mal die Nummer 22 der Welt, blieb der bessere Spieler, auch wenn bei Alcaraz zwischenzeitlich kurz das Lachen zurückkam.
Nach knapp zweieinhalb Stunden Spielzeit nutzte der eiskalte Niederländer seinen ersten Matchball zum Sensationssieg. Für Sinner scheint damit der Weg ins Endspiel frei.
Bei Grand Slams war der Fan von Ajax Amsterdam 2021 ins Viertelfinale der US Open eingezogen - mehr lag bisher nie drin. Als einziger Turniersieg steht 2019 das ATP-Event in Hamburg in der sportlichen Vita.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)