Einmal beim Turnier in Wimbledon aufzuschlagen: Fast alle, die in jungen Jahren einen Tennisschläger in die Hand nehmen, träumen davon. Maxime Janvier hat es mit 27 Jahren erstmals geschafft. Aber es klingt nicht so, als ob sich damit für ihn ein Traum erfüllt hat.
Dieses Interview hat‘s in sich
Nach seinem Erstrunden-Aus bei den All England Championships gegen den Chinesen Zhang Zhizhen (6:7, 3:6, 2:6) hat der Qualifikant aus Frankreich ein bemerkenswertes Interview gegeben - und zeigte sich darin wenig begeistert von dem Mekka des weißen Sports.
„Es ist schöner, besser behandelt zu werden“, sagte Janvier der französischen Publikation L‘Equipe, in Wimbledon aber störe ihn die Ungleichbehandlung: „Ich habe hier zum Beispiel gelernt, dass es zwei Umkleideräume gibt: einen für die gesetzten Spieler und einen für die anderen.“ Janvier mag diese privilegierte Behandlung für die größeren Stars nicht - auch dass er sie im Vergleich zu seinem üblichen Turnierumfeld selbst genoss, irritierte ihn eher, statt ihn zu freuen: „Mich hat‘s angewidert, die Kluft ist zu groß.“
Die Struktur der ATP kritisiert Janvier ebenfalls: Aus seiner Sicht erhalten Spieler in den ersten Runden deutlich zu wenig Punkte für die Rangliste: „Es gibt keine Stabilität. Das System ist sehr hart.“
Wimbledon-Qualifikant Janvier: „Ich bin Fatalist“
Janvier, normalerweise auf der unterklassigen Challenger-Tour unterwegs, hatte schon vor dem Turnierstart Aufmerksamkeit erregt: Seine Reaktion auf die Qualifikation für das Hauptfeld ging als Videoclip viral. Janvier - beste Weltranglistenplatzierung bisher: Platz 170 - jubelte laut und offenherzig über die 60.000 Pfund Preisgeld, die er damit verdiente. „La Maison! La Maison!“, schrie er lauthals - frei übersetzt in der Bildsprache des Glücksspiels: „Die Bank! Die Bank!“
Die Unverblümtheit, mit der Janvier spricht, ist im Tennis-Zirkus ungewöhnlich - Janvier wundert sich aber eher darüber, dass er deswegen als „Rebell“ bezeichnet wurde: „Ich weiß nicht, warum ich ein Rebell sein sollte. Ich sage nur Dinge. Ich bin nicht schüchtern, vielleicht sage ich nur, was alle im Stillen denken. In dieser Welt gibt es im Allgemeinen eine Menge Heuchelei. Ich bleibe lieber, so wie ich bin.“
Janvier sieht sich selbst als „Fatalist“, der schlechte Zustände im Tennis und im Leben zwar akzeptieren müsse, aber trotzdem nicht zufrieden damit sein will: „Ich akzeptiere sie, aber ich werde mich auch nicht ändern lassen. Es gibt Leute, die wollen, dass ich mich zurückhalte, aber ich will das nicht mehr. Am Ende sterben wir eh alle und landen unter der Erde, wir haben nur ein Leben.“
Sein Leben möchte Janvier trotz allem nutzen, um weiter um Zahltage wie in Wimbledon zu kämpfen, so lange es ihm noch körperlich möglich sei: „Bei den Challengers gibt es kein Geld. Mein Ziel sind weitere Grand-Slam-Qualifikationen, sind Siege in Matches, durch die ich ein wenig Geld zu verdienen kann. Wenn ich das nicht mehr kann, werde ich mich ohne Bedauern verabschieden. Und ich werde den Jüngeren sagen: Euch viel Glück!“
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