Jannik Sinner bekam zurecht viel Lob für seinen Sportsgeist bei den ATP Finals - auch wenn dieser sich für ihn noch rächen könnte. Mancher schoss dabei jedoch deutlich über das Ziel hinaus.
“Bizarr“: Superstar teilt gegen CEO aus
So schrieb der Lacoste-CEO Thierry Guibert nach Sinners hart erkämpften Dreisatzerfolg gegen Boris Beckers Schützling Holger Rune auf X: „Ich ziehe den Hut vor Jannik Sinner für seinen Sieg heute. Trotz des unfairen Verhaltens von Tsitsipas hat er allen gezeigt, warum er ein zukünftiger Champion und ein echter Kerl ist.“
Tennis-Superstar Andy Murray fand für diese Äußerung klare Worte: „Bizarrer Post eines CEO einer Sportsmarke. Sich zu verletzen ist ein Teil des Sports und kein ‚unfaires Verhalten‘.“ Der Schotte setzte dahinter noch einen gesenkten Daumen.
Guibert war wohl sauer darüber, dass der von Lacoste gesponserte Novak Djokovic um ein Haar das Halbfinale verpasst hätte, wenn der nicht bereits dafür qualifizierte Sinner in einem Kraftakt - und trotz leichter Rückenbeschwerden - den Dänen Rune doch noch niedergerungen hätte.
ATP Finals: Drohendes Djokovic-Aus erzürnt offenbar SEO
Dass es überhaupt so weit kommen konnte und Djokovic Gefahr lief, auszuscheiden, lag nach Guiberts Meinung offenbar weniger an der Niederlage von Djokovic gegen Sinner, sondern vor allem an der frühen Aufgabe von Tsitsipas gegen Rune.
So hätten bei einem Sieg Runes gegen Sinner beide Spieler sowie Djokovic zwei Siege und eine Niederlage zu Buche stehen gehabt. Auch aufgrund des als klaren Erfolgs gewerteten Ergebnis von Rune gegen Tsitsipas wäre Djokovic aber als Drittplatzierter ausgeschieden.
Der Grieche hatte gegen Rune aufgrund von Rückenproblemen beim Stand von 1:2 aufgeben müssen und war daraufhin ausgebuht worden. Zudem plagte ihn der Ellenbogen bereits länger - doch Tsitsipas wollte die ATP-Finals nicht einfach absagen und hatte bereits ein Match gegen Sinner absolviert.
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„Bedankt“ sich Djokovic mit Final-Sieg gegen Sinner?
Dennoch führte dies zu kritischen Stimmen, so zum Beispiel von Ex-Profi Andy Roddick. „Wenn dein Ellenbogen angeschlagen ist, wenn dein Rücken angeschlagen ist, und du bereits ein Match verloren hast, musst du anfangen, an Januar (Australian Open, Anm. d. Red.) zu denken“, sagte der US-Amerikaner dem Tennis Channel.
Einem verletzten Tennis-Spieler aber direkt „unfaires Verhalten“ vorzuwerfen, weil der eigene Lieblingsspieler Gefahr läuft, einmal ein Halbfinale zu verpassen, gehört sich für einen CEO nicht, findet nicht nur Murray.
Bleibt nur noch die Frage, ob sich das äußerst faire Verhalten von Sinner nicht noch rächt. Denn falls er und Djokovic das jeweilige Halbfinale gewinnen, würde es im Finale zur Neuauflage des Gruppenduells kommen - und der Serbe würde dann trotz Sinners Schützenhilfe in einem Endspiel wohl kaum Gnade walten lassen.