Der König ist tot, es lebe der König: Carlos Alcaraz hat die jahrelange Herrschaft von Novak Djokovic auf dem heiligen Rasen von Wimbledon beendet.
Alcaraz-Triumph nach Djoker-Ausraster
Der spanische Monarch Felipe VI. sowie Prinzessin Kate und Prinz William mit ihren Kindern George und Charlotte waren Augenzeugen, als sich der 20 Jahre alte Herausforderer in einem faszinierenden Endspiel 1:6, 7:6 (8:6), 6:1, 3:6, 6:4 gegen den 16 Jahre älteren Serben durchsetzte.
Auch Michael Stich, der Wimbledonsieger von 1991, verfolgte aus der Royal Box auf dem Centre Court, wie sich Alcaraz nach einem miserablen ersten Satz ins Match zurückkämpfte und Djokovic langsam mürbe spielte.
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Nach 4:42 Stunden, von denen allein das fünfte Spiel des dritten Satzes 26 Minuten dauerte (Rekord in Wimbledon), verwandelte er unter tosendem Jubel den ersten Matchball. Auch sein König sprang begeistert auf.
Unglaubliche Djokovic-Serie beendet
„Ich bin sehr stolz, dass Sie hier waren, ich hoffe, Sie kommen häufiger“, sagte Alcaraz direkt an Felipe gewandt in seiner zittrigen Siegerrede.
Djokovic, der in Wimbledon seit 34 Matches und auf dem Centre Court seit 2013 nicht mehr verloren hatte, wäre der älteste Wimbledonsieger der Open-Ära (seit 1968) gewesen.
Sein letztes Match verlor er 2017 im Viertelfinale gegen den Tschechen Tomas Berdych, als er aufgeben musste, jeweils in den vergangenen vier Jahren gewann er den Titel.
Doppelt bitter: Der Djoker hätte bei einem Sieg Alcaraz auch wieder als Nummer eins der Welt abgelöst, wäre zudem bei dann acht Wimbledon-Titeln mit Roger Federer (41) gleichgezogen.
Der Routinier, der im fünften Satz aus Wut seinen Schläger am Netzpfosten zertrümmerte, hätte überdies die 24 Grand-Slam-Siege von Margaret Court (81) egalisiert.
In Boris Beckers Fußstapfen
Alcaraz wiederum, für den es erst der zweite Grand-Slam-Titel nach den US Open 2022 ist, ist nun der jüngste Champion im Rasenmekka seit Boris Becker und der erste seit 2003, der nicht Federer, Rafael Nadal, Andy Murray oder Djokovic heißt.
„Jetzt bekomme ich also auch noch Ärger mit dir auf Gras“, sagte Djokovic zu Alcaraz und bekannte: „Das ist schwer zu schlucken.“ Zugleich aber lobte er seinen Nachfolger: „Ich habe gegen einen besseren Spieler verloren.“
Und Alcaraz? Fand kaum Worte. „Ein Traum ist wahr geworden für mich. Für mich ist das unglaublich, für einen 20 Jahre alten Jungen. Ich bin wirklich sehr stolz.“
Absehbar war dies zunächst nicht. Djokovic stürmte gegen den nervösen und ungeduldigen Alcaraz in 34 Minuten durch den ersten Satz.
Er hatte scheinbar alles unter Kontrolle, beantwortete im zweiten Satz ein Break mit einem Rebreak und besaß im Tiebreak die Chance, sich auch den zweiten Durchgang zu holen.
Zwei leichte Fehler und eine Vorhand von Alcaraz später stand es plötzlich 1:1 nach Sätzen.
Alcaraz kontert Djoker immer wieder
Bemerkenswert: Seine vorhergehenden 15 Tiebreaks bei Grand Slams hatte Djokovic alle gewonnen. Nicht minder auffällig: Das Publikum machte aus seiner Sympathie für Alcaraz nun überhaupt keinen Hehl mehr.
Und der roch Lunte, holte sich umgehend ein Break und ein weiteres im faszinierenden fünften Spiel des dritten Satzes - mit dem 32. Punkt.
Djokovic wäre nicht Djokovic, wäre er danach nicht erst mal minutenlang auf der Toilette verschwunden und hätte sich dann zurückgekämpft.
Doch Alcaraz blieb bewundernswert cool, auch nach dem Verlust des hart umkämpften vierten Satzes. Im fünften gelang ihm zum 2:1 ein Break, Djokovic zertrümmerte vor Wut seinen Schläger.
Alcaraz steigt in exklusiven Zirkel auf
Seit Boris Becker, der bei seinen Triumphen 1985 und 1986 noch keine 19 war, war kein Wimbledonsieger jünger als Alcaraz.
Er ist erst der fünfte Spieler neben Becker, Mats Wilander, Björn Borg und Rafael Nadal, der vor seinem 21. Geburtstag mindesten zwei Grand Slams gewonnen hat.
Der Bedeutung seines Sieges war sich Alcaraz schon vor dem Finale, seinem zweiten bei den vier Majors nach dem Gewinn der US Open im vergangenen Jahr, sehr bewusst gewesen.
„Wenn ich gewinne, wäre das wunderbar. Nicht nur, dass ich den Titel gewinnen würde, es gegen Novak zu tun, würde es super speziell machen. Wenn du der Beste sein willst, musst Du die Besten schlagen.“
Und nicht zuletzt in Wimbledon war Djokovic seit Jahren eindeutig der Beste gewesen.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)