Jüngster US-Open-Sieger seit Pete Sampras 1990. Jüngster Grand-Slam-Sieger seit Rafael Nadal in Paris 2005. Jüngste Nummer 1 überhaupt.
Zverev & Alcaraz: Pikante Verbindung
Was Carlos Alcaraz am Sonntagabend in New York vollbracht hat, hat eine historische Tragweite, die Schwindelgefühle auslöst - speziell im Hinblick auf das, was noch kommen mag.
Der 19 Jahre alte Spanier hat mit seinem Final-Triumph über Casper Ruud eindrucksvoll seinen Ruf als Ausnahmetalent bestätigt und jede Menge Fantasien über den Beginn einer neuen Tennis-Ära beflügelt, nach fast zwei Jahrzehnten Dominanz der „Big Three“ Nadal, Roger Federer und Novak Djokovic - und vielen vergeblichen Versuchen jüngerer Stars, der Branche einen annähernd ähnlich großen Stempel aufzudrücken.
Nach nur zwei Jahren auf der Grand-Slam-Bühne hat Alcaraz geschafft, woran sich unter anderem auch der derzeit verletzt Alexander Zverev seit acht Jahren vergeblich abarbeitet: Er hat sich den großen Traum vom ersten Major-Titel erfüllt - mit einem alten Weggefährten des aktuell noch immer verletzten Zverev an seiner Seite. (“Extreme Schmerzen“: Alexander Zverev verkündet neuen Rückschlag)
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Alexander Zverev zerstritt sich mit Carlos Alcaraz‘ heutigem Coach
Alcaraz‘ Coach ist Landsmann Juan Carlos Ferrero, selbst ehemalige Nummer 1 der ATP-Weltrangliste - und vor einigen Jahren auch Trainer von Zverev.
Der 42 Jahre alte Ferrero war einer von vielen Coaches, die im Lauf der Jahre mit derselben Aufgabe betraut waren, die er mit Alcaraz nun geschafft hat: einen Grand-Slam-Gewinner und eine Nummer 1 aus ihm zu machen. Die Beziehung zwischen Zverev und Ferrero zerbrach dann aber recht schnell und auf hässliche Weise, wie im Nachhinein ans Licht kam.
Zwei Jahre nach der Trennung im März 2018 - nach nur knapp acht Monaten Zusammenarbeit - überzogen sich Zverev und Ferrero gegenseitig mit öffentlichen Vorwürfen. Ferrero sei „respektlos zu meinem Team“ gewesen, ärgerte sich Zverev in der FAZ und befand, dass Ferrero ihn als Spielertyp nie verstanden hätte: „Er wollte aus mir einen ruhigen, balancierten Kerl machen - der ich nie war und nie sein werde.“
Ferrero konterte im Gespräch mit spanischen Medien und attestierte Zverev Einstellungsmängel, Unpünktlichkeit und Beratungsresistenz: „Ein bisschen mehr Disziplin hätte ihm gut getan - auch um sich spielerisch zu verbessern.“ Zverev habe „kein qualitativ hochwertiges Training für anderthalb Stunden leisten“ können: „Es gab Proteste, Unterbrechungen, Wut und Ablenkungen.“
Der Ex-Coach holte im Podcast 3iGuales auch zu einer Generalkritik aus, von der sich auch andere Stars der Zverev-Generation angesprochen fühlen mussten: „Um Federer, Nadal oder Djokovic und den Rest zu überflügeln, müssen sich Zverev und die anderen, die danach kommen, abseits des Platzes verbessern: von der Ernährung bis zur Fitness. Ich habe Zverev acht Monate trainiert und das erkannt.“
Coach Ferrero sieht Alcaraz erst bei „60 Prozent“
Ferreros Aussagen hallen nach, auch wenn Zverev seitdem mit zwei ATP-Masters-Siegen und dem Olympia-Triumph im vergangenen Jahr einen Teil der Kritik an ihm widerlegt hat. Andere Kritikpunkte sind geblieben, auch Uneinigkeiten mit seinem Umfeld - man denke an die Trennung von Trainerlegende Ivan Lendl oder auch den Bruch mit Roger Federers Management Team 8.
Bei den Grand Slams mit ihren drei Gewinnsätzen und den damit nochmal höheren mentalen Anforderungen ist Zverev der große Wurf auch noch immer nicht gelungen, zuletzt machte das Verletzungs-Drama bei den French Open den großen Traum zunichte.
Alcaraz - beim Masters-Turnier in Madrid Finalsieger über den sechs Jahre älteren Zverev - war in Paris Zverevs Viertelfinal-Gegner. Nun nutzte er in New York eiskalt die Chance, die sich aus dem Fehlen von Zverev und Djokovic und dem frühen Aus von Nadal ergab.
Der junge Mann aus dem südostspanischen Ort El Palmar präsentierte sich dabei als schon beeindruckend kompletter Spieler, in dem Ferrero aber immer noch enormes Entwicklungspotenzial sieht,
„Ich sage ihm, dass ich ihn erst bei 60 Prozent sehe. Er kann eine Menge Dinge verbessern. Wir beide wissen, dass wir weiter arbeiten müssen“, glaubt Ferrero: „Es liegt noch ein langer Weg vor ihm. Aber wer weiß? Ich glaube, er hat das Potenzial, einer der Besten zu sein.“ Der geschlagene Ruud, selbst Teil der Generation Alcaraz, ging noch einen Schritt weiter: „Für mich ist er wirklich derzeit der beste Spieler der Welt.“
Alcaraz ist frühzeitig dort, wo Zverev seit Jahren hinwill
Hat der 19 Jahre alte Alcaraz Zverev schon überflügelt, bevor der selbst ganz oben angekommen ist? Die Antwort auf diese provokante, aber naheliegende Frage, gibt es noch nicht.
In der Form, in der sich Zverev vor dem Drama von Paris präsentiert hat, wird auch er in den kommenden Jahren weiter mitreden im Kampf um den Tennis-Thron.
Sicher ist allerdings auch: Alcaraz ist mit weit weniger großen Umwegen dort angekommen.