Es sind emotionale Tage, die Tatjana Maria in Wimbledon erlebt.
Marias Duell gegen Tante Ons
Am Dienstag bezwang die zweifache Mutter im deutschen Viertelfinale Jule Niemeier in einem packenden Dreisatz-Match.
„Ich hätte sie am liebsten gar nicht mehr losgelassen“, beschrieb Maria die Szene, als sich die beiden Deutschen nach dem Spiel am Netz innig umarmten. Bei der 34-Jährigen waren sogar Freudentränen zu sehen.
Auch ihre Kontrahentin war in diesem Moment sehr gerührt, wie sie im Anschluss bei Sky offenbarte: „Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll, weil es einfach unglaublich ist, was sie als Familie da leisten. Der ganze Tour-Alltag und dazu noch zwei Kinder: Das ist unglaublich.“ (NEWS: Große Worte! Niemeier huldigt Maria)
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Erstmals steht Maria im Halbfinale eines Grand-Slam-Turniers. (NEWS: Alles Wimbledon)
Und dort kommt es am Donnerstag zur nächsten außergewöhnlichen Herausforderung. Denn in Ons Jabeur wartet als letzte Hürde auf dem Weg ins Endspiel des wichtigsten Tennisturniers nicht nur die Nummer zwei der Welt, sondern eine gute Freundin von Maria. Eine Art Tante oder Ersatz-Mutter für ihre Kinder Charlotte (8) und Cecilia (1). (SERVICE: WTA-Weltrangliste)
„Sie ist ein Teil unserer Familie. Wir kennen uns schon eine Ewigkeit, sie liebt Kinder und sieht meine fast als ihre an“, sagte Maria.
Der fiese Trick von Tante Ons
Für Jabeur, so viel steht fest, wird das Halbfinale ebenfalls zu einem emotional aufwühlenden Erlebnis. „Ich liebe Tatjana, sie ist meine Barbeque-Freundin“, sagte sie: „Ich liebe Charlotte. Und die Kleine lacht immer, das gibt so viel Energie. Ich liebe einfach die ganze Familie.“
Auch wenn Jabeur mit einem ganz fiesen Trick arbeitet. „Ich versuche die Kids auf meine Seite zu ziehen.“, erzählte sie. Sie habe Charlotte schon gefragt: „Bist Du für mich oder Deine Mama?“
Es war natürlich nur ein Scherz. So viel Liebe wird auch vom bisher größten Duell in Jabeurs und Marias Tennisleben nicht gefährdet werden. „Wir sind so professionell, wir gehen auf den Platz und geben unser Bestes, aber nach dem Match ist wieder alles in Ordnung“, sagte Maria.
Jabeur repräsentiert die arabische Welt
Sportlich steht sie vor ihrer schwersten Aufgabe. Jabeur ist aktuell eine der besten Spielerinnen der Tour. Die Weltranglistenzweite aus Tunesien gilt seit ihrem Sieg beim Vorbereitungsturnier in Berlin als eine der Favoritinnen im All England Club.
Für Jabeur ist Maria ein Vorbild: „Sie ist eines der Beispiele, von denen ich mir wünsche, dass man zu ihr aufschaut. Dass sie mit zwei Kindern im Halbfinale eines Grand Slams steht, ist eine unglaubliche Geschichte.“
Doch auch Jabeur hat eine besondere Motivation - als erste Spielerin aus der arabischen Welt im Halbfinale eines Grand Slams repräsentiert sie Millionen Menschen. „Das bedeutet mir viel“, sagt sie. Ex-Profi Hicham Arazi habe ihr gesagt: „Araber verlieren immer im Viertelfinale, das haben wir satt.“
Auf der anderen Seite des Netzes hat Maria die Qualitäten einer großen Kämpferin längst unter Beweis gestellt. Im Viertelfinale gegen Niemeier kam sie ebenfalls eindrucksvoll zurück wie im Spiel zuvor - als sie gegen Jelena Ostapenko zwei Matchbälle abwehrte.
„Ich bin eine Kämpferin, die immer weitermacht und weiterträumt“, sagt Maria über sich selbst. So wie damals, als ihr Vater an Krebs starb oder als sie an einer Lungenembolie erkrankte.
Kämpfen wird Maria auch gegen „Tante Ons“. Für das Spiel wird die Freundschaft ruhen. „Es ist ein Halbfinale in Wimbledon – da gebe ich mich nicht so einfach geschlagen“, sagt Maria.
Nach dem Spiel ist dann wieder Zeit für große Gefühle.