Alexander Zverev trägt seinen Traum im Herzen, wenn er sich in eine der größten Herausforderungen im Weltsport stürzt.
Schafft Zverev das Unmögliche?
Rafael Nadal, den Grand-Slam-Rekordchampion, den 13-maligen Sieger der French Open, den Sandplatzkönig in dessen Wohnzimmer in Paris zu schlagen - eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. (French Open: Rafael Nadal - Alexander Zverev, ab 14.45 Uhr im LIVETICKER)
„Da gibt es etwas auf diesem Platz, das ihn um 30 Prozent besser macht“, hatte er schon vor Turnierbeginn gesagt. (BERICHT: Zverev bei Wettanbietern Außenseiter gegen Nadal)
Nur ein Deutscher je im French Open-Endspiel
Der Weltranglistendritte wittert dennoch seine Chance, als erster Deutscher überhaupt in der Open Era (seit 1968) Roland Garros zu gewinnen und damit auch an die Spitze der Weltrangliste zu springen. Ins Endspiel beim Klassiker in der französischen Hauptstadt schaffte es bislang einzig Michael Stich 1996. (HINTERGRUND: Michael Stichs neue Karriere als Künstler)
„Einen Grand Slam zu gewinnen, ist das ultimative Ziel“, sagte Zverev. Sein Ziel. Der Olympiasieger und Weltmeister wird Nadal an dessen 36. Geburtstag am Freitag (nicht vor 14.45 Uhr) mit wilder Entschlossenheit und breiter Brust begegnen.
Aber auch mit der nötigen Gelassenheit? Zumindest am Donnerstag wirkte Zverev beim Training entspannt und scherzte mit Coach Sergi Bruguera. Zverev winkt jetzt auch die Nummer 1.
Nadal hat noch lange nicht genug von Paris
Auch Nadal schlug sich im Muskelshirt und mit Basecap warm und betonte danach, dass er nicht davon ausgehe, dass er in diesem Jahr das letzte Kapitel seiner einzigartiger Paris-Historie schreibt - für den entstandenen Eindruck hatte er mit seinen Aussagen selbst gesorgt.
„Meine Absicht ist es, nächstes Jahr nach Roland Garros zurückzukehren“, sagte er nun bei Eurosport und fügte mit Blick auf Zverev an: „Er spielt sehr gut, ich muss 100 Prozent abrufen.“
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Sein persönlicher Arzt weicht Nadal in Paris nicht von der Seite, hilft ihm, mit den Schmerzen im von den Folgen des unheilbaren Müller-Weiß-Syndroms lädierten Fuß zurechtzukommen.
Der Mallorquiner wird bereit sein, das zeigte schon der triumphale Viersatz-Sieg im Viertelfinale gegen den Weltranglistenersten und Titelverteidiger Novak Djokovic. „Die Möglichkeit zu haben, hier ein weiteres Halbfinale zu spielen in Roland Garros, verleiht mir eine Menge Energie“, sagte der 21-malige Grand-Slam-Champion.
Zverev emotional stabil genug für Nadal?
Zverev gegen Nadal - das wird nicht nur aus spielerischer Sicht ein hochklassiges Duell. Auch der Kopf wird eine entscheidende Rolle spielen. „Ich bin emotional sehr stabil“, sagte Nadal: „Ich weiß, wie die Dinge funktionieren.“
Auch Zverev bewies bei seinem imposanten 6:4, 6:4, 4:6, 7:6 (9:7) gegen Wunderkind Carlos Alcaraz einen enormen Fokus.
In der Vergangenheit habe er Matches verloren, „weil ich mich zu sehr unter Druck gesetzt habe, einen Grand Slam zu gewinnen“, sagte der Hamburger, der an der Seine bislang davon zu profitieren schien, nicht von Beginn an als einer der Favoriten gehandelt zu werden.
Erst mit dem Sieg über Alcaraz trat er aus dem Schatten und hinterlegte seinen Anspruch mit Nachdruck. Der Sieg war ein Meilenstein, weil er das Ende einer vieldiskutierten Horror-Serie war im zwölften Anlauf der erste Sieg gegen einen Top-10-Spieler bei einem Grand Slam - wo vor allem auch die Drei-Satz-Gewinnregel eine mentale Hürde für Zverev darzustellen schien.
Rückenwind nach Sieg gegen Shootingstar Alcaraz
„Von der Spielqualität her“ habe er gegen Alcaraz seine womöglich beste Leistung überhaupt bei einem Grand-Slam-Turnier gezeigt, sagte Zverev, der mit einem Sieg über Nadal ein noch dickeres Ausrufezeichen setzen würde und der Favorit auf den ganz großen Coup wäre.
Das zweite Halbfinale bestreiten der Norweger Casper Ruud und Marin Cilic, US-Open-Champion vor acht Jahren.
Noch viel länger ist es her, seit ein deutscher Spieler bei einem der vier wichtigsten Turniere eine Trophäe in die Luft stemmen konnte. Boris Becker - der auch die bislang einzige deutsche Nummer 1 war - gelang dies 1996 in Melbourne. Zverev will der nächste sein. Schon in Paris.