Geschichte hat Casper Ruud schon jetzt geschrieben.
Nadal ist sein Idol - stürzt er es?
Im Schatten des Verletzungs-Dramas um Alexander Zverev ist der 23 Jahre alte Weltranglisten-Achte am Freitag als erster Norweger überhaupt in ein Grand-Slam-Finale eingezogen.
Der mit 3:6, 6:4, 6:2, 6:2 errungene Halbfinal-Sieg über Marin Cilic bei den French Open war der bislang größte in Ruuds Karriere - hat er das Zeug gegen den Rekord-Champion Rafael Nadal einen noch größeren folgen zu lassen und den 14. Paris-Triumph seines großen Idols zu durchkreuzen? (NEWS: Alles zum Tennis)
Für Casper Ruud ist Rafael Nadal das große Vorbild
Für den seit kurzem 36 Jahre alten Nadal ist ein Match gegen Ruud Neuland, einerseits: Die beiden sind sich auf der ATP-Bühne noch nie begegnet. Andererseits ist Nadal bestens mit Ruud vertraut: Ruud trainiert seit vier Jahren in der Rafa Nadal Tennis Academy auf Mallorca, die beiden haben dort schon viele Bälle gewechselt, Nadal hat Ruud dabei als „super Jungen“ mit einer „tollen Familie“ kennen und schätzen gelernt. (French Open Finale: Rafael Nadal - Casper Ruud ab 15 Uhr LIVE im TICKER)
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Ein giftiges Duell wie das Viertelfinale Ruuds gegen das dänische Top-Talent Holger Rune ist also nicht zu erwarten.
Der in Oslo geborene Ruud ist der Sohn von Christian Ruud, der in den Neunzigern bis auf Platz 39 der Weltrangliste vorgestoßen war. Der größte Erfolg von Ruud Senior war der Achtelfinal-Einzug bei den Australian Open 1997, wo er Goran Ivanisevic fünf Sätze abverlangte. Christian Ruud war ein Generationsgenosse des damaligen Finalisten Carlos Moya, der jetzt Nadal trainiert - während Christian die Karriere seines Sohns lenkt.
Es ist bei weitem nicht die einzige Verbindung: Rafael Nadal ist das große Vorbild Ruuds, vor neun Jahren fieberte der damals 14-Jährige noch als Fan bei Nadals Finalsieg gegen David Ferrer mit.
Darüber hinaus war Nadal auch ein großer Anschieber seiner Laufbahn, die seit 2020 mit ersten Turniersiegen und einem Halbfinal-Einzug bei den ATP Finals 2021 Fahrt aufnahm.
Akademie von Rafael und Toni Nadal als Karriere-Anschub
Der 1,83-Meter-Mann verlegte seine Heimatbasis im Herbst 2018 in die Nadal-Akademie, schon nach einem Jahr kam er zum Schluss, sein Spiel dort um „10 bis 20 Prozent“ verbessert zu haben, nicht zuletzt dank der persönlichen Motivation von „Rafa und Toni“.
In Paris ist Toni Nadal weiter omnipräsent, der Trainer des von Rafael im Achtelfinale bezwungen Felix Auger-Aliassime freut sich nun auch für Akademie-Schützling Ruud. Es sei „eine doppelte Freude“, Nadal und ihn im Finale zu sehen: „Es wird ein schwieriges Match für uns beide, aber wenn er gegen jemanden verlieren muss, dann am besten gegen Casper.“
Ruud auf Grand-Slam-Bühne noch nicht von Topstars gefordert
Kann Ruud seinem Vorbild und Lehrmeister aber wirklich gefährlich werden?
Dafür spricht: Der kampfstarke Vorhand-Spezialist hat ein Spiel, das ihn aus Sicht von Experten schon länger als potenziellen Thronerben von Sandplatzkönig Nadal empfiehlt. Die offene Frage ist: Ist Ruud schon weit genug, dem König persönlich und den zu erwartenden Angriffen auf seine schwächere Rückhand zu widerstehen?
In diesem Jahr war bislang Ruuds Viertelfinal-Sieg gegen Zverev in Miami sein größter Coup gegen einen Topspieler, vergleichbaren Kalibern ist Ruud in Paris bislang durch Losglück aus dem Weg gegangen, auch Halbfinal-Gegner Cilic ist „nur“ 23. der Weltrangliste.
Auf Grand-Slam-Bühne fehlt Ruud bislang ein Erfolgserlebnis gegen einen Top-10-Spieler, die Herausforderung nun ausgerechnet gegen den in 13 Paris-Finals ungeschlagenen Nadal über sich hinauswachsen zu müssen, könnte größer kaum sein.
„Ich werde alles versuchen, so wie es die 13 anderen Gegner vor mir auch getan haben“, sagt Ruud. Einem packenden Schüler-Lehrer-Duell steht nichts im Wege.