Ein Teil von Roger Federer würde ihn gerne verdrängen, diesen regnerischen Julitag vor 15 Jahren.
Ein Wimbledon-Duell für die Ewigkeit
„Es ist eines dieser Matches, die ich versucht habe, zu vergessen“, sagte der Schweizer einmal über sein legendäres Wimbledon-Finale gegen Rafael Nadal am 6. Juli 2008.
Ein Finale, das zu den dramatischsten Tennis-Matches der Geschichte gehört und für Federer am Ende „eine meiner härtesten Niederlagen“ bereit hielt.
Die 4:48 Stunden lange Nervenschlacht wurde zu einem Mythos, über das vor fünf Jahren auch eine eineinhalbstündige TV-Doku („Strokes of Genius“) gedreht wurde.
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Roger Federer vs. Rafael Nadal: Ein Mythos entsteht
Das Finale von damals gewann seine Faszination auch aus den Gegensätzen seiner Protagonisten: Auf der einen Seite Federer, der „Maestro“ aus der Schweiz, der Ästhet, der jede noch so simple Rückhand wie ein Kunstwerk zu zeichnen schien. Auf der anderen Nadal, der „Matador“ aus Spanien, der Arbeiter, der in knielangen Shorts, ärmellosem Shirt und mit wilder Langhaarmähne unermüdlich die Grundlinie entlang pflügte.
Dazu kamen die äußeren Umstände. Erst wurde der Start wegen Regens verschoben, dann rettete Federer nach dem Verlust der ersten beiden Sätze eine Unterbrechung.
In der Fortsetzung kämpfte er sich zurück, gewann zwei packende Tiebreaks, wehrte mehrere Matchbälle ab. Eine weitere Regenpause sorgte dafür, dass die letzten Ballwechsel in der tiefen Abenddämmerung gespielt wurden. Erst um 21:18 Uhr Ortszeit fand die dramatische Tennis-Schlacht ihr Ende. Statt des sechsten Titels in Folge für den damals 26 Jahre alten „König Roger“, hatte der vier Jahre jüngere Kronprinz Nadal den ersten Grand-Slam-Titel außerhalb seines Herrschaftsbereichs bei den French Open gewonnen.
Und wie Nadal dann nach dem 6:4, 6:4, 6:7 (5:7), 6:7 (8:10), 9:7 ausgestreckt im aufgewühlten Staub des kaum noch vorhandenen Rasens lag, wurde von vielen als Symbolbild einer Zeitenwende interpretiert.
Djokovic hat beiden den Rang abgelaufen
Es blieb allerdings eine Art optische Täuschung. Denn statt der Wachablösung war die Partie letztlich nur der Auftakt zur Ära ihrer Rivalität, die erst mit Federers Rücktritt im vergangenen Jahr endgültig ausklang - das emotionale Bild, wie die beiden Weggefährten den Moment Hand in Hand begingen, ging um die Welt.
Nadal durfte sich am Ende als Sieger fühlen: Er gewann 24 der 40 Duelle mit Federer, 10 von 14 auf Grand-Slam-Bühne und sammelte am Ende auch mehr Grand-Slam-Titel (22:20).
In Wimbledon blieb Nadals Finalsieg 2008 allerdings sein einziger gegen Federer, die anderen drei Duelle gingen an „King Roger“, auch das letzte im Halbfinale 2019. Es folgte ein ähnlich legendärer und bedeutungsschwerer Klassiker, als Novak Djokovic den alternden König mit 7:6, 1:6, 7:6, 4:6, 13:12 niederrang.
Das 4:57 Minuten dauernde Endspiel toppte den von Federer und Nadal aufgestellten Rekord für das längste Wimbledon-Finale und markierte die tatsächliche Zeitenwende: Djokovic hat mit 23 Grand-Slam-Titeln inzwischen sowohl Federer als auch Nadal übertroffen und könnte in diesem Jahr auch Federers Bestmarke für die meisten Wimbledon-Triumphe (8) einstellen.
Die Niederlage hat Federer „menschlicher“ gemacht
Das Finale gegen Nadal 2008 hat dennoch einen unverrückbaren Platz im Tennis-Olymp und auch in der persönlichen Geschichte Federers.
Der Schweizer dominierte das Tennis nach dem Ende seiner Wimbledon-Siegesserie nicht mehr so wie in den Jahren zuvor, einerseits. Andererseits beeindruckte Federer in den Jahren darauf teils umso mehr dadurch, wie er dem Ende seiner Allmachtstellung umging und dabei trotzdem noch viele Jahre lang ein Fixstern blieb.
Das verlorene Finale gegen Nadal habe ihn „menschlicher gemacht“, sagte Federer einmal. Der heute 41-Jährige wurde in den Jahren danach auch durch die Heirat mit Frau Mirka und die Geburt ihrer vier gemeinsamen Kinder neu geprägt.
Dass viele in ihm bis heute den GOAT sehen, den „Größten aller Zeiten“: Es hat auch mit seiner härtesten Niederlage zu tun. (HINTERGRUND: Wie Roger Federer und Frau Mirka ein Paar wurden)
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Mit Sportinformationsdienst (SID)