Der Tennis-Weltranglistenerste Jannik Sinner hat überraschend mit der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) einen Vergleich geschlossen und einer dreimonatigen Dopingsperre zugestimmt.
Scharfe Kritik nach Sinner-Wende
Dies teilte die WADA am Samstag mit. Sinner ist damit bis zum 4. Mai gesperrt und kann an den French Open (ab 24. Mai) in Paris teilnehmen.
„Dieser Fall hing seit fast einem Jahr über mir, und der Prozess hätte noch eine ganze Zeit fortgedauert mit einem vielleicht erst Ende des Jahres zu erwartenden Urteil“, sagte der Italiener in einer Stellungnahme: „Ich habe immer akzeptiert, dass ich für mein Team verantwortlich bin und weiß, dass die strengen Regeln der WADA ein wichtiger Schutz für den Sport sind, den ich liebe. Auf dieser Grundlage habe ich das Angebot der WADA angenommen, dieses Verfahren auf der Grundlage einer dreimonatigen Sanktion zu lösen.“
Scharfe Kritik an dem für Sinner günstigen Deal ließ nicht lange auf sich warten.
Sinner wurde positiv getestet
Sinner war im März 2024 zweimal positiv auf Clostebol getestet worden. Die zuständige ITIA akzeptierte Sinners Argumentation, dass das Steroid unabsichtlich bei einer Behandlung durch seinen Physiotherapeuten in seinen Körper gelangt sei. Dieser habe ein in Italien rezeptfrei erhältliches Spray mit Clostebol auf seine eigene Haut aufgetragen, um eine Wunde zu behandeln.
Die WADA war gegen die Entscheidung vorgegangen und hatte nach eigenen Angaben eine Sperre von ein bis zwei Jahren erreichen wollen. Nun hat sie sich doch auf eine deutlich mildere Sanktion eingelassen.
WADA erkennt Sinners Begründung an
Man sei „aufgrund der Umstände dieses konkreten Falls“ bereit gewesen, einem Vergleich zuzustimmen, „um ein faires und angemessenes Ergebnis sicherzustellen“, teilte die WADA in einem Statement mit.
Die WADA akzeptiere „die Erklärung des Athleten für den Verstoß, wie sie in der Entscheidung erster Instanz dargelegt wurde.“ Aus WADA-Sicht habe Sinner „nicht betrügen wollen“, der Kontakt mit Clostebol haben „keinen leistungssteigernden Nutzen gebracht“, dieser sei „ohne sein Wissen aufgrund der Fahrlässigkeit von Mitgliedern seines Gefolges“ geschehen.
Sinners Anwalt Jamie Singer freute sich, dass „Jannik endlich diese erschütternde Erfahrung hinter sich lassen kann. Es ist offensichtlich, dass er weder eine Absicht, noch das Wissen und auch keinen Wettbewerbsvorteil hatte.“
Anders sieht es Sinners Kollege Nick Kyrgios: „Drei Monate, keine Titel verloren, kein Preisgeld verloren. Schuldig oder nicht, es ist ein trauriger Tag für das Tennis. Dort gibt es keine Fairness“, schrieb der Australier, zuletzt schon „Chefkritiker“ in der Causa, bei X.
Vielsagend äußerte sich an gleicher Stelle auch der dreimalige Grand-Slam-Sieger Stan Wawrinka: „Ich glaube nicht mehr an einen sauberen Sport“, schrieb der 39 Jahre alte Schweizer.
Parallelen zum Fall Swiatek
Sinner kommt ähnlich glimpflich davon wie Kollegin Iga Swiatek, die im vergangenen August positiv auf die verbotene Substanz Trimetazidin getestet worden war und dies mit einem verunreinigten Medikament erklärte. Sie wurde einen Monat gesperrt.
Sinner darf laut WADA ab dem 13. April wieder „offiziell trainieren“. Bis zum Ablauf der Sperre wird er die ATP-Masters in Indian Wells, Miami, Monte Carlo und Madrid verpassen, könnte aber kurz vor den French Open noch beim Heimspiel in Rom aufschlagen. Nummer eins dürfte er angesichts seines großen Vorsprungs auf Alexander Zverev bleiben - und dann seinen ersten Titel in Roland Garros ausgeruht angreifen können.
Es hätte schlimmer kommen können für den derzeit besten Tennisspieler der Welt.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)