Es ist einer der kontroversesten Matchbälle in der jüngeren Geschichte des Tennis-Sports: Was sich in der Nacht von Freitag auf Samstag (MESZ) beim Match zwischen Félix Auger-Aliassime und Jack Draper beim alles entscheidenden Punkt ereignete, ist an Irrsinn kaum zu überbieten.
Umstrittenster Matchball des Jahres
Der Brite Draper konnte das Achtelfinale von Cincinnati letztlich mit 5:7, 6:4 und 6:4 für sich entscheiden. Doch ausgerechnet der letzte Punkt hatte es in sich - und war der Auslöser für eine fünfminütige und hitzige Diskussion am Netz zwischen Spielern, Schiedsrichtern und sogar dem Supervisor.
Matchball-Kuriosum um Draper und Auger-Aliassime
Aber der Reihe nach: Draper hatte Matchball und machte sich nach dem Aufschlag auf den Weg ans Netz, um das Match in klassischer „Serve & Volley Manier“ zu beenden. Auger-Aliassime returnierte den Ball jedoch genau vor die Füße von Draper.
Diesem gelang es zwar, den Ball unter Mithilfe der Netzkante irgendwie auf die andere Seite zu kriegen - doch irgendetwas schien nicht zu stimmen, denn der Ball hatte eine sehr merkwürdige Flugbahn angenommen.
Viele vermuteten sofort eine zweite Berührung mit dem Schläger, wenngleich dies den Schlag nicht zwingend illegal machen würde. Denn wenn es eine kontinuierliche Bewegung war, ohne einen zweiten absichtlichen Schwung oder Stoß, zählt der Schlag trotzdem.
Doch das war in diesem Fall gar nicht das Problem, die Bilder deuten vielmehr stark darauf hin, dass Draper den Ball erst mit dem Racket traf, der Ball dann den Boden - und damit die eigene Hälfte berührte -, ehe der Ball zum zweiten Mal den Schläger des Briten touchierte.
Heiße Diskussion am Netz - schon wieder der gleiche Schiedsrichter
Schiedsrichter Greg Allensworth sah dies trotz der seltsamen Flugkurve jedoch anders und sprach den Punkt - und damit das Match - Draper zu. Auger-Aliassime konnte die Entscheidung nicht nachvollziehen und so folgte am Netz ein minutenlanger Austausch zwischen allen drei Protagonisten.
Doch wie sehr sich Auger-Aliassime auch bemühte, den Schiedsrichter umzustimmen - Allensworth wollte seine Ursprungsentscheidung partout nicht ändern. Auch Tour-Supervisor Roland Herbal wurde auf den Platz gebeten, aber die Entscheidung blieb bestehen.
Es ist nicht das erste Mal, dass der besagte Schiedsrichter in jüngerer Vergangenheit in umstrittene Entscheidungen involviert war. So auch beim Match zwischen dem US-Amerikaner Taylor Fritz und dem Kanadier Denis Shapovalov.
Das elektronische Ausruf-System lag offensichtlich falsch und doch weigerte sich Allensworth, Fritz den Punkt zuzusprechen. Daraufhin entfachten hitzige Debatten in sozialen Medien und die ATP nahm sogar eine Regelanpassung vor.
ATP nimmt Regelanpassung vor
„Nach den jüngsten technischen Problemen mit Live ELC in Montreal und Cincinnati haben wir unsere Protokolle gründlich überarbeitet. Wenn der Review Official während eines Ballwechsels feststellt, dass ein Ball zu einem früheren Zeitpunkt des Punktes im Aus war (aber nicht vom System angezeigt wurde), bleibt diese Entscheidung bestehen“, hieß es in einer offiziellen Mitteilung auf X.
Ob es nun zu einer weiteren Regelanpassung kommt? Aktionen wie die beim Match zwischen Draper und Auger-Aliassime lassen sich technologisch überprüfen - die Mittel dazu sind zumindest vorhanden.
Greg Allensworth sieht sich dagegen reichlich Kritik ausgesetzt, da er auch mit einer umstrittenen Disqualifikation gegen Shapovalov in Washington für ungewollte Aufmerksamkeit gesorgt hatte. Ob die nächste äußerst fragwürdige Entscheidung Konsequenzen hat, wird sich zeigen.
Auger-Aliassime beeindruckte die Sportwelt dagegen mit seinem tadellosen Verhalten. Trotz der unglücklichen Entscheidung behielt der Kanadier die Nerven und diskutierte mit den Beteiligten voller Überzeugung, aber ohne beleidigend zu werden. Daran können sich einige Tennisstars ein Beispiel nehmen.