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Tennis: Doping-Enthüllung um Nummer 1 der Welt - die Szene bebt

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Tennis: Doping-Enthüllung um Nummer 1 der Welt - die Szene bebt

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Doping-Enthüllung: Tennis-Szene bebt

Jannik Sinner wurde im März positiv auf ein anaboles Steroid getestet - wegen einer für die zuständigen Instanzen plausiblen Entschuldigung aber freigesprochen, wie nun bekannt wird. Mehrere Kollegen zeigen sich schwer irritiert.
Ein unabhängiges Tribunal stellte fest, dass Jannik Sinner durch einen Betreuer mit dem anabolen Steroid in Kontakt gekommen war. Doch der Italiener wurde freigesprochen.
mhoffmann
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Benjamin Bauer
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Jannik Sinner wurde im März positiv auf ein anaboles Steroid getestet - wegen einer für die zuständigen Instanzen plausiblen Entschuldigung aber freigesprochen, wie nun bekannt wird. Mehrere Kollegen zeigen sich schwer irritiert.

Dopingfall bei der Nummer eins der Tenniswelt! Wie erst jetzt bekannt wurde, war der Italiener Jannik Sinner im März dieses Jahr zwei Mal positiv auf die verbotene Substanz Clostebol getestet worden - doch das Vergehen bleibt weitestgehend folgenlos.

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Ein unabhängiges Tribunal der privatwirtschaftlichen Schlichtungsstelle Sports Resolutions habe festgestellt, dass der 23-Jährige durch einen Betreuer mit dem anabolen Steroid in Berührung gebracht worden war und ihn für unschuldig befunden: Dies meldete die International Tennis Integrity Agency (ITIA), die für den Anti-Doping-Kampf im Tennis zuständige Instanz, die sich der Bewertung anschloss.

Die Ergebnisse der Dopingtests waren bis Montag nicht veröffentlicht worden. Der Fall wird von allen beteiligten Seiten als abgehakt dargestellt - wirft aber speziell auch wegen der bewegten Vorgeschichte des gefundenen Mittels viele Fragen auf und sorgt auch in der Szene für erstaunte Reaktionen.

Jannik Sinner wurde im März positiv getestet

Der erste positive Test stammt vom 10. März 2024, beim Masters in Indian Wells wurde bei einer Wettkampfkontrolle Clostebol in geringen Mengen festgestellt. Eine weitere Probe, die acht Tage später in einer Trainingsphase genommen wurde, erbrachte dasselbe Ergebnis. Laut ITIA wurde damals jeweils eine vorläufige Sperre verhängt - in beiden Fällen habe Sinner erfolgreich Berufung eingelegt.

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Sinner hat demnach erklärt, die Substanz könne nach einer Kontamination durch ein Mitglied des Betreuerteams in seinen Körper gelangt sein. Dieser habe „fahrlässig“ ein in Italien rezeptfrei erhältliches Spray mit Clostebol auf seine eigene Haut aufgetragen, um eine offene Wunde an seiner Hand zu behandeln. Da das Mitglied des Betreuerteams Sinner vom 5. bis 13. März täglich massierte und sporttherapeutisch behandelte, soll es zu einer „unwissentlichen transdermalen Kontamination“ gekommen sein, da auch Sinner offene Wunden gehabt hätte.

Ein Detail aus den veröffentlichten Akten, das Sinner bei dem entlastenden Urteil offensichtlich zugute kam: Nach Angaben von Sinners Verteidigung habe der Tennis-Star den Masseur auch von sich aus gefragt, ob er seine verletzte Hand mit einer potenziell problematischen Substanz behandelt hätte. Dieser hätte verneint.

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Dass Sinner ohne Strafe davonkommt, kommt bei Teilen der Konkurrenz nicht gut an. „Lächerlich, ob es nun ein Unfall war oder nicht“, schrieb etwa der Australier Nick Kyrgios im Sozialen Netzwerk X: „Du solltest für zwei Jahre gesperrt werden. Deine Leistung hat sich verbessert.“ Auch der Kanadier Denis Shapovalov ist nicht begeistert: „Ich kann mir nicht vorstellen, was andere wegen Kontamination mit verbotenen Substanzen gesperrte Spieler derzeit fühlen.“

Clostebol: Eine Substanz mit Vorgeschichte

Das Thema Clostebol beschäftigt Experten schon seit einiger Zeit: Wie der auf Doping-Themen spezialisierte Journalist Edmund Willison (Honest Sport) im Mai schrieb, wurden in Italien zwischen 2019 und 2023 38 (!) Athletinnen und Athleten positiv auf die dort für den Hausgebrauch legale Substanz getestet, unter ihnen die Tennis-Junioren Matilde Paoletti und Mariano Tammaro.

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Auch in ihren Fällen sollen unbeabsichtigte Kontaminationen der Grund gewesen sein - Paoletti erklärte die Positivprobe damit, dass sie ihren Chihuahua gestreichelt hätte, der zuvor mit einem Clostebol-Spray behandelt worden sei.

Auch in anderen prominenten Dopingfällen spielte Clostebol eine Rolle: Es war der Auslöser für die 18-monatige Doping-Sperre von Skilanglauf-Superstar Therese Johaug 2016 - deren Teamarzt einen Sonnenbrand auf ihrer Lippe mit einer Clostebol-Creme behandelt und dabei den Anti-Doping-Hinweis übersehen haben soll.

Clostebol soll auch eine der Substanzen gewesen sein, die der 2019 verstorbene Arzt Armin Klümper der 1987 verstorbenen Leichtathletin Birgit Dressel verschrieb, deren Schicksal aktuell im Zentrum einer großen ARD-Doku steht.

Experten sollen Sinners Darstellung plausibel finden

Nach Rücksprache mit Experten, für die Sinners Erklärung glaubwürdig gewesen sei, habe die ITIA den Einsprüchen des Spielers zur Aufhebung der vorläufigen Sperren nicht widersprochen. Die Agentur verwies den Fall nach eigenen Angaben an ein unabhängiges Tribunal, „um die spezifischen Fakten zu prüfen, vergleichbare Anti-Doping-Entscheidungen zu überprüfen und festzustellen, welche Schuld der Spieler gegebenenfalls trug und welches Ergebnis angemessen war“.

Am 15. August wurde laut Mitteilung schließlich eine Anhörung einberufen, „bei der das unabhängige Tribunal feststellte, dass in dem Fall kein Verschulden oder keine Fahrlässigkeit vorlag, was zu keiner Sperre führte“.

„Wir nehmen jeden positiven Test äußerst ernst und werden immer die strengen Verfahren der WADA (Welt-Anti-Doping-Agentur, d. Red) anwenden. Die ITIA hat eine gründliche Untersuchung der Umstände durchgeführt, die zu den positiven Tests geführt haben, bei der Herr Sinner und seine Vertreter uneingeschränkt kooperierten“, sagte ITIA-Geschäftsführerin Karen Moorhouse: „Nach dieser Untersuchung akzeptierte die ITIA die Erklärung des Spielers. Dies wurde auch vom Tribunal akzeptiert.“ Gegen die Entscheidung können die WADA und die italienische Anti-Doping-Agentur (NADO Italia) Berufung einlegen.

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„Sehr herausfordernde und unglückliche Zeit“

Sinner selbst sieht den Fall als erledigt an: „Ich werde diese sehr herausfordernde und sehr unglückliche Zeit hinter mir lassen“, wird er in einem Statement zitiert. Er wolle „weiter alles tun, um weiter die Standards des ITIA-Antidopingprogramms einzuhalten und ein sorgfältiges Team um mich zu haben.“

Auch die Spielervereinigung ATP meldete sich: „Es ist ermutigend für uns, dass Jannik Sinner kein Verschulden oder Fahrlässigkeit vorgeworfen werden konnte“, teilte sie mit. Man würdige die „unabhängige Bewertung der Fakten im Rahmen des Tennis-Anti-Doping-Programms (TADP)“, die es dem 23-Jährigen ermöglicht habe, „weiterhin an Wettkämpfen teilzunehmen“.

Sinner gewann im Januar die Australian Open und damit als erster Italiener seit 1976 ein Grand-Slam-Turnier. Nach den French Open stieg der Südtiroler als erster Italiener überhaupt zur Nummer 1 der ATP-Weltrangliste auf - wie sich nun herausstellt, beschäftigte sein Fall schon damals ihn und die zuständigen Instanzen.

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Kurios: Im selben Monat, in dem Sinner positiv getestet wurde, endete mit einem Urteil des Sportgerichtshofs CAS der Doping-Fall Simona Halep - die wegen ihres Positivtests bei den US Open 2022 ursprünglich vier Jahre, dann aber doch nur neun Monate gesperrt wurde. Weitere Ironie der Geschichte: Sinners Trainer Darren Cahill war zwischen 2015 und September 2021 auch Haleps Coach.

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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)