Alexander Zverev winkte mit dem Trostpreis ins Publikum und blickte sich leicht bedröppelt in seinem Tennis-Wohnzimmer um. „Was für eine Woche. Ich hätte mir anfangs mit meinen Schmerzen nicht vorstellen können, dass ich jetzt hier mit dem Pokal stehe. Leider mit dem falschen, aber ich hatte so viele Emotionen in mir“, sagte Zverev nach dem Stimmungsdämpfer in der Heimatstadt - und konnte schon wieder lächeln.
Zverev zofft sich bei Final-Drama
Der Olympiasieger hat bei seinem Hamburger Heimspiel die Wiederholung des Triumphs aus dem Vorjahr nach einem Kracher-Match verpasst. Zverev, der mit der großen Hitze in der Hansestadt kämpfte, kassierte knapp eine Woche vor Beginn seiner Mission Titelverteidigung bei den Spielen von Paris einen unerwarteten Rückschlag.
„Ich möchte mich bedanken für eine Woche, die ich nie vergessen werde, auch wenn es mit der Titelverteidigung nicht geklappt hat“, sagte Zverev bei der Siegerehrung - und ergänzte eine Kampfansage in Richtung seines Teams. „Wir wollen Ende des Jahres die Nummer eins der Welt sein.“
Zverev kämpfte mit Übelkeit
Im hitzigen Finale am Rothenbaum hatte der 27-Jährige gegen den stark aufspielenden Franzosen Arthur Fils, der vom Publikum zeitweise ausgebuht wurde, nach einem Marathonmatch mit 3:6, 6:3, 6:7 (1:7) verloren - er muss somit weiter auf seinen 23. Turniertitel auf der ATP-Tour warten. Der Weltranglisten-28. Fils verwandelte nach abenteuerlichen 3:33 Stunden seinen ersten Matchball.
Zverev schien sein angeschlagenes und bandagiertes linkes Knie auch am Sonntag keine größeren Probleme zu bereiten, umso mehr aber die über 30 Grad in seiner Heimatstadt - im ersten Durchgang hatte er sichtbar mit Übelkeit zu kämpfen. Im vergangenen Jahr hatte er sich seinen Kindheitstraum vom Titel zu Hause erfüllt, diesmal aber nutzte er seine zahlreichen Chancen nicht und musste sich schließlich verdient geschlagen geben.
Gegen Fils tat sich Zverev im Kampf um seinen zweiten Titelgewinn in diesem Jahr schon zu Beginn schwer. Die 10.000 Zuschauer im ausverkauften Tennisstadion an der Alster bekamen einen fokussierten französischen Außenseiter zu sehen, der seinen Gegner nervte und sich direkt das erste Break der Partie krallte. Zverev fand bei schwülem Sommerwetter nicht zu seinem Spiel und sorgte dann auch noch für sorgenvolle Mienen auf der Tribüne.
Mitte des ersten Satzes ließ er den Physio auf den Platz kommen. Der konnte allerdings kaum weiterhelfen, weil offenbar nicht die in Wimbledon erlittene Knieverletzung Probleme bereitete, sondern der Magen. „Ich kann mich nicht aufrecht halten. Mein Bauch zieht mich runter“, erklärte er. Auch die unfreiwillige Pause änderte wenig an Zverevs fehlerhaftem Spiel, er haderte, maulte und gab Satz eins nach 56 Minuten ab.
Wortgefecht zwischen Zverev und Fils
Im zweiten Satz aber war es dann Fils, der sich mit dem Schiedsrichter anlegte - und Zverev? Der nutzte endlich seine 17. Chance zum ersten Break und erzwang schließlich den Entscheidungssatz.
Zu dessen Beginn wurde wegen eines heftigen Sommergewitters das Dach der Arena geschlossen. Zverev freute sich über die sinkenden Temperaturen, die Gemüter aber kühlten sich in der nun hochklassigen Partie keineswegs ab. Als vor der Arena der Donner grollte, gerieten auch die Kontrahenten lautstark aneinander.
Beim Stand von 5:5 hatte Fils einen Aufschlag von unten gewagt, was weder bei Zverev noch beim Publikum sonderlich gut ankam. Beim darauffolgenden Seitenwechsel wurde es zwischen beiden Spielern bei einem Wortgefecht laut und hitzig.
„Ich habe Krämpfe bekommen. Die Leute mochten es nicht. Mir egal, egal ich habe gewonnen“, kommentierte der Franzose, der sich schlussendlich im Tie Break durchsetzte, im Anschluss.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)