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"Andere Galaxie" - der bittere Niedergang eines einstigen Tennis-Superstars

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"Andere Galaxie" - der bittere Niedergang eines einstigen Tennis-Superstars

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Der Niedergang eines Superstars

Dominic Thiem hat es lange mit allen Mitteln gegen das Karriereende gestemmt - doch alle Versuche des ehemaligen US-Open-Siegers laufen ins Leere. Eine Geschichte, die zeigt, wie nah Triumph und Absturz beieinander liegen können.
Das Match zwischen Corentin Moutet und Juncheng Shang wird den Zuschauern der Madrid Open wohl noch länger im Gedächtnis bleiben. Vor allem der Franzose stand des Öfteren auf kuriose Art und Weise im Mittelpunkt.
Dominic Thiem hat es lange mit allen Mitteln gegen das Karriereende gestemmt - doch alle Versuche des ehemaligen US-Open-Siegers laufen ins Leere. Eine Geschichte, die zeigt, wie nah Triumph und Absturz beieinander liegen können.

Dominic Thiem geht hinter der Grundlinie des Arthur-Ashe-Stadions in New York zu Boden, sekundenlang bleibt er auf dem Hartplatz-Boden des größten Tennis-Stadions der Welt liegen. Einen Augenblick zuvor war eine Rückhand seines guten Freundes und Finalgegners Alexander Zverev seitlich ins Aus gesegelt.

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Der Österreicher genießt den Moment beinahe in Stille. Zuschauer sind aufgrund der Corona-Pandemie nicht im Stadion, um dem größten Karriereerfolg Thiems im Jahr 2020 beizuwohnen - dem Gewinn seines ersten Grand-Slam-Titels bei den US Open.

„Es hat so sein müssen. Wie meine ganze Karriere. Ein Auf und Ab, einfach nur noch Drama“, sagte er nur wenige Minuten nach der Nervenschlacht, die über fünf Sätze ging - nichtsahnend, wie treffend er damit auch über das sprach, was in der Zukunft noch folgen sollte.

Vom größten Erfolg zum größten Tiefpunkt

Denn nachdem Thiem auf dem Höhepunkt angekommen war, ließ die Talfahrt nicht lange auf sich warten. Nur rund dreieinhalb Jahre später ist er wohl am tiefsten Punkt seiner Profi-Karriere angekommen. Im Ranking steht die einstige Nummer drei der Welt nur noch auf Platz 110.

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„Das ist eine andere Galaxie, wie ich früher gespielt habe“, gestand Thiem im Rahmen der BMW Open Mitte April in einer Presserunde, an der auch SPORT1 teilnahm.

Nur einen Tag später folgte quasi als Bestätigung eine Zwei-Satz-Niederlage in Runde eins bei dem 250er-Turnier, für das er eine Wildcard vom Veranstalter bekommen hatte. Sein Gegner war der Qualifikant Alejandro Moro Canas, die Nr. 218 der Welt.

Bei den ATP-Masters in Madrid und Monte Carlo musste der viermalige Grand-Slam-Finalist gar in die Qualifikation - und verpasste bei jenen Events, wo er früher als einer der Titelfavoriten gegolten hätte, den Sprung ins Hauptfeld. Fast folgerichtig erklärte Thiem nun seinen Rücktritt zum Saisonende.

Thiem galt sogar als Nadal-Nachfolger

Während sein Spiel mit der einhändigen Rückhand früher noch großen Spaß zum Zuschauen machte, bleibt heute oft eher ein schlechtes Gefühl zurück, weil man den 30-Jährigen kaum wiedererkennt.

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Dabei galt Thiem noch vor wenigen Jahren als Nachfolger auf den Thron von Sandplatz-König Rafael Nadal. Vier Mal zog Thiem gegen Nadal bei den French Open den Kürzeren, darunter zwei Mal im Finale, 2018 und 2019.

Und jetzt, wo auch der Spanier sich auf Abschiedstour befindet und der Weg zum Titel in Roland Garros damit voraussichtlich bald etwas weniger steinig wird, profitieren plötzlich andere und nicht der ehemalige „Sandplatz-Prinz“.

Doch was ist passiert, das Thiem so aus der Bahn warf?

Nach US-Open-Sieg geht es anfangs gut weiter

Der Absturz begann anders als viele meinen nicht sofort nach dem Triumph in New York. Auch in den darauffolgenden Wochen präsentierte sich der Major-Champion weiter in starker Form, zog unter anderem ins Endspiel der ATP-Finals ein.

Sogar die Weltranglistenspitze nahm Thiem als Ziel ins Visier - aus seiner Heimat war es bislang nur Thomas Muster gelungen, die Nummer eins im Herrentennis zu werden.

Doch in der neuen Saison folgte der Bruch: Der 17-malige ATP-Titelträger kämpfte wenige Monate nach der Erfüllung seines selbst ernannten Lebenstraums mit sich selbst. Ein Motivationsloch tat sich auf, Thiem fiel hinein.

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Zu allem Überfluss gesellte sich zu den psychischen Herausforderungen im Juni 2021 ein körperlicher Rückschlag hinzu, mit dem der 30-Jährige bis heute zu kämpfen hat. In der ersten Runde des Turniers auf Mallorca zog er sich eine Gelenkverletzung an seiner rechten Schlaghand zu.

Nach einer rund neunmonatigen Zwangspause folgte im März 2022 das Comeback, das jedoch schleppend verlief. „Durch die lange Pause und die Schonhaltung des Handgelenks haben sich einige falsche Sachen in meine Vorhand eingeschlichen“, erläuterte Thiem im vergangenen Jahr in Madrid eine Ursache dafür.

Wenige Lichtblicke, viele Zweifel

Einen kleinen Hoffnungsschimmer entfachte er durch den Finaleinzug beim 250er-Event in seiner österreichischen Heimat Kitzbühel 2023 - doch die Ernüchterung folgte schnell. Der Finaleinzug blieb eine Ausnahme.

Selbst auf der zweitklassigen Challenger Tour konnte er sich kein Selbstvertrauen erspielen, kassierte dort Niederlagen gegen unbekanntere Namen wie gegen seinen Landmann Lukas Neumayer (ATP #219) oder Daniel Michalski (ATP #295).

Die Versuche, sich durch Trainerwechsel neue Impulse zu holen und so auf die Erfolgsspur zurückzukehren, verliefen bislang ebenfalls ins Leere. Von seinem Ex-Coach Benjamin Ebrahimzadeh trennte sich Thiem zu Beginn des Jahres nach der Erstrunden-Niederlage bei den Australian Open. „Ich sehe das auch als letzte Chance“, hatte er damals erklärt.

„Schwierig, den Glauben aufrecht zu erhalten“

Seit wenigen Wochen ist Thiem nun mit dem Letten Karlis Lejnieks, einem noch völlig unbeschrieben Blatt im Trainerbereich, unterwegs.

Die Ziele sind andere als früher, denn mittlerweile habe er damit „abgeschlossen, mich mit meiner früheren Version zu vergleichen“, berichtete Thiem in München.

Der Rechtshänder könne inzwischen „halbwegs schmerzfrei spielen, je nachdem wie lange das Match oder das Training dauert.“ Aber: „Es fühlt sich einfach nicht so an wie vor der Verletzung, das ist das Hauptproblem.“

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Und je länger dies der Fall war, desto mehr schwant nun offenbar die Hoffnung, dass sich die Erfolge doch wieder einstellen. „Wenn man die letzten ein, zwei Jahre sieht, ist es selbst für mich irgendwann schwierig, dass ich den Glauben aufrechterhalten kann, dass es wirklich dauerhaft in eine bessere Richtung geht“, gestand er.

Karriereende schon nach der Tennis-Saison

Worte, die verdeutlichen, dass sich der 30-Jährige eher bereits im „Frühwinter“ als im Spätherbst seiner Karriere befindet. Schon seit Wochen spielte der Österreicher mit dem Gedanken, den Schläger an den Nagel zu hängen.

Auf die „Zitterei“, ob er bei den Grand-Slam-Turnieren ins Hauptfeld kommt oder nicht, habe er keine Lust mehr. „Wenn es in Richtung Australien geht und ich wieder um den Dreh herum (außerhalb des Hauptfeldes) im Ranking stehe, dann wird die Entscheidung wahrscheinlich in eine Richtung gehen“, gab Thiem Hinweise auf ein mögliches Ende schon nach der Saison. Dies ist nun Realität.

Der Traum von Olympia und den French Open

Doch zuvor hat er noch ein paar Träume. Zum Beispiel noch einmal in Roland Garros antreten - an dem Ort, an dem er noch vor wenigen Jahren für seine grandiosen Rückhand-Longline-Bälle und seinen Kickaufschlag bejubelt wurde. Sollte er keine Wildcard erhalten, würde er sich dafür auch durch die Qualifikation quälen.

Auch für eine Teilnahme an Olympia an gleicher Wirkungsstätte müsste der Österreicher als ehemaliger Grand-Slam-Gewinner wohl auf eine Wildcard hoffen - und die Konkurrenz ist mit Namen wie Andy Murray, Stan Wawrinka und Nadal groß, falls es diese nicht über das Ranking schaffen.

Apropos Nadal: Eine Statistik verdeutlicht, wie sehr Thiem zu seinen besten Zeiten aus der Weltspitze nicht wegzudenken war. Er gehört mit 16 Siegen zu den Spielern, die die meisten Erfolge gegen die „Big 3″, also Djokovic, Federer und eben Nadal sammeln konnten.

Nur Jo-Wilfried Tsonga und Juan Martin del Potro (jeweils 17) sowie Murray (30) schafften dies noch häufiger, wobei diese auch öfter das Vergnügen - oder das Leid - hatten, auf die Großen Drei zu treffen.

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Man kann ihm nur wünschen, dass es diese Statistiken und Erfolge wie seine 17 ATP-Titel sind, die den Tennisfans nach dem Karriereende Thiems im Gedächtnis bleiben - und nicht die Leidenszeit danach.

Thiem ist „mit sich im Reinen“

Doch auch falls es nicht mit dem erhofften Märchen-Ende klappen sollte, blickt Thiem nicht mit Reue zurück, wie er auf SPORT1-Nachfrage betonte: „Ich wäre völlig mit mir im Reinen. Aber das muss man sowieso sein, egal, wie viele Titel man hat oder wie erfolgreich die Karriere war.“

Und festhalten lässt sich auch - der ehemalige Top-5-Spieler definiert sich nicht nur über sein Dasein als Athlet. Er engagiert sich für die Umwelt, ist Familienmensch und Tierliebhaber. Vor einigen Jahren hat der Sympathieträger in seiner Heimat einen eigenen Fußballverein gegründet.

Der Tennissport bedeutet dem Österreicher sehr viel - aber eben nicht alles. Und so bekommt man das Gefühl, dass es für ihn noch mehr Lebensträume zu jagen gibt, als den, den er sich im Jahr 2020 mit dem US-Open-Titel bereits erfüllt hat.

Einen, den ihm auch noch so viele Erstrundenniederlagen nicht nehmen können und den sich nicht viele Spieler zu Zeiten der „Big 3″ erfüllen konnten.