Es war ein Interview, das Aufsehen erregte und viel Bewunderung hervorrief.
Tennis-Star mit Tränen-Interview
Die derzeit beste russische Tennisspielerin Daria Kasatkina hat sich in einem bewegenden Gespräch mit dem YouTuber Witia Krawtschenko nicht nur als homosexuell geoutet.
Sie hat mit bemerkenswerter Deutlichkeit die gesellschaftlichen Verhältnisse in ihrem Heimatland kritisiert und auch zum Krieg gegen die Ukraine deutliche Worte gefunden.
Am Ende des Interviews brach sie sogar in Tränen aus, als ihr die Frage gestellt wurde, ob sie keine Angst habe, dass ihre Aussagen Folgen haben und sie womöglich nun nie mehr nach Russland zurück könne.
Zuvor hatte die Weltranglistenzwölfte mit einigen Aussagen für Aufsehen gesorgt.
„Es ist schwierig und es bringt nichts, lange im Stillen zu bleiben“, erklärte Kasatkina. Dennoch müsse jeder selbst entscheiden, „ob und wie weit er sich öffnen will. Das Wichtigste ist, dass man sich mit sich selbst wohlfühlt.“
Zu ihren Aussagen passt, dass sie am Abend nach dem Interview ein Foto mit ihrer Freundin auf Instagram postete.
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Kasatkina kritisiert russische Tabu-Themen
Gleichzeitig kritisierte Kasatkina die vorherrschende Homophobie in Russland und bedauerte, dass das Thema in ihrem Land „verboten“ sei.
Homosexuell zu sein, mache das Leben „besonders in Russland“ schwieriger. Russische LGBT-Personen sind häufig Anfeindungen und Gewalt ausgesetzt. Homosexualität galt in Russland bis 1993 als Verbrechen und bis 1999 als Geisteskrankheit.
Die Tennisspielerin fügte hinzu, dass sie bei ihrem Coming-Out von der russischen Fußballerin Nadya Karpova inspiriert wurde, die ihre Homosexualität im vergangenen Monat veröffentlichte: „Nadya hat nicht nur sich selbst geholfen, indem sie sich geoutet hat und sich diese Last von der Seele geredet hat, sondern auch anderen.“
Laut Kasatkina sei es wichtig, „dass einflussreiche Menschen aus dem Sport oder aus anderen Bereichen darüber sprechen“.
„Es ist wichtig für junge Menschen, die es in der Gesellschaft schwer haben und Unterstützung brauchen“, ergänzte die Halbfinalistin der diesjährigen French Open.
Krieg ist ein „kompletter Albtraum“
Zwar habe es nach Ansicht von Kasatkina im Zuge der WM 2018 in Russland einen Vorstoß für mehr Offenheit gegeben, dieser Schwung sei allerdings nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine verloren gegangen.
Auf die Frage, was sie sich im Leben am meisten wünsche, antwortete sie: „Dass der Krieg aufhört“, und bezeichnete den Konflikt als „kompletten Albtraum“.
Tennis-Experte Ben Rothenberg bezeichnete Kasatkinas Vorgehen via Twitter als „sehr mutige Sache.“ Er hoffe, dass sich „die Tenniswelt, sowohl die Fans als auch die Insider, für sie stark machen.“
Seit 2014 spielt Kasatkina bei den Profis und konnte auf der Tour bislang vier WTA-Turniere gewinnen.
Am Hamburger Rothenbaum war die Russin, die in Spanien lebt, an Katerina Siniakova aus Tschechien in drei Sätzen gescheitert.