Die Special Olympics 2023 in Berlin lässt sich auch ein populärer Weltstar der Wrestling-Welt nicht entgehen.
WWE-Topstar lässt aufhorchen
Der frühere WWE-Champion Drew McIntyre überraschte unter anderem die US-Athleten, die an den Weltspielen für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung teilnehmen.
Im Ring legt der Schotte - dessen langfristige Zukunft in der Liga unklar ist - derzeit eine Pause ein, dafür erfüllt er gerade seinen anderen Job als Botschafter für die langjährige Partnerschaft zwischen WWE und der Special-Olympics-Bewegung.
McIntyre: „Die Eröffnungsfeier war ein besonderes Highlight“
Im SPORT1-Interview spricht der 38-Jährige ausführlich darüber, wie er zu der Rolle kam, warum sie ihm auch aufgrund seiner persönlichen Geschichte ein Herzensanliegen ist und welche Missstände ihn in diesem Zusammenhang beschäftigen. Dazu macht der 1,96-Meter-Hüne auch einige spannenden Andeutungen hinsichtlich seiner Stand jetzt ungeklärten WWE-Zukunft.
SPORT1: Mr. McIntyre, Sie sind bei den Special Olympics in Berlin. Welche Erfahrungen haben Sie dort gemacht?
Drew McIntyre: Sehr viele und sehr reichhaltige. Ich bin seit Freitag hier und hatte die Gelegenheit, die Mitarbeiter von Special Olympics auf allen Ebenen zu treffen. Ich habe viele der Partner getroffen, die so viel Geld und Zeit investieren - und viele der ehrenamtlichen Volunteers, ohne die die Special Olympics nicht existieren würden. Und natürlich bin ich auch vielen der Athleten begegnet, die in den vergangenen Tagen unglaublich viel geleistet haben. Die Eröffnungsfeier war auch ein besonderes Highlight.
SPORT1: Wie haben Sie sie erlebt?
McIntyre: Ich war backstage und habe unmittelbar mitbekommen, wie es für die Athletinnen und Athleten war. Es war toll, eine Erfahrung, die mich erinnert hat an mein bislang letztes WWE-Match bei WrestleMania in L.A. vor 80.000 Fans. Alle um mich herum waren aufgeregt, ich habe selbst auch Schmetterlinge im Bauch bekommen, es lag so viel positive Energie in der Luft, drinnen und draußen bei den Fans. Es war eine unglaubliche Freude.
SPORT1: Gab es ein Erlebnis, das Sie besonders hervorheben möchten?
McIntyre: Sehr lehrreich war in jedem Fall auch mein Besuch bei dem auf die Athleten hier zugeschnittenen Gesundheitsprogramm Healthy Athletes. Wahrscheinlich gehen viele Leute da draußen davon aus, dass Menschen mit Behinderungen wegen ihrer Lebenssituation eine bessere medizinische Versorgung haben als sie - leider ist das genaue Gegenteil der Fall. Es lohnt sich, auf die Website der Special Olympics zu gehen und sich einige der Zahlen und Fakten anzusehen, wie schwierig die Situation ist in Sachen Gesundheitsversorgung ist, aber auch beim Thema Bildung und vielen anderen Dingen. Hier in Berlin lassen einige Athleten zum ersten Mal überhaupt ihre Augen oder ihre Knochen medizinisch untersuchen.
„Ich habe auch ein schrecklich schlechtes Gehör“
SPORT1: Erschreckend.
McIntyre: Ja, es ist unser Anliegen, dafür Bewusstsein zu schaffen, die Leute mit den Menschen und ihren Geschichten zu konfrontieren und dafür zu sorgen, dass sie endlich gleich behandelt werden und nicht nur davon geredet wird. Aber es ist dann auch erfüllend mitzuerleben, wie einzelnen Menschen hier dann geholfen wird: Ich bin hier bei einem jungen Mann begegnet, bei dem die Knochenkrankheit Osteoporose diagnostiziert wurde und nun informiert wurde, dass er seine erste ärztliche Behandlung bekommen wird. Oder einer jungen Frau, der bei einem Hörproblem geholfen wurde - was ich besonders gut nachempfinden kann.
SPORT1: Warum?
McIntyre: Ich habe auch ein schrecklich schlechtes Gehör, muss den Fernseher immer auf volle Lautstärke drehen. Und ich habe selbst durch meine Rolle bei den Special Olympics herausgefunden, wie schlecht mein Hörvermögen ist, indem ich bei den US Games einen Hörtest gemacht habe. Letztlich habe ich eine Hörhilfe bekommen. Der jungen Frau ging es ähnlich. Und dann war da auch noch die Begegnung mit einem jungen Mann aus Brasilien, der tatsächlich nie etwas gehört hat - und unglaublicherweise wurde es nie diagnostiziert. Ich war nun bei ihm, wie ihm ein Hörgerät eingesetzt wurde und er das erste Mal im Leben gehört hat, was um ihn herum passiert. Er spricht kein Englisch, aber in dem Moment haben wir die gleiche Sprache gesprochen. Das Lächeln dieses Mannes zu sehen: Das war einer der schönsten Momente in meinem Leben.
SPORT1: Wie sind Sie eigentlich zur Ihrer Rolle bei den Special Olympics gekommen?
McIntyre: WWE und die Special Olympics arbeiten schon lange zusammen, die Partnerschaft reicht bis in die Mitte der Neunziger zurück. Und mir ist es auch ein persönliches Anliegen, mich gemeinnützig zu engagieren. WWE tut in der Hinsicht ja sehr viel und als ich Champion geworden bin, habe ich den zuständigen Leuten gesagt: Gebt mir die Arbeit, ich will mehr tun, ich will dasselbe leisten, was John Cena in der Hinsicht geleistet hat. Also hat WWE etwas für mich gesucht, was zu mir passt.
WWE-Star Drew McIntyre mit offenen Worten
SPORT1: Und warum empfinden Sie das Engagement bei den Special Olympics besonders passend?
McIntyre: Ich habe selbst in meinem Leben Erfahrungen mit gesundheitlichen Einschränkungen gemacht, geprägt hat mich vor allem auch die Geschichte meiner Mutter: Sie hat ein chronisches Gleichgewichtsproblem, das mit einer Beeinträchtigung ihres Gehirns zu tun hat und auch andere Auswirkungen hat: zittrige Hände, Probleme beim Sehen und anderes. Es wurde bereits in jungen Jahren diagnostiziert, sie bekam sogar gesagt, dass es zur Folge haben könnte, dass sie keine Kinder bekommen würde. Es kam ja zum Glück anders, wie Sie sehen, aber es hat sie in gewisser Weise gebrandmarkt, immer wieder gesagt zu bekommen: Du kannst dies nicht, du kannst das nicht. Und nicht so behandelt zu werden wie andere Menschen, die ihr Problem nicht haben und sich immer wieder zu fragen: warum eigentlich? Die Geschichten der Sportlerinnen und Sportler bei den Special Olympics erinnern mich an diese Geschichte. Und wenn ich mit ihnen spreche, merke ich, mit was für besonderen Menschen wir es hier zu tun haben. Viele sehen ja uns WWE-Stars als besondere Menschen, als Superhelden. Aber die wahren Superhelden sehe ich hier.
SPORT1: Seit Ihrem schon erwähnten WrestleMania-Match gegen Österreich-Phänomen Gunther und Sheamus Anfang April waren Sie nicht mehr im WWE-TV zu sehen, auch um ein paar Verletzungsprobleme auszukurieren. Wie haben Sie die freie Zeit sonst genutzt?
McIntyre: Ich habe die Gelegenheit genutzt, zu Hause zu sein, was in meinem Beruf sehr selten ist. Dass es nun auch mal solche Zeiten gibt, ist gut. Gleichzeitig war gut, dass es mit diesem WrestleMania-Match trotzdem geklappt hat. Ich verfolge die Karriere von Gunther seit langem, er ist unglaublich und ihm werden noch großartige Dinge passieren. Wir alle wollten dieses Match unbedingt und seit längerer Zeit machen - und ich finde, wir haben der Welt ein wirklich tolles Match geliefert, auf das wir sehr stolz sein können.
Keine Einigung mit WWE? Das sagt McIntyre
SPORT1: Was bei Fans auch gerade für viel Gesprächsstoff sorgt: Ihr WWE-Vertrag soll in diesem Jahr auslaufen und es gibt anscheinend noch keine Einigung auf einen neuen...
McIntyre: Ich sage dazu nur so viel: Ich sehe die Gerüchte im Internet. Glaubt, was ihr glauben wollt, ins Detail gehen werde ich dazu nicht. Was ich aber allen versichern kann ist, dass ich den Ring vermisse.
SPORT1: Beim WWE Draft in Ihrer Abwesenheit wurden Sie dem RAW-Kader zugeteilt, wo es nun auch wieder einen World Champion gibt, in Form von Seth Rollins. Verfolgen Sie das mit besonderem Interesse?
McIntyre: Ich verfolge unsere Shows immer mit Interesse, alle WWE-Shows - und generell alle Shows weltweit. Ich bin nicht nur Wrestler, ich bin auch ein lebenslanger Wrestling-Fan und habe diese Einstellung nie verloren. Ich habe da viele Gedanken: Es gibt Dinge, die ich mag und Dinge, die ich weniger mag. Und ich habe keine Scheu, sie auszusprechen, vor der Kamera oder dahinter. Wer wissen will, was wird, muss dranbleiben...