Paul Biedermann saß enttäuscht im Hotel, als im Berliner Velodrom sein Nachfolger gekürt wurde.
Schwimm-EM in Berlin
Biedermann verzockt, Springer top
Der entthronte Schwimm-Europameister hatte sich zum Auftakt der Heim-EM gewaltig verzockt und die erste seiner fünf Medaillenchancen leichtfertig verspielt.
Nachdem er am Morgen in seinem "Bummel-Vorlauf" über 400 m Freistil das Finale verpasst hatte, wollte der Weltrekordler abends beim Kampf um die Medaillen mit Teamkollege Clemens Rapp nicht zuschauen.
Der Heidelberger Rapp hatte im einzigen Endlauf mit deutscher Beteiligung als Fünfter (3:48,44 Minuten) wie erwartet keine Chance auf Edelmetall.
Das gelang dafür den deutschen Wasserspringern beim EM-Start. Das Dresdner Duo Sascha Klein/Tina Punzel gewann im nichtolympischen Team-Wettbewerb Bronze.
Weltrekordler Biedermann
Edelmetall auf seiner Weltrekordstrecke hatte sich auch Biedermann ausgerechnet. Doch der Titelverteidiger wurde nicht nur vom überragenden Serben Velimir Stjepanovic entthront.
Viel schlimmer war die Art und Weise. An der Seite des Doppel-Olympiasiegers Yannick Agnel hatte er in seinem hochkarätig besetzten, aber langsamen Vorlauf das Tempo verschlafen.
Im letzten Vorlauf purzelte Biedermann um sieben Hundertstelsekunden aus dem Endlauf.
Geschockt und sprachlos flüchtete der 28-Jährige aus dem Berliner Velodrom.
Erst eine halbe Stunde später ließ er über den DSV-Pressesprecher ausrichten: "Ich bin selber schuld. Ich habe das Rennen falsch eingeschätzt."
Konzentration auf 200 Meter
Der Doppel-Weltmeister von 2009, den in der Vorbereitung eine dreiwöchige Krankheitspause zurückgeworfen hat, will nun mit Wut im Bauch am Dienstag auf seiner Paradestrecke schwimmen: "Ich konzentriere mich jetzt ganz auf die 200 Meter."
Bundestrainer Henning Lambertz riet ihm: "Alle Körner reinlegen und dann Vollgas."
Rapp "hochzufrieden"
Das tat auch Rapp, auch wenn es nicht ganz zu Edelmetall reichte. "Ich bin hochzufrieden mit meinem Platz. Darauf kann man in den nächsten Jahren aufbauen", meinte der deutsche Vizemeister.
Steffen Deibler will dagegen schon jetzt mehr.
Der Olympia-Vierte über 100 m Schmetterling erreichte über die halbe Distanz in 23,41 Sekunden als Dritter den Endlauf am Dienstag.
Rückenschwimmer im Finale
Ebenfalls das Finalticket mit Medaillenchancen buchten die Rückenschwimmer Jan-Philip Glania (Dritter) und Christian Diener (Fünfter) über 100 m sowie Jenny Mensing (Vierte) und Lisa Graf (Fünfte) über 200 m.
"Ich habe mich gefühlt wie ein junger Gott", sagte Diener nach seiner persönlichen Bestzeit.
Der Essener Hendrik Feldwehr machte sich an seinem 28. Geburtstag mit dem Finaleinzug über 100 m Brust als Achter selbst das beste Geschenk.
Feldwehr schimpft
"Die Zeit ist völliger Schrott, da hatte ich deutlich mehr Glück als Verstand", sagte Feldwehr: "Zwischendurch habe ich noch meine Badekappe verloren."
Die Wasserspringer Klein und Punzel waren dagegen rundum zufrieden. Ihren dritten Platz in der Team-Disziplin sicherte sich das Dresdner Duo erst im Finaldurchgang.
"Es war ein sehr guter Wettbewerb, deswegen ist es auf jeden Fall eine gewonnene Medaille", sagte Synchron-Weltmeister Klein.
Bundestrainer Lutz Buschkow hatte dagegen etwas zu meckern.
"Ich habe mit Silber geliebäugelt. Sie haben in den ersten Sprüngen die Gegner stark gemacht und sind dann den Punkten hinterhergelaufen", kritisierte Buschkow: "Aber sie haben gezeigt, dass sie kämpfen können."
Die siegreichen Russen Viktor Minibajew/Nadeschda Baschina und Titelverteidiger Olexander Bondar und Julia Prokopschuk (Ukraine) waren jedoch zu stark.
Für das deutsche Wassersprung-Team war es die erste von insgesamt fünf bis sieben anvisierten Medaillen.