Martin Richenhagen wollte keine Zeit verlieren. „Sofort nach dieser Sitzung“, so verkündete er bei seinem Amtsantritt als neuer Präsident der Deutschen Reiterlichen Vereinigung FN, werde er sich mit dem umstrittenen Generalsekretär Soenke Lauterbach zusammensetzen. Zuvor hatte der 72-Jährige im Gespräch mit dem Züchterforum keinen Zweifel an seiner Entschlossenheit gelassen: „Wer nicht mitzieht, muss gehen.“
Reit-Chef einst von Trump beleidigt
Richenhagen weiß große Namen an seiner Seite. „Der richtige Mann zur richtigen Zeit“, sagte Deutschlands Rekord-Olympionikin Isabell Werth dem SID. Ähnlich wie die achtmalige Dressur-Olympiasiegerin hatte sich auch der mit viermal Springreiter-Gold dekorierte Ludger Beerbaum in den vergangenen Monaten immer wieder als Richenhagen-Befürworter geoutet und die aktuellen Missstände in der FN öffentlich angeprangert.
Offenbar will auch die Basis der FN endlich den dringend notwendigen Umschwung einleiten, das Votum für Richenhagen war am Dienstag jedenfalls fast einstimmig. Der neue Hoffnungsträger ist der fünfte Präsident der FN nach deren Re-Organisation im Jahr 1968. Zuvor hatten Dieter Graf Landsberg-Velen (1968-2001), Jürgen Thumann (2001-2005), Breido Graf zu Rantzau (2005-2021) und der im Juli zurückgetretene Hans-Joachim Erbel (2021-2024) den Verband angeführt.
Richenhagen erlebte kurioses Trump-Treffen
Dass Richenhagen auch mit speziellen und großen Persönlichkeiten umgehen kann, beweist ein Treffen des neuen Reit-Chefs mit dem kommenden US-Präsidenten Donald Trump. Diesen hatte der Unternehmer schon vor seiner ersten Amtszeit als US-Präsidenten auf kuriose Weise kennengelernt.
In einem Interview mit dem Magazin Capital skizzierte er das Aufeinandertreffen der beiden Geschäftsleute an einem Flughafen in den USA: „Ich war dort mit dem Firmenflieger gelandet, er mit seinem riesigen Jumbojet, auf dem Trump steht. Er kam auf mich zu und stellte sich vor. Das fand ich erstmal nett. Dann fragte er, ob ich beeindruckt sei von seinem Flugzeug. Eigentlich wollte er damit sagen: Meiner ist größer als deiner. Er zeigte mir das Flugzeug auch von innen.“
Die Innenausstattung sei äußert pompös gewesen, so gar nicht nach dem Geschmack von Richenhagen: „Es sah furchtbar aus, alles war roter Samt und Gold. Dort hingen jede Menge Ölgemälde, von denen er behauptete, es seien echte französische und italienische klassische Werke. Ich sagte, ich käme aus einem anderen Geschäft und unsere Kunden kämen nie auf die Idee, in ihre Mähdrescher Ölgemälde zu hängen. Ein Flugzeug sei für den Transport da und kein Museum.“
Eine Kritik, die Donald Trump nicht auf sich sitzen lassen konnte und gereizt zurückschoss, wie sich Richenhagen erinnert: „Ihre Frisur ist aber sch***e.“ Auch für eine Verbesserung hatte Trump eine Lösung dabei, er schenkte dem deutschen Unternehmer eine Dose Haarspray. Ein Utensil, mit dem er aber nichts anfangen konnte. Der neue Reit-Chef erklärte, dass er mit Mitte 20 seine Haare verloren hätte.
Für Trump kein Problem: Er schlug seinem Gegenüber vor, doch einfach seine Haare wachsen zu lassen. „Dann erklärte Trump mir im Detail, wie er seine Haare von rechts nach links und von vorne nach hinten kämmt. Sein Vorschlag war: Ich lasse sie wachsen und kämme sie mir dann wie er.“
Neuer Reit-Chef als Trump-Kritiker bekannt
Bei seiner ersten Rede im neuen Amt gab sich Richenhagen als Optimist. Er sei „sehr zuversichtlich, dass es der FN besser geht, als viele glauben und als es in den sozialen Medien zuletzt immer wieder dargestellt wurde“, sagte der Mann mit der doppelten Staatsbürgerschaft, dessen Stimme auch in den USA Gewicht hat. Bekannt ist er dort unter anderem als Kritiker des designierten US-Präsidenten Donald Trump, den er „weder gebildet noch übermäßig intelligent und auch nicht gut informiert“ nennt.
Auch in der FN, die turbulente Monate, viele negative Schlagzeilen, eine personelle Fluktuation und die andauernde Diskussion um den nicht entlasteten Geschäftsführer Lauterbach hinter sich hat, dürfte die Stunde der klaren Worte angebrochen sein. Er freue sich auf „eine positive Neuausrichtung des Verbandes“, sagte Richenhagen, um sofort nachzulegen, dass er jetzt erstmal wissen wolle: „Wie sehen eigentlich die Zahlen aus?“
Der gebürtige Kölner und studierte Theologe Richenhagen war von 2004 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 2020 CEO des US-Landmaschinenriesen AGCO. Nach wie vor sitzt er in den Aufsichtsräten mehrerer deutscher Firmen und bringt auch sportlich die nötige Expertise mit. Einst selbst erfolgreicher Dressurreiter, war Richenhagen 2008 Dressur-Equipechef bei den olympischen Reiterspielen in Hongkong und beim CHIO in Aachen. Zudem war er einige Jahre Wertungsrichter in der Dressur.
Der 72-Jährige hat ein vierköpfiges ehrenamtliches Kompetenzteam für die Bereiche PR, IT, Organisation und Projektmanagement hinter sich. „Wir werden uns hinsetzen und die langfristigen Ziele definieren“, sagte Richenhagen dem Magazin Reiterrevue, als dessen Herausgeber er sich nach seiner Wahl zurückziehen wird.
Zunächst bleiben Richenhagen und seinem Team aber nur sechs Monate, um ihre Pläne und Visionen schnellstmöglich umzusetzen. Schon im Mai 2025 stehen die nächsten turnusgemäßen Neuwahlen bei der FN auf dem Programm, bei denen sich auch der Präsident stellen muss.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)