Jan Ullrich hat ihn in schmerzhafter Erinnerung, in seiner Heimat wird er bis heute als Mythos verehrt.
Der tragisch tiefe Fall einer Ikone
Zum 21. Mal jährt sich am heutigen 14. Februar der tragisch frühe Tod von Marco Pantani, der italienischen Radsport-Ikone, einer facettenreichen Persönlichkeit mit schillernden, zerbrechlichen und auch dunklen Seiten - Doping spielte wie in fast allen großen Radsport-Biografien eine Rolle.
Der einstige Rivale von Ullrich und Lance Armstrong ist trotz und teils auch gerade wegen seiner Brüche bis heute in Erinnerung geblieben der letzte große Radsport-Held Italiens, der eine ähnliche nationale Begeisterung weckte wie einst die legendäre Rivalität zwischen Gino Bartali und Fausto Coppi - so wie seither keiner mehr.
Marco Pantani: Legendärer Triumph über Jan Ullrich
Pantani, geboren am 13. Januar 1970 in Cesena, eroberte in den neunziger Jahren die Herzen vieler Fans, speziell auch seine aggressiven und risikofreudigen Fahrweise nährte das Image eines tollkühnen Abenteurers - den Spitznamen „Il Pirata“ verdiente sich der Mann mit den Segelohren nicht nur durch das Kopftuch, das er zu seinem Markenzeichen machte.
Der bei 1,72 Meter nur 52 Kilo schwere Bergspezialist war bis Tadej Pogacar 2024 der letzte Radsportler, der die Tour de France und den Giro d‘Italia im selben Jahr (1998) gewann. Unvergessen speziell auch bei deutschen Fans von damals ist der Tour-Triumph 1998, bei dem Pantani den bis dahin führenden Ullrich auf der Königsetappe nach Les Deux Alpes spektakulär brach und 8:57 Minuten abnahm.
Es war die letzte Tour, bevor das Phänomen Armstrong sein Haupt erhob. Anders als der US-Amerikaner stolperte Pantani schon früher über die damals einsetzenden Doping-Enthüllungen - und fiel tragisch tief.

Doping-Enthüllungen brachten Pantani früh zu Fall
Pantani war 1999 auf bestem Weg, seinen Titel beim Giro zu verteidigen, als er nach seinem vierten Etappensieg im Maglia Rosa (Rosa Trikot) aus dem Rennen genommen wurde.
Ein erhöhter Hämatokritwert in Pantanis Blut rückte Pantani unter Dopingverdacht, er wurde zunächst für zwei Wochen gesperrt. Nachdem er sich anfangs juristisch zur Wehr setzte und eine Kombination natürlicher Gründe für seine auffälligen Werte ins Feld führte, brachten Recherchen der italienischen Zeitung La Repubblica weiter in Bedrängnis: Schon zwischen 1993 und 1995 waren seine Werte außerhalb des Normbereichs. Die von Experten angeführten Indizien, dass Pantani den Blutbeschleuniger EPO genommen hatte, summierten sich.
2013 offenbarte ein Untersuchungsbericht des französischen Senats, dass Pantani auch bei seinem Tour-Sieg 1998 gedopt war - wie Nachtests von Urinproben mit neueren Methoden zeigten. Wie vor ihm Ullrich steht Pantani trotzdem bis heute in den Siegerlisten, anders als Armstrong, nachdem dessen Betrugssystem einstürzte.
Depressionen und Kokain
Zu Lebzeiten versuchte Pantani noch, den Ärger hinter sich zu lassen, feierte ein zeitweise erfolgreiches Comeback und bei der Tour de France 2000 mit zwei Etappensiegen seine letzten großen Erfolge. Unter ihnen war ein Triumph über Armstrong am Mont Ventoux - nach dem der sensible Pantani aus der Fassung gebracht wurde von Psychokrieger Armstrong, der behauptete, er hätte ihn gönnerhaft gewinnen lassen.
Kurz darauf begann dann allerdings ein Prozess wegen Sportbetrugs, der für Pantani mit einer dreimonatigen Haftstrafe auf Bewährung endete - das bis dahin härteste Urteil, das die Justiz wegen Dopings gefällt hatte. Wenige Monate später geriet Pantani erneut ins Zwielicht, nachdem bei einer Razzia beim Giro 2001 eine Insulinspritze bei ihm gefunden worden war. Eine weitere sechsmonatige Sperre folgte, 2003 wurde er - obwohl der Bann abgelaufen war - nicht mehr für die Tour nominiert.
Der Zusammenbruch von Pantanis Karriere im Radsport - der, wie später endgültig klar wurde, damals systemisch dopingverseucht war - stürzte den gefallenen Helden auch persönlich in einer Krise. Pantani erkrankte an Depressionen, nahm Kokain, das Giro-Aus 1999 war nach Angaben von Angehörigen der unmittelbare Auslöser.
„Das Leben hatte er schon früher verloren“, sagte Mutter Tonina einmal unter direkter Bezugnahme auf Pantanis erste Sperre.
Pantanis Todesursache: Überdosis in Hotelzimmer
Am 14. Februar 2004 nahm Pantanis Geschichte ein tragisches Ende, als er in einem Zimmer des Hotels „Le Rose“ in Rimini leblos aufgefunden wurde - nachdem er sich dort tagelang völlig isoliert haben soll.
Als Todesursache wurde schließlich eine Überdosis Kokain festgestellt, ob ungewollt oder gewollt konnte nie geklärt werden. Theorien, dass Pantani ermordet worden sein könnte, beschäftigten Pantanis Familie noch viele Jahre lang, 2017 stellte die italienische Justiz ein entsprechendes Verfahren ein.
Pantanis Tod im Alter von nur 34 Jahren war die tragische Vollendung des Mythos vom gebrochenen Helden, der trotz seiner Schatten bis heute verehrt wird - ähnlich wie der wesensverwandte Diego Maradona. Inzwischen hat sich auch die Tour de France den widersprüchlichen Mythos wieder einverleibt, die 2. Tour-Etappe im vergangenen Jahr begann in Cesenatico in Pantanis Heimat.
-----
Mit Sport-Informations-Dienst (SID)