Die Polin Katarzyna Niewiadoma hat den Sekundenkrimi um den Gesamtsieg für sich entschieden, erstmals die Tour de France Femmes gewonnen - und damit für einen überraschenden deutschen Coup gesorgt.
Sie sorgt für eine deutsche Sensation
Denn die 29-Jährige errang den hochdramatischen Sieg für den deutschen Rennstall Canyon/SRAM Racing. Niewiadoma lag nach der spektakulären Schlussetappe der achttägigen Rundfahrt hinauf nach Alpe d‘Huez im Gesamtklassement lediglich vier Sekunden vor der niederländischen Vorjahressiegerin Demi Vollering.
„Das war ein neues Level an Emotionen“, sagte Teamchef Ronny Lauke laut der dpa: „Das war wie ein Tauziehen auf der Straße. Wir standen zwei Stunden unter Strom. Aus meiner Erinnerung heraus war es das spannendste Radrennen, das ich je erlebt habe.“
Niewiadoma kämpfte sich nach einer Attacke von Vollering (SD Worx-Protime) stark zurück. Die Titelverteidigerin hatte bereits am vorletzten Anstieg am Col du Glandon angriffen und Niewiadoma zunächst abgehangen. Vollering baute ihren Vorsprung auf Niewiadoma zwischenzeitlich auf über anderthalb Minuten aus, womit sie ihrer Konkurrentin das Gelbe Trikot abgenommen hätte.
Niewiadoma war mit 1:15 Minuten auf die Gesamtachte Vollering ins 149,9 km lange, finale Teilstück der dritten Auflage der Frankreich-Rundfahrt gegangen.
Auf dem Flachstück vor den 21 Kehren in den legendären Wintersportort Alpe d‘Huez holte Niewiadoma aber Sekunde um Sekunde auf. Zwar sicherte sich Vollering vier Sekunden vor Landsfrau Pauliena Rooijakkers (Fenix-Deceuninck) den Tagessieg, die 1:01 Minuten Vorsprung und die Zeitbonifikation reichten jedoch nicht, Niewiadoma noch den Gesamtsieg zu entreißen.
„Die gesamte Etappe war eine verrückte Achterbahnfahrt“
„Es ist verrückt. Die gesamte Etappe war eine verrückte Achterbahnfahrt“, sagte Niewiadoma im Siegerinterview: „Ich hatte einen schlechten Moment. Aber ich konnte mich zurückkämpfen.“ Letztlich standen vier Sekunden Vorsprung in der Gesamtwertung auf Vollering. Rooijakkers arbeitete sich noch auf den dritten Platz (+0:10) vor.
Während sich Niewiadoma unbändig freute, kamen bei Vollering im Ziel die Tränen hoch. „Im Moment fühlt es sich sehr bitter an, dass ich nur um vier Sekunden verloren habe.“ Sie habe große Schmerzen im Rücken gehabt: „Es war ein großer Kampf gegen mich selbst.“
Die deutschen Fahrerinnen hatten mit dem Ausgang im Gesamtklassement nichts zu tun, auch aus einer Top-10-Platzierung wurde nichts. Als beste der insgesamt fünf deutschen Starterinnen belegte die Friedrichshafenerin Liane Lippert (Movistar), die zwei dritte Plätze einfuhr, mit über 14 Minuten Rückstand auf Niewiadoma den 18. Rang.
Für Niewiadoma ist es der größte Erfolg der Karriere. Die Kletterspezialistin hatte das Gelbe Trikot nach der fünften Etappe übernommen, als Vollering als Gesamtspitzenreiterin gestürzt war und außer das Maillot Jaune auch viel Zeit verloren hatte. Nach zwei dritten Plätzen nacheinander bei der Tour holte sie sich nun den Gesamtsieg.