Die 9. Etappe bei der diesjährigen Tour de France hatte es nicht nur wegen der Abschnitte mit Schotter in sich. Im Nachgang zeigte sich speziell der Zweite der Gesamtwertung, Remco Evenepoel, nicht erfreut über die passive Fahrweise von Jonas Vingegaard. Auch Spitzenreiter Tadej Pogacar tadelte den drittplatzierten Vingegaard.
„Keine Eier“? Titelverteidiger reagiert
Bei einem Angriffsversuch des Trios hatte sich der Titelverteidiger defensiv verhalten, keinerlei Führungsarbeit übernommen und den Kraftakt so seinen beiden Konkurrenten überlassen.
„Ich hatte wirklich das Gefühl, dass wir das Podest der Tour hier hätten festlegen können. Leider müssen wir es so akzeptieren, obwohl ich denke, dass man manchmal Eier im Rennen zeigen muss. Leider hat Jonas das nicht getan. Das war Teil ihres Plans“, kritisierte Evenepoel die Taktik vom Team Visma-Lease a Bike.
Was plant Vingegaard?
Zwar könne der Belgier den Plan des Teams nachvollziehen, merkte jedoch auch an: „Trotzdem waren Tadej und ich genervt. Wir wollten als Gruppe weiterfahren, aber Jonas ist defensiv gefahren. Aber nochmal: Wir müssen das akzeptieren. Er wird seine Gründe haben.“
Darauf angesprochen reagierte Vingegaard am Montag entschlossen: „Wenn ich mit diesen beiden gefahren wäre und sie mich in dem Sektor zurückgelassen hätten, in dem ich Pogacar etwas später fahren lassen musste, hätte ich gestern die Tour verloren. Es war kein Mangel an Eiern, ich bin einfach clever gefahren.“
Titelverteidiger kämpft sich nach Verletzung zurück
Nun lässt sich fragen, welches Interesse Vingegaard, der die Tour zum dritten Mal in Serie gewinnen will, daran haben könnte, einen dritten Platz frühzeitig abzusichern. „Ich hielt es nicht für sinnvoll, dass ich mich an der Tempoarbeit beteiligte. Ich wollte lieber auf meine Helfer warten“, sagte er.
Angesichts der schweren Verletzungen von der Baskenland-Rundfahrt im April und des entsprechenden Trainings-Rückstands ist jeder Tag ohne Zeitverlust für den Dänen ein Gewinn. Und mit jedem solchem Tag wächst Vingegaards Chance, bei den ultraschweren letzten drei Etappen selbst zuschlagen zu können.
Ohnehin will sich Vingegaard nicht unter Druck setzen. „Ich genieße es einfach, hier auf dem Rad sitzen zu dürfen und Rennen zu fahren“, sagte er am Montagmorgen vor großer Journalisten-Runde.
Pogacar: „Zu sehr auf mich konzentriert“
Neben Evenepoel hatte sich zuvor auch Pogacar zu Wort gemeldet und das Vorgehen kritisiert. „Es war eine große Chance für uns, die anderen Klassement-Fahrer zu distanzieren und das Podium zu sichern, aber Jonas hat nicht kooperiert“, ärgerte sich der Slowene.
„Ich denke, dass sich Visma zu sehr auf mich konzentriert und die anderen Klassement-Fahrer unterschätzt. Sie folgen nur mir und denken gar nicht an Primoz Roglic oder Remco Evenepoel“, vermutete Pogacar und meinte dabei einen taktischen Fehler zu erkennen.