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Deutsches Rad-Ass schildert schockierende Eindrücke

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Deutsches Rad-Ass schildert schockierende Eindrücke

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Deutscher Radsport? „Habe Angst“

Beim Giro d‘Italia stürzt Alexander Krieger und verletzt sich schwer. Nun spricht der Profi über die Geschehnisse, die mangelnden Sicherheitsvorkehrungen und seine Sorgen ob der Zukunft des Sports in Deutschland.
Tadej Pogacar ist der große Favorit auf den Sieg bei der Tour de France. Der amtierende Champion Jonas Vingegaard hat sich nach einem schweren Sturz Anfang des Jahres fit gemeldet.
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Beim Giro d‘Italia stürzt Alexander Krieger und verletzt sich schwer. Nun spricht der Profi über die Geschehnisse, die mangelnden Sicherheitsvorkehrungen und seine Sorgen ob der Zukunft des Sports in Deutschland.

Es war ein absoluter Horrormoment für Alexander Krieger. Beim Giro d‘Italia kam der Deutsche auf der neunten Etappe ins Straucheln, stürzte und verletzte sich schwer. Inzwischen geht es dem 32-Jährigen aber wieder deutlich besser, kann er doch bereits wieder laufen. Im Interview mit der Ludwigsburger Kreiszeitung hat der Sportler nun auf seinen Sturz zurückgeblickt, die Bedingungen im Radsport scharf kritisiert und seine Sorgen ob der Zukunft des Sports in Deutschland geäußert.

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Mitte Mai befand sich Krieger auf der neunten Giro-Etappe in einer Abfahrt, war mit 70 km/h unterwegs, dann passierte das Unglück. „Direkt vor mir ist ein Fahrer gestürzt, wahrscheinlich hatte er einen Platten. Ich habe versucht, auszuweichen. Es war schnell, die Straße sehr schlecht“, erinnert sich der Sportler zurück. „Mein Ausweichmanöver ist außer Kontrolle geraten und ich bin gegen einen Baum und ein Schild gefahren. Das waren die letzten Bilder, bei denen ich sofort gedacht habe: Das wird nicht gut gehen.“

Und der Fahrer vom Team Tudo Pro Cycling sollte Recht behalten. Direkt nach dem Sturz bekam er lange keine Luft: „Meine Lunge ist kollabiert, nachdem sich eine gebrochene Rippe in die Lunge gebohrt hatte. Da habe ich dann schon gedacht: Wenn nicht gleich ein Arzt kommt und weiß, was er tun muss, wird es eng“, erinnert er sich mit Schrecken zurück.

Krieger verletzte sich schwer

Doch auch im Krankenhaus in Neapel ging es nicht sonderlich besser weiter, im Gegenteil. Diagnostiziert wurden neben der kollabierten Lunge ein vierfacher Bruch des Beckens, zwei Muskelrisse im Bein und ein gebrochenes Schulterblatt.

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Die dafür nötigen Spezialisten hatte die Klinik nicht, so wurde der Deutsche in ein anderes Krankenhaus verlegt. „Die Zustände dort waren schrecklich. Ich hatte kein Zimmer, wurde auf dem Gang gelagert. In Deutschland wäre man mit so etwas im Schockraum oder auf der Intensivstation.“

Und weiter: „Dort hatte ich nicht einmal ein Kopfkissen, sondern stattdessen eine Erwachsenenwindel als Kissenersatz. Auch die Sprachbarriere war riesig, zudem wurden die Verbände nicht gewechselt, mich hat niemand gewaschen und mir wurden nicht einmal die Zähne geputzt.“

Sicherheit müssen höher sein

Inzwischen hat Krieger die schrecklichen Erinnerungen hinter sich gelassen, arbeitet an einem Comeback – auch wenn er keine finale Antwort auf die Frage geben kann, ob es das alles wert ist. Vor allem in Anbetracht der unzähligen Gefahren. So verunglückte erst kürzlich der Norweger Andre Drege bei der Österreich-Rundfahrt tödlich.

„Ich kannte ihn nicht, aber trotzdem hält man bei solch einem Fall erst mal inne. Es ist ein scheißgefährlicher Sport. Das ist die absolute Kehrseite des Radsports. Es ist so risikoreich, zugleich wird aber viel zu wenig gemacht, um es sicherer zu gestalten“, ist sich der Sportler sicher.

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Bestes Beispiel dafür: Bergabsprints. „Zudem auch sehr fragwürdige Anfahrten wie die in Neapel, wo ich gestürzt bin. Es gibt Regularien, wie Finals auszusehen haben, aber die werden nicht immer durchgesetzt. Ein Finale wie in Neapel auf so schlechten Straßen darf es nicht geben. Auch die Absperrgitter sind manchmal total schlecht.“

Dazu kommt: „Es wird aktuell Material benutzt, das man eigentlich verbieten müsste.“ Demnach werden die derzeit eingesetzten Reifen vor allem beim Fahren über einen spitzen Gegenstand extrem gefährlich.

Übrigens: Bei der Tour de France sind die Straßen um einiges besser, „weil da so viel Geld fließt.“

Radsport ein teures Vergnügen

Große Erfolge von deutschen Sportlern sucht man bei dem Spektakel aber vergeblich. „Es ist traurig, dass es um den Nachwuchs nicht gut bestellt ist. Ich habe Angst um den deutschen Radsport“, sendet Krieger in diesem Zuge eine klare Botschaft. Während früher bei Rennen Vorläufe gemacht wurden, um Starter auszusortieren, werden heute verschiedene Altersgruppen zusammengelegt, um überhaupt auf die nötige Anzahl an Teilnehmern zu kommen.

„Da muss sich der Bund der deutschen Radfahrer Gedanken machen, wie man die Kids wieder aufs Rad bekommt“, so der 32-Jährige.

Probleme dabei sind demnach zum einen die Doping-Vergangenheit des Sports und die Tatsache, dass nur die Tour de France prominent im öffentlich-rechtlichen Fernsehen übertragen werde. Auch an Idolen fehlt es. Dazu kommt: Wie in anderen Sportarten auch, ist der Radsport ebenfalls teuer – und oft ein Vollzeit-Job für die Eltern.

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„Es gibt Rennen, in denen 13-Jährige ein Rad für 13.000 Euro fahren. Andere sitzen dagegen auf 700-Euro-Rädern. Damit haben finanziell Schwächere schon gar keine Chance mitzuhalten“, ist sich Krieger sicher.