Romain Bardet musste sich erst von der Last des französischen Radsport-Traumas befreien, damit sein großer Wunsch in Erfüllung gehen konnte. Über Jahre war der schmächtige Kletterer aus Brioude einer, der die Sehnsucht nach dem ersten Tour-Heimsieger seit Bernard Hinault 1985 stillen sollte. Generationen von Fahrern haben sich versucht, Generationen von Fahrern sind gescheitert.
Bardet: „Ich bin endlich ich selbst“
Sie hießen Virenque, Jalabert, Barguil, Pinot, Alaphilippe. Bardet war zwei Mal dicht dran, wurde 2016 Zweiter und stand ein Jahr später als Dritter erneut auf dem Podium in Paris. Ins Gelbe Trikot schaffte es der 33-Jährige aber erst am Samstag mit dem umjubelten Auftaktsieg der 111. Frankreich-Rundfahrt in Rimini.
"Es ist das erste Mal, dass ich vor dem Start einer Tour de France gelächelt habe. Nicht im Gesamtklassement mitzufahren, nimmt mir einen enormen Druck", sagte Bardet: "Ich bin endlich ich selbst, und ohne irgendwelche Hintergedanken zu fahren, war fabelhaft."
Bardet zum letzten Mal bei der Tour de France dabei
Die elfte Teilnahme an der Großen Schleife wird seine letzte sein. 196 Etappen hat er absolviert. Die erste Italien-Ouvertüre der Tour-Geschichte wird er nie vergessen. Der Sieg war gekrönt vom zweiten Platz des jungen Niederländers Frank van den Broek, seinem jungen Teamkollegen beim Team dsm-firmenich PostNL, der bei seiner Tour-Premiere hart für Bardet in der Flucht arbeitete und diesem schließlich Etappensieg und Gelb überließ.
"Wir haben es nur so schaffen können. Der Sieg ist genauso seiner", sagte Bardet über den Teamerfolg, an dem auch der deutsche Routinier John Degenkolb in seiner Rolle als "Roadcaptain" einen Anteil hatte. Die Freude beim früheren Etappenjäger war riesig. "Ich habe jetzt Gänsehaut, ich hatte vorhin Gänsehaut. Ich glaube, ich war noch nie so emotional bei einem Sieg, den ich nicht selbst eingefahren habe. Es ist absolut gigantisch", sagte Degenkolb am Teambus.
Bardets Zeit im Peloton neigt sich dem Ende entgegen. Noch einmal will er im kommenden Jahr den Giro d‘Italia bestreiten, nach dem Criterium du Dauphine 2025 ist Schluss. Dann wechselt Bardet aufs Gravel-Bike. Vorher wartet mindestens ein Tag im Gelben Trikot der Tour de France auf ihn.