Die letzte große Hürde ist genommen: Der Däne Jonas Vingegaard wird am Sonntag aller Voraussicht nach gemütlich zu seinem ersten Gesamtsieg bei der Tour de France rollen.
Vingegaard: „Bekam fast Herzinfarkt“
Beim Einzelzeitfahren auf der vorletzten Etappe der Frankreich-Rundfahrt reichte dem 25-Jährigen ein starker zweiter Platz, um Konkurrent Tadej Pogacar aus Slowenien auf Distanz zu halten. Der Tagessieg ging an den Belgier Wout van Aert.
Jumbo-Visma-Fahrer Vingegaard, der in den vergangenen Wochen einen komfortablen Vorsprung von über drei Minuten herausgefahren hatte, zeigte auf dem gut 40 km langen Zeitfahr-Kurs die nächste bärenstarke Leistung.
Schrecksekunde für Vingegaard
Nach einer Schrecksekunde kurz vor dem Ziel, als er beinahe an einer Felswand stürzte, fuhr er gegen 17.50 Uhr kopfschüttelnd, aber glücklich über die Linie - mit 19 Sekunden Rückstand auf Rang eins.
„Ich habe fast einen Herzinfarkt bekommen“, sagte Vingegaard über die Schrecksekunde.
Titelverteidiger Pogacar lieferte ebenfalls ein ordentliches Zeitfahren ab, konnte Vingegaard aber als Dritter nicht mehr annähernd gefährlich werden (+0:27).
Super-Allrounder van Aert brilliert
Stärker als Vingegaard war am Samstag nur dessen Teamkollege und Super-Allrounder van Aert, der sich seinen dritten Etappensieg bei der diesjährigen Tour sicherte.
Vingegaard dürfte das verschmerzen können: Der Vorjahres-Zweite liegt nun im Gesamtklassement 3:34 Minuten vor Pogacar und 8:13 Minuten vor dem drittplatzierten Briten Geraint Thomas (Ineos Grenadiers).
„Heute habe ich noch einmal alles rausgehauen“, sagte van Aert: „Natürlich wollte ich auch diese Etappe gewinnen und natürlich, dass Jonas dieses Gelbe Trikot verteidigt. Das ist wirklich ein besonderer Tag.“
Vingegaard wird am Sonntag als erst zweiter Däne nach dem geständigen Doper Bjarne Riis 1996 auch in Paris das Gelbe Trikot übergestreift bekommen. Auf der abschließenden Triumphfahrt wird der Führende der Gesamtwertung traditionell nicht mehr angegriffen.
Tour de France: Australier eröffnet Zeitfahren
Um die Mittagszeit hatte die 20. Etappe der Tour in Lacapelle-Marival begonnen - wie gewohnt bei großer Hitze.
In umgekehrter Reihenfolge des Gesamtklassements ging es für die Fahrer auf den 40,7 km langen Kampf gegen die Uhr, der im wunderschönen Wallfahrtsort Rocamadour endete.
Der letztplatzierte australische Sprinter Caleb Ewan eröffnete das bunte Treiben vor fantastischer Kulisse.
Rund eine Stunde später rollte der italienische Mitfavorit Filippo Ganna (Ineos Grenadiers) von der Startrampe. Der Weltmeister im Einzelzeitfahren der vergangenen beiden Jahre fuhr eine Bestzeit heraus, die lange Bestand hatte, ehe die Topfahrer sie nach und nach unterboten.
Deutsche Fahrer überzeugen
An diese Zeiten kamen die deutschen Fahrer nicht ganz heran, doch auch sie zeigten eine starke Leistung.
Nils Politt wurde am Ende Zwölfter, Bora-hansgrohe-Kollege Maximilian Schachmann sogar Neunter: „Ich habe mich heute früh gar nicht gut gefühlt, habe von 13 bis 14 Uhr auch noch im Bus geschlafen. Aber irgendwie ging es dann erstaunlich gut, schnell zu fahren“, sagte Schachmann anschließend in der ARD zufrieden.
Sein Teamkollege und Kapitän Alexander Wlassow wurde 18. Der 26-Jährige liegt in der Gesamtwertung nun auf Rang fünf und sorgte damit für einen versöhnlichen Abschluss für den deutschen Rennstall, der vor der Tour auf einen Podestplatz Wlassows gehofft hatte.
Auf der 115 km langen Champagner-Fahrt nach Paris am Sonntag dürfte es zunächst sehr ruhig zugehen, ehe zum letzten Mal ein actionreiches Finale ansteht. Auf der leicht ansteigenden Zielgeraden an den Champs-Elysees haben traditionell die Sprinter das Sagen.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)