Die Tour de France ist DAS jährliche Highlight eines jeden Radfans. Die Veranstaltung allein ist schon ein Mythos. Aber einige Fahrer wurden durch "La Grande Boucle" ("Die Große Schleife") zu wahren Legenden des Sports.
Tour de France: Die Rekordsieger
Jeder Fahrer, der schon mal einen Etappensieg auf der Tour feiern konnte weiß, dass das mit nichts zu vergleichen ist, was der Radsport sonst zu bieten hat. Klassiker wie Lüttich - Bastogne - Lüttich oder auch der Giro d'Italia haben ihre eigene Geschichte und sind ebenfalls Höhepunkte in der Karriere eines jeden Fahrers.
Aber ein Erfolg auf der Tour steht über allem. Das kann nur noch damit getoppt werden, das Gelbe Trikot auf der Champs-Élysées vor dem Arc de Triomphe übergestreift zu bekommen. Wer die Tour de France gewinnt, hat seinen Platz im Rad-Olymp sicher.
Doch einige Fahrer haben die Tour nicht nur gewonnen, sie haben sie mit ihren Erfolgen geprägt. Namen wie Eddy Merckx oder Bernard Hinault sind auf ewig mit der Tour verbunden.
SPORT1 präsentiert die Rekordgewinner mit fünf Erfolgen bei der Tour de France - und einen der größten Fahrer, der auf ewig mit der Tour verbunden sein wird, ohne sie je gewonnen zu haben.
Jacques Anquetil
Nationalität: Frankreich
Tour-Siege: 1957, 1961, 1962, 1963, 1964
Etappensiege: 15
Tage in Gelb: 50
Der Mann aus der Normandie machte sich schon früh einen Namen im Kampf gegen die Uhr. Seinen ersten großen Erfolg feierte er 1953 im Alter von 19 Jahren beim Zeitfahren des Grand Prix des Nations. Dabei schlug er den zu dieser Zeit besten Zeitfahrer Fausto Coppi. 1956 nahm er Coppi auch den Stundenweltrekord ab. 14 Jahre lang hatte die Bestzeit von Coppi Bestand, ehe Anquetil mit über 46 Kilometern an ihm vorbeizog.
Nach all diesen Erfolgen wagte der nun 23-Jährige 1957 seinen ersten Start bei der Tour de France - und gewann mit über 15 Minuten Vorsprung. Vor allem seine Zeitfahrqualitäten kamen ihm hier wieder zugute. Diese Fähigkeiten verdankte er auch seinen Spitznamen "Monsieur Chrono", der ihm im Laufe seiner Tour-Karriere verliehen wurde.
Es wäre allerdings zu einfach, ihn nur auf seine Zeitfahrfähigkeiten zu reduzieren. Zwar holte er sich da die wichtigen Siege, aber er war auch in der Lage, in den Bergen mit den Spezialisten mitzuhalten und so seinen Vorsprung zu bewahren.
Aber seine große Zeit sollte erst noch kommen. Von 1961 bis 1964 war Anquetil im Gesamtklassement nicht zu schlagen. Damit war er der erste Sportler, der vier Siege hintereinander feiern konnte. In besonderer Erinnerung ist den Franzosen sein letzter Tour-Sieg geblieben. In einem packenden Duell konnte er sich gegen den Publikumsliebling Raymond Poulidor durchsetzen. Am Ende verwies er seinen Landsmann mit 55 Sekunden auf Rang zwei.
Neben seiner Rekordmarke bei der Tour de France ist Jacques Anquetil auch einer von nur sechs Fahrern, der bei allen drei großen Rundfahrten (Tour de France, Giro d'Italia, Vuelta a España) triumphieren konnte.
Eddy Merckx
Nationalität: Belgien
Tour-Siege: 1969, 1970, 1971, 1972, 1974
Etappensiege: 34
Tage in Gelb: 96
Édouard Louis Joseph Baron Merckx, kurz Eddy Merckx, ist für viele Radsportexperten der bis heute beste Rennradfahrer aller Zeiten. Vor allem seine Vielseitigkeit war schon fast übermenschlich. Neben seinen fünf Toursiegen konnte er auch beim Giro d'Italia fünf Mal triumphieren. Aber auch bei den Klassiker-Rennen, Sechstagerennen oder im Bahnrad war der Belgier eine Macht.
Insgesamt stehen für ihn 525 Siege auf der Straße zu Buche. Dazu gesellen sich 98 Siege auf der Bahn und zwei Triumphe in Querfeldein-Rennen.
Diese Vielfältigkeit zeigte er auch bei der Tour. Egal, ob Bergetappe, Zeitfahren oder Sprintankunft, Merckx konnte in allen Disziplinen Erfolge feiern. Wegen seinem unstillbaren Ehrgeiz, immer gewinnen zu wollen, wurde er in den Medien nur der "Kannibale" genannt.
Neben seinen fünf Toursiegen hält er auch die Rekorde für die meisten Etappensiege und die meisten Tage im Gelben Trikot.
Bernard Hinault
Nationalität: Frankreich
Tour-Siege: 1978, 1979, 1981, 1982, 1985
Etappensiege: 28
Tage in Gelb: 75
Bernard Hinault war vielleicht vom Talent als Radfahrer nicht ganz so gesegnet wie Anquetil, Merckx oder Induráin. Aber seine taktischen Fähigkeiten, ein Rennen einzuteilen und seine Gegner zu lesen, machten ihn einzigartig in der Radszene der späten 1970er und 80er Jahre. Von seinen Landsleuten erhielt er deswegen auch den Ehrennamen "Le Blaireau" ("Der Dachs").
Wahrscheinlich wäre der Franzose heute auch alleiniger Rekordhalter bei der Tour de France, wenn ihm sein Knie nicht eine Strich durch die Rechnung gemacht hätte. Nach seinen beiden Siegen 1978 und 1979 war er auch 1980 der große Favorit. Vor allem seine Leistungen bei den Frühjahrsklassikern unterstrichen seine mal wieder gute Form.
Aber dem harten Programm der Tour 1980 musste er dann Tribut zollen. Nach drei Etappengewinnen übernahm er das Gelbe Trikot in den Pyrenäen, musste aber wegen Knieproblemen als Führender aufgeben.
1981 und 1982 kam er stärker als zuvor auf die Tour zurück und triumphierte wieder in seiner unnachahmlichen Dominanz. Dann musste er aber bis 1985 warten, um seinen fünften und letzten Toursieg zu erringen. Vor allem die Helferdienste von Greg Lemond waren entscheidend für diesen Triumph. Im Jahr darauf konnte er dann nicht mehr um den Sieg mitfighten, da er sich bei Lemond für seine Dienste aus dem Vorjahr revanchierte.
Bis heute ist er der letzte Franzose, der bei Frankreichs größtem Sportspektakel triumphieren konnte.
Miguel Induráin
Nationalität: Spanien
Tour-Siege: 1991, 1992, 1993, 1994, 1995
Etappensiege: 9
Tage in Gelb: 60
Der Mann aus Villava-Atarrabia in Navarra begann seine Tour-Karriere als klassischer Mannschaftshelfer bei Team Reynolds (dem heutigen Team Banesto). Diesem Team blieb er auch bis zu seinem Karriereende treu.
Vor allem auf der Tour von 1988 zeigte er seine Qualitäten und wurde für Team-Kapitän Pedro Delgado zum Edelhelfer, der die Tour in diesem Jahr auch gewinnen konnte. Aber da zeigte sich schon, dass Induráin zu Höherem berufen war. Diesen Anspruch untermauerte er auch durch zahlreiche Erfolge wie den zweimaligen Triumph beim Klassiker Paris-Nizza (1989, 1990).
Daher verwunderte es nicht, dass sein Team ab 1991 auf ihn als Kapitän setzte und er enttäuschte die Verantwortlichen nicht. Direkt die erste Große Schleife als Kapitän entschied er für sich und wiederholte den Triumph in den folgenden vier Jahren. Damit war er der erste Fahrer, dem dieses Kunststück fünf Mal in Folge gelungen ist.
Seine Dominanz in dieser Zeit verlieh Induráin beinahe schon etwas Unmenschliches. "Miguel ist ein absolut methodischer Mensch. Er ernährt sich, fährt, ruht sich aus - ein Kreislauf wie bei einem Tier", beschrieb ihn sein damaliger Teammanager José Miguel Echavarri.
Induráin selbst sah die Sache pragmatischer. "Das Beste daran, mit der Spitzengruppe ins Ziel zu kommen, ist die Tatsache, dass das Leiden früher ein Ende hat."
Poulidor - "Der ewige Zweite"
Jeder dieser Fahrer steht für eine einzigartige sportliche Glanzleistung und hat seinen Namen auf ewig mit der Geschichte der Tour de France verbunden. Allerdings sind es nicht immer nur die großen Sieger, die sich unsterblich machen. Manchmal sind es gerade die Verlierer, die die Herzen der Zuschauer erobern.
Das beste Beispiel dafür bei der Tour de France ist Raymond Poulidor. In Frankreich ist er nur als der "Mann, der nie die Tour gewann" bekannt. Ganze acht Mal stand der Franzose zwischen 1962 und 1976 auf dem Podium - drei Mal auf Rang zwei und fünf Mal als Dritter. Gewinnen konnte er aber nie.
Unvergessen ist sein Zweikampf mit Anquetil 1964. Ganze 55 Sekunden fehlten ihm am Ende auf den so lange ersehnten Triumph auf der Champs-Élysées. Vor allem ihr Zweikampf am Puy de Dôme ging in die französische Sportgeschichte ein. Anquetil hatte an diesem Anstieg eine Schwächephase, konnte diese aber lange genug vor Poulidor verheimlichen, so dass dieser zu spät angriff und nicht genug Zeit gutmachen konnte.
Die Fans liebten den Mann aus Masbaraud-Merignat trotzdem oder vielleicht grade wegen seiner erfolglosen Jagd nach dem Tour-Triumph. Nicht einmal ein Tag im Gelben Trikot war ihm vergönnt. Lediglich sieben Etappensiege stehen für ihn zu Buche. Daher gilt sein Name in Frankreich als Pseudonym für einen Pechvogel.