Bei der Tour de France sorgte die Enthüllung für größeres Aufsehen, vier Monate später hat sich die Unruhe nicht gelegt - im Gegenteil.
Tour-Enthüllung sorgt für Unruhe
Der Weltverband UCI blickt kritisch auf den Einsatz der Kohlenmonoxid-Technik im Radsport und hat die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) aufgefordert, bezüglich der legalen, aber umstrittenen Methode „Stellung zu beziehen“.
Zudem rief die UCI Teams und Fahrer „ausdrücklich dazu auf, keine wiederholte CO-Inhalation zu praktizieren.“ Nur die medizinische Anwendung einer einmaligen CO-Inhalation in einem kontrollierten medizinischen Umfeld könnte akzeptabel sein.
Die Verwendung des in hoher Dosierung potenziell tödlichen Gases durch mindestens drei Radsportteams war im vergangenen Sommer während der Tour de France von der Fachwebsite Escape Collective aufgedeckt worden. Zu diesen Teams gehören auch das UAE-Team von Tour-Champion und Weltmeister Tadej Pogacar sowie die Visma-Equipe von dessen Rivalen Jonas Vingegaard.
Pogacar und Vingegaard wiegelten ab
Pogacar hatte den Einsatz der Technik während der Tour im Sommer bestätigt - und ebenso wie Rivale Vingegaard („Da ist nichts Verdächtiges dran") jede böse Absicht zurückgewiesen.
Das Kohlenmonoxid-Rückatmungsgerät komme zum Einsatz, um Blutwerte zu überwachen und nicht, um die Leistung künstlich zu verbessern. „Das ist ein einfacher Test, mit dem man messen kann, wie man im Höhentrainingslager auf die Höhe reagiert“, hatte er gesagt: „Man bläst eine Minute in einen Ballon, dann sieht man den Hämoglobin-Wert. Und dann wiederholt man das nach zwei Wochen.“
Unmittelbar nach der Enthüllung hatte Dominator Pogacar für zusätzliche Irritationen gesorgt, als er in seiner ersten Reaktion völlig uninformiert über das Prozedere schien („Ich habe das gehört und an Autoauspuff gedacht. Ich weiß nichts darüber und kann es nicht kommentieren. Ich bin vielleicht einfach ungebildet“).
Experte Sörgel mahnte schon im Sommer
Der im Fokus der Debatte stehende „Rebreather" - im Prinzip ein Kreislaufatemgerät, wie es auch von Tauchern und Feuerwehrleuten verwendet wird - dient dazu, dem Körper eine bestimmte, geringe Menge von Kohlenmonoxid zuzuführen. Die Methode ermöglicht die präzise Messung und Analyse bestimmter Blutwerte, die Aufschluss etwa über den individuellen Wirkungsgrad von Höhentrainingseinheiten gibt. Kohlenmonoxid hilft vor allem bei der Bestimmung des Hämoglobinwerts, eine wichtiger Ausdauer-Messgröße.
Die Zufuhr von Kohlenmonoxid hat für einen gewissen Zeitraum allerdings einen ähnlichen Effekt wie Höhentraining, weil es eine künstlich erzeugte Hypoxie (Sauerstoffunterversorgung) zur Folge hat. Die Arbeit mit dem Rebreather kann theoretisch also eine Art von Blutdoping zweckentfremdet werden, die dem Geist der Anti-Doping-Regeln der WADA widerspricht, die jede Art von künstlicher Blutmanipulation verbietet.
Ob der leistungssteigernde Effekt tatsächlich relevant ist, ist unter Experten umstritten. Der Pharmakologe Professor Fritz Sörgel erklärte im Sommer bei SPORT1, das Gerät setzte dem Körper „einer Art Blitzschock aus, der vielleicht Mechanismen in Gang setzt, an die wir derzeit gar nicht denken, geschweige die wissenschaftlichen Grundlagen dazu haben“.
Sörgel hatte bereits damals die WADA aufgefordert, klärend einzugreifen - wie nun auch der Radsport-Verband.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)