Statt seinen ersten Sieg bei einem Eintagesrennen gebührend zu feiern, redete sich Ilan Van Wilder von Soudal Quick-Step nach der Zieldurchfahrt beim Tre Valli Varesine in Italien lieber seinen Frust über eine sich womöglich anbahnende Fusion zwischen seinem Team und Jumbo-Visma von der Seele.
„Mit dem Sch*** nicht einverstanden“
„Dieser Sieg ist für meine Teamkollegen und unseren Staff, denn wir befinden uns in einer wirklich schwierigen Situation“, so der Belgier. „Wir haben gezeigt, dass wir mit dem ganzen Sch*** nicht einverstanden sind.“
„Wir wollen Soudal Quick-Step bleiben - wir wollen als Soudal Quick-Step weitermachen“, versicherte der 23-Jährige nach seinem Triumph am Mittwoch und beteuerte: „Wir sind stark genug und ich hoffe, dass es so bleiben wird.“
Fusion könnte 20 Fahrern den Job kosten
Vorhergegangen waren Berichte über Fusionsgespräche zwischen den beiden Teams, die wohl nicht nur bei Van Wilder für Frustration sorgen. Denn aktuell haben beide Teams über 25 Fahrer für das Jahr 2024 unter Vertrag. Ein Team von über 50 Profis wären für das potenzielle Top-Team selbstverständlich zu viel, die doppelte Besetzung der Mitarbeiter-Stellen (fast 100 Stellen bei Soudal Quick-Step) ebenso.
Jumbo-Visma steht gerade unangefochten an der Spitze des Radsports, schaffte dieses Jahr sogar einen historischen Team-Erfolg. Spekuliert wird deswegen aktuell über bis zu 20 Fahrer von Soudal Quick-Step, die ihren Platz räumen müssten, auch wenn mit Primoz Roglic ein Star Jumbo-Visma verlassen wird.
Außerdem haben offenbar einige der Stars von Soudal Quick-Step schlichtweg keine Lust auf die Fusion - wie zum Beispiel Remco Evenepoel. Laut L‘Équipe wird sich der zweimalige Weltmeister und Vuelta-Sieger von 2022 auf keinen Fall diesem Super-Team anschließen. „Jeder in der Branche weiß, dass Remco niemals für Plugge (Jumbo-Visma-Direktor Richard Plugge, Anm. d. Red.) fahren wird“, zitierte die französische Sport-Tageszeitung mehrere Verwandte des Belgiers.
„Remco hasst Jumbo und Jumbo hasst Remco“, machte auch INEOS-Star Geraint Thomas, Tour-de-France-Sieger von 2018, im Podcast The Geraint Thomas Cycling Club deutlich, dass Evenepoel bei einem Zusammenschluss mit Jumbo-Visma sofort weg wäre - ein Vertrag von INEOS läge für diesen Fall schon bereit.
Alaphilippe hofft „auf gute Nachrichten“
Der einzige Fahrer, der sich neben Van Wilder noch persönlich zu der kontroversen Thematik äußerte, war sein Teamkollege Julian Alaphilippe. „Es ist besonders traurig, weil es sich um ein Team handelt, das seit Jahren im Zentrum des Radsports steht“, sagte der zweimalige Weltmeister bei Cycling Pro Net. „Es ist ein Team mit einer großen Geschichte. Es ist traurig, aber ja. So weit ist es noch nicht.“
„Wir werden nicht weinen und wir warten auf gute Nachrichten“, wollte der 31-Jährige ein Fortbestehen seines Teams noch nicht abschreiben. „Wir alle hoffen darauf.“