Didi Thurau sitzt in seinem Haus am Schweizer Ufer des Bodensees - nur sechs Kilometer entfernt von Jan Ullrichs Anwesen in Münsterlingen. Und dann kommt der heute 60-jährige ehemalige Radstar ins Plaudern. Aber nicht, weil der deutsche Tour-Held von 1977 über Radsport erzählt, sondern vom Tennis.
Thurau zwischen Rad und Tennis
Da ist der Immobilien-Makler kaum zu bremsen. Thurau trainiert mit dem Racket nicht nur Sohn Urs, den er gern mal in Wimbledon spielen sehen möchte, er ist auch bis zu fünf Stunden täglich "unheimlich ehrgeizig" auf dem Platz.
Auf die Frage, ob er denn bei den Alten Herren Turniere spielen möchte, antwortet er: "Klar. Aber die Männer in der Ü-60-Klasse sind ja alle langsamer als ich. Die haben vielleicht nur taktische Vorteile. Mit einem überragenden Altherren-Spieler wie Stefan Edberg könnte ich allerdings nicht mithalten."
Das war zu den aktiven Radsport-Zeiten des "Blonden Engels", wie er auch wegen seiner eleganten Fahrweise genannt wurde, anders. Da sah die Konkurrenz meist nur sein Hinterrad - so wie 1979 bei seinem Lieblingsklassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich. Das Rennen durch die Ardennen wird jetzt am kommenden Sonntag erneut ausgetragen.
Damals, vor 36 Jahren, regnete es in Strömen. Thurau erinnert sich bei SPORT1 an den Husarenritt: "80 Kilometer vor dem Ziel bin ich ausgerissen. Da waren immerhin Asse wie Walter Godefroot und Bernard Hinault meine schärfsten Gegner. Ich fühlte mich stark. Die Strecke ähnelt meinem Trainingsrevier im Taunus. Also gab ich Gas."
Bis zum Mont Theux-Anstieg fuhr Thurau bei seiner Alleinfahrt 1:40 Minuten Vorsprung heraus, ehe die Verfolger Hinault und auch Michel Pollentier bis auf 50 Sekunden und dann an der Cote des Forges auf 15 Sekunden herankamen.
Danach beschleunigte Thurau, fuhr als exzellenter Abfahrer und Zeitfahrer 55 Sekunden heraus und kam nach seiner grandiosen Alleinfahrt auf dem Boulevard de la Sauveniere in Lüttich vor Hinault als Triumphator ins Ziel. Es war der letzte Sieg eines Deutschen in Lüttich.
Am kommenden Sonntag fährt in Lüttich wieder ein Thurau im Kampf um den Erfolg mit. Es ist Didis Sohn Björn. Kann der 26-Jährige mit dem Team Bora Argon den Sieg seines Vaters wiederholen?
Didi Thurau ist da skeptisch: "Nein, wenn dann fährt er um die Plätze 30 bis 40 mit. Dazu hat er das Zeug. Ich habe ihm aber schon mehrfach gesagt, jetzt muss mal eine Steigerung her. Mit seinen 1,93 Metern Körpergröße, seinem geringen Gewicht und muskulären Beinen wäre das auch möglich. Aber das Team und der Trainer trauen ihm das nicht zu. Er benötigt da auch die Hilfe der Mannschaft."
Teamchef Ralph Denk nannte gegenüber SPORT1 die Defizite von Björn Thurau: "Gegenüber seinem Vater ist er nicht so spritzig am Berg und ihm fehlt auch das ganz große Talent als Zeitfahrer. Da muss Björn noch einiges tun. Er ist ein guter Roller. Aber das allein genügt nicht."
Wenn nicht Björn Thurau, welcher deutsche Fahrer könnte denn dann mal Lüttich-Bastogne-Lüttich gewinnen? Didi Thurau über den Sanremo- und Roubaix-Sieger John Degenkolb: "Für ihn sind die Steigungen zu schwer. Aber Tony Martin traue ich viel zu. Er hat schon bei großen Rennen als exzellenter Zeitfahrer Ausreißversuche erfolgreich beendet."
Wolfgang Kleine hatte als Journalist seine Feuertaufe bei der Fußball-WM 1974in Deutschland. Danach wurden für ihn zahlreiche Handball-Spiele, die Berichterstattung vom Leichtathletik-Europacup 1979und die Begleitung der Tour de France 1996, 1997 sowie 1998 unvergessliche Erlebnisse. Aber eines bleibt besonders in Erinnerung: Das Wintermärchen der Olympischen Spiele 1994 in Lillehammer.