Vermutlich wird sie sich aktuell immer noch über die Hand unterhalten. Ihr Mann, Alex Foxen, selber ein Weltklassespieler, wird mit ihr sämtliche Möglichkeiten durchgespielt haben. Aber noch über viele Jahre wird sie sich fragen: Warum? Denn die Hand, die Kristen Foxen zum Verhängnis wird, ist im Poker kein unausweichlicher „No-Brainer“ gewesen. Kein „muss-man-machen“, kein „Point-of-no-return“.
Foxen scheitert nach Fehleinschätzung
Es war schlicht und ergreifend eine Fehleinschätzung. Mit der Vermutung und der jedem Spieler innewohnenden Hoffnung, dass der Gegner einfach blufft oder zumindest eine schwache Hand hält, die er nach einem starken Move wegwirft. Aber das Gegenteil war der Fall.
Die Schicksalshand
In der Ausgangssituation bei Blinds von 600.000 und 1.200.000 sitzt Foxen im Big Blind. Vor ihr stehen 44 Millionen an Chips, also in etwa 36 Big Blinds. Das ist nicht extrem viel, aber weit davon entfernt, jede Strategie über Bord werfen zu müssen. Man sitzt zu sechst am Tisch, was eine etwas aggressivere Spielweise erfordert als bei einem vollbesetzten Neun-Personen-Tisch. Der Amerikaner Joe Seruck, doppelt so viel Chips wie Foxen, ist als Erster an der Reihe und eröffnet mit einer Erhöhung. Er hält A♠︎K♣︎. Foxen schaut auf K♠︎Q♦︎ und bezahlt im Big Blind. So weit, so normal.
Der Flop kommt A♥︎K♥︎J♠︎.
Eine sehr starke Hand für Serock mit Top Two Pair. Aber auch Foxen mit dem Paar Könige hat etwas abbekommen.
Die Action ist demnach nachvollziehbar. Foxen checkt, Serock setzt 4 Millionen und die vierfache Bracelet-Siegerin bezahlt.
Auf dem Turn zeigt sich die 5♠︎. Für beide Spieler ändert sich die Situation nicht.
Check Foxen. Bet Serock von 11,6 Millionen.
Die nun folgenden Gedankengänge bei Foxen können hier natürlich nur grob vermutet werden, da sie sich bisher noch nicht dazu geäußert hat. Vielleicht hilft eine Aussage von Kristen Foxen nach Tag 7 als sie meinte: „Ich muss schauen, dass ich nicht zu oft wegwerfe. Ich habe wohl zu oft die bessere Hand weggeworfen.“
Und natürlich muss Serock hier nicht so stark sein. Den König hält sie selber, damit sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass auch der Gegner einen König hält. Man „blockt“ einen König, so nennt das die Pokertheorie und baut übrigens ein halbes Universum an Berechnungen auf diese „Blockerkarten“.
Und das Ass?
Er kann das Ass haben. Logisch. Aber vielleicht spielt er hier nur seine Position. Er ist nach ihr an der Reihe, er hat Position auf sie. Und darauf baut die Pokertheorie noch viel mehr Berechnungen als auf alles andere. Außerdem hat er doppelt so viel Chips, kann also mehr Druck machen.
Und dann kommt einfach das Bauchgefühl dazu. Die innere Stimme, die einem erzählt, dass der Gegner schwach ist. Dass er doch möglicherweise eben erst in einer vergleichbaren Situation beim Bluffen erwischt wurde.
Und wenn man nicht ab und an den großen Schwinger rausholt, dann kommt man bei einem Event mit über 10.000 Spielern nicht an den Finaltisch.
Sie holt den großen Schwinger raus, sie stellt ihre Chips komplett in die Mitte. All-In. Serock hat einen einfachen Call. Für Foxen bricht eine Welt zusammen. Sie sieht das Desaster und weiß, dass nur noch eine 10 auf dem River ihr Turnierleben retten kann. Es kommt 6♥︎. Ende. Traum vorbei.
Unterstützung bekommt Foxen auf „X“ (Twitter) von Vanessa Selbst, dreifache Bracelet-Siegerin, neben Foxen die erfolgreichste Frau im Poker.
Im anschließenden Interview gibt sie sich gefasst und positiv gestimmt.
Für Foxen bleibt Rang 13 und $600.000 Gewinn. Das ist eine großartige Leistung.
Das weiß Foxen. Und wird sich mit einem tiefen Seufzer im Bett die kalte Seite des Kissens zurechtlegen.