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Podcast: "Flutlicht an!" „Geschlecht war schon immer eine unzureichende Kategorie im Sport“

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Podcast: "Flutlicht an!" „Geschlecht war schon immer eine unzureichende Kategorie im Sport“

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„Geschlecht unzureichende Kategorie“

Dr. Karolin Heckemeyer, Dozent*in an der Pädagogischen Hochschule – Fachhochschule Nordwestschweiz, spricht über die Rolle des Sports in der Gesellschaft und fehlende Fairness in Bezug auf Frauen im Sport. Die „Flutlicht an!“ Porträt-Kolumne #88.
Dr. Karolin Heckemeyer ist Dozentin an der pädagogischen Hochschule - Fachhochschule Nordwestschweiz
Dr. Karolin Heckemeyer ist Dozentin an der pädagogischen Hochschule - Fachhochschule Nordwestschweiz
© SPORT1
Dr. Karolin Heckemeyer, Dozent*in an der Pädagogischen Hochschule – Fachhochschule Nordwestschweiz, spricht über die Rolle des Sports in der Gesellschaft und fehlende Fairness in Bezug auf Frauen im Sport. Die „Flutlicht an!“ Porträt-Kolumne #88.

„‚Soziale Ungleichheiten im Sport‘ bedeutet für mich aus einer soziologischen Perspektive einfach erstmal, die Frage zu stellen: Wer ist eigentlich mit großer Selbstverständlichkeit am Sport beteiligt? Und wer nicht?“ So bringt Dr. Karolin Heckemeyer die Frage auf den Punkt, die vor allen anderen steht. Seit 2012 ist sie Dozent*in an der Pädagogischen Hochschule – Fachhochschule Nordwestschweiz, seit 2020 auch Koordinatorin „Qualität der Lehre“.

Sport, seine Rolle für die Gesellschaft und wie gesellschaftliche Themen darin verhandelt werden, all das hat früh angefangen, sie zu interessieren. In den Forschungsschwerpunkten, unter anderem „Diversität und geschlechtliche Vielfalt im Sport“ und „Soziale Ungleichheit im Sport“, spiegelt sich das wissenschaftlich wider. Zugänge, Teilhabe, Hierarchisierung – die Palette der Fragen, wer wie welche Räume zugewiesen bekommt im Sport, ist lang.

Strukturelle Machtverhältnisse nicht überwunden

In der speziell medialen Öffentlichkeit konzentriert sich indes aus Heckemeyers Sicht viel auf Fragestellungen rund um Gender – und da speziell die Diskussion um trans Frauen. Ihre Kritik: Dabei werde überhaupt nicht auf die beteiligten Menschen geschaut, sondern lediglich auf bestimmte Merkmale, anhand deren vermeintlicher Vergleichbarkeit man an einer Illusion von fairem Wettbewerb arbeite. „Ich glaube, dass Geschlecht schon immer eine unzureichende Kategorisierung im Sport war“, setzt die Forscherin dem entgegen.

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Historisch zwar logisch, aber vor allem, weil anfangs nur Männer gegeneinander antraten: Es ging um den stärksten, schnellsten, besten cis Mann – Frauen waren da weder mitgedacht, noch etwa gewollt. Strukturen im Sport spiegelten auch heute noch bestehende strukturelle Machtverhältnisse, betont Heckemeyer. Und: „Der organisierte Sport versucht, die Frage der Fairness, der Chancengleichheit, auf bestimmte körperliche Merkmale zu reduzieren. Und da ist die Frage: Welche sind das – und warum? Und wie werden die begründet.“

Letztlich sei das Festhalten an einer Vorstellung von Fairness ein Versuch, Ausgangsgleichheit unter verschiedenen Körpern herzustellen und den Sport so zu gestalten, dass Menschen an der Startlinie stehen und glauben, sie hätten im Vergleich faire Chancen. Dieser Mythos erlaube es einer Gesellschaft dann, anzuerkennen: Ja, diese Person hat gewonnen und ist am besten. An der Art von Kategorisierung müsse aber nicht festgehalten werden.

Kinder- und Jugendsport als Priorität

Wichtig findet die Forscherin, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, um sie für die Themen zu gewinnen. Heckemeyer betont, wer mit dem Sport Verknüpfungen hat, empfinde ihn oft als etwas sehr Persönliches. Sich damit auseinanderzusetzen, wie stark Ausschlüsse im auch so verbindenden Sport sind, koste Überwindung. Menschen zu gewinnen für die Diskussion, auch als Multiplikator*innen, findet die Soziologin aber ungemein lohnend.

Ein Ansatz der eigenen Arbeit ist für Heckemeyer denn auch, Sport für mehr Menschen offen und positiv erlebbar zu machen. Nicht zuletzt deswegen arbeitet sie rund um Kinder- und Jugendsport, aktuell zum Beispiel am Projekt „Beyond Limits – Geschlechtergerechter Kinder- und Jugendsport“. Das zielt ab auf die Stärkung von Akteur*innen, die sich im Sport gegen geschlechtsspezifische Diskriminierung einsetzen.

Dabei rückt Schulsport in den Fokus, denn: „Ganz vielen Menschen ist eigentlich gemein, dass der Sport ihnen sagt, dass ihre Körper unzureichend sind.“ Das fange eben oft gerade in der Schule an, und deswegen sei die Arbeit mit Unterrichtenden so wichtig, dazu, wie sie Kinder für Sport begeistern können. Denn unsportlich, ist Heckemeyer überzeugt, sei niemand. „Die Sportlichkeit will entdeckt werden.“