Im Englischen gibt es den Ausspruch „You can‘t be what you can‘t see“, was sich in etwa übersetzt als: „Du kannst nichts sein, was du nicht siehst.“ Angespielt wird damit natürlich auf das Thema Vorbilder. Wer Menschen, mit denen er oder sie sich besonders gut identifizieren kann, in gewissen Rollen erlebt, kann sich besser vorstellen, sie auch selbst auszufüllen.
Vorbehalte gegen Frauen im Fußball
Diese extrem simple Wahrheit ist sehr bedeutsam, wenn es um Frauen im Fußball geht. Auch, wenn die Situation sich in der jüngeren Vergangenheit gebessert hat und es hoffentlich weiter tut, gibt es noch immer viele Mädchen, die nicht nur Schwierigkeiten haben, einen Verein zu finden, in dem sie kicken können. Ihnen fehlen zudem die Vorbilder als Spielerinnen oder auch in Funktionärsfunktionen. Und gleiches gilt in Teilen weiterhin für den Sportjournalismus.
Lili Engels wurde zwar, wie viele Mädchen, von ihrem Vater und Bruder mit der Begeisterung für Fußball angesteckt. Im Verein ihrer Kindheit aber gab es dann nicht nur ein Mädchenteam, sondern es wurde auch von einer Trainerin gecoacht.
Ihren Platz in der Welt des Fußballs hat die gebürtige Hamburgerin deshalb nicht infrage gestellt, sondern ganz selbstverständlich eingenommen. Die Störgefühle kamen später, erinnert sich die Journalistin, nämlich, als Leute in ihrem Umfeld mit Irritation auf ihre Liebe zum runden Leder reagierten: „Du? Fußball?“
Das mag mit dazu geführt haben, dass die heute 26-Jährige in Sachen Beruf zwar durchaus früh in Richtung Journalismus tendierte - auch da ist sie familiär vorgeprägt durch ihre Eltern - aber inhaltlich zunächst Kinderfernsehen ins Auge fasste.
Feuerprobe bei SPORT1
Erst, als es da nichts wird mit dem Praktikum, bewirbt sie sich im Sport und sammelt dort viele Erfahrungen. Auf ein Praktikum bei SPORT1 folgt schließlich ein Volontariat. In dieser Zeit macht die zertifizierte Fitnesstrainerin zudem erste Erfahrungen vor der Kamera. Geplant sei das nicht gewesen, erinnert sie sich.
Eine Art Feuerprobe wird im Dezember 2022 ihr Einsatz im SPORT1-Doppelpass, wo sie einen Sonntag lang als Co-Moderatorin fungiert. Es habe Überzeugungskraft gebraucht, sie dazu zu bringen, erzählt Engels lachend und beschreibt sich selbst als eine, die immer hinterfragt: „Kann ich das denn?“ „Bin ich schon so weit?“
Schließlich wagt sie den Schritt, weil sie spürt, die Verantwortlichen vertrauen ihr. „Danach war ich sehr stolz. Davor war mir sehr schlecht.“
- „Flutlicht an. Im Gespräch mit der Wortpiratin“, der Podcast auf SPORT1, in dem Journalistin und Autorin Mara Pfeiffer Menschen in den Mittelpunkt stellt, die im schnelllebigen und lauten Fußballgeschäft oft zu wenig im Rampenlicht stehen.
Obwohl es bei dem einen Auftritt im Flaggschiff des Senders bleibt, spürt Engels, dass sich mit diesem Einsatz ihr Standing verändert.
Bis zum nächsten großen Schritt dauert es nicht lange: Seit Saisonbeginn moderiert sie die Montagsspiele der Bundesliga der Frauen. Ihr Trio mit Kommentatorin Christina Rann und Experte Maik Franz mache vor allem der gemeinsame Humor aus, findet Engels, aber auch die große Freude an ihrem Job.
Frauen den Weg ins Business erleichtern
Nebenher engagiert sich die Journalistin bereits in der Nachwuchsausbildung. Es sei ihr ein Herzensanliegen, mehr Frauen ins Business zu bekommen, zumal sie selbst erlebe, dass deren Widerstände anders sind und intensiver.
„Ich habe das Gefühl, dass ich mich für Dinge mehr rechtfertigen muss.“ Abwertende Kommentare gingen nicht spurlos an ihr vorbei, Fragen wie „Warum macht das kein Mann?“ beschreibt Engels als „traurig, aber wahr“.
Im Fußball der Frauen hat sie für sich eine Nische gefunden, in der sie spürt, dass die Möglichkeiten größer sind dafür, sich inhaltlich einzubringen. Die Gestaltungsmöglichkeiten schätze sie ebenso wie den Spirit in diesem Bereich, betont sie und resümiert: „Frauenfußball ist Teamwork.“