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Deutscher Paralympics-Star: "Das macht einen klein"

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Deutscher Paralympics-Star: "Das macht einen klein"

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Rehm: Wurde als Behinderter gesehen

Bei den Paralympics geht Markus Rehm als Gold-Favorit in den Weitsprung-Wettkampf. Doch der Seriensieger fürchtet in Paris die Konkurrenz. Bei SPORT1 verrät er sein Paris-Ziel und wie sich sein Ansehen verändert hat.
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Bei den Paralympics geht Markus Rehm als Gold-Favorit in den Weitsprung-Wettkampf. Doch der Seriensieger fürchtet in Paris die Konkurrenz. Bei SPORT1 verrät er sein Paris-Ziel und wie sich sein Ansehen verändert hat.

Markus Rehm ist einer der bekanntesten Gesichter im Para-Sport. Bei den Paralympics 2012, 2016 und 2021 gewann der Weitspringer die Goldmedaille.

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Der Schwabe, der mit 14 Jahren bei einem Trainingsunfall beim Wakeboarden seinen rechten Unterschenkel verlor, geht in Paris als Topfavorit an den Start. Doch die Konkurrenz sitzt dem 36-Jährigen, der in seiner Karriere noch ungeschlagenen ist, im Nacken.

Im SPORT1-Interview spricht Rehm über den Druck, den zwei US-Athleten ausüben und welches Ziel er sich für die Paralympics vorgenommen hat. Außerdem verrät der gebürtige Göppinger, was er sich für die Paralympics künftig wünscht und wie sich sein Ansehen als behinderter Sportler verändert hat.

Rehm: „Die Jungs wollen mich schlagen“

SPORT1: Herr Rehm, die Paralympics laufen, ihr Auftritt naht - spüren sie angesichts der Siege von 2012, 2016 und 2021 noch Druck, oder hat sich der gelegt?

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Rehm: 2012 war der Druck groß, weil auch die Erwartungen riesig waren. 2016 und 2021 hatte ich dagegen einen großen Vorsprung in Bezug auf die Weiten. Aber ich ganz ehrlich: Beim Diamond-League-Meeting in Lausanne machte mir der US-Amerikaner Derek Loccident das Leben ziemlich schwer. Die Konkurrenz schläft also nicht, es wird spannend. Die Jungs wollen mich schlagen, diesen Druck spüre ich. Ich bin derjenige, der mehr Druck hat als die Konkurrenten. Ich muss alles geben, um erneut zu gewinnen. Aber das ist und muss auch das Ziel sein.

SPORT1: Die Olympischen Spiele in Paris haben für viel Begeisterung gesorgt. Glauben Sie, dass die Paralympics eine ähnliche Stimmung erzeugen werden?

Rehm: Ich hoffe es. Mich persönlich hat Olympia dieses Mal total gepackt. Bei mir lief rund um die Uhr der Fernseher, was sicher nicht immer gut war. Viele Pariser haben die Stadt wegen Olympia verlassen und ich hoffe, dass die nun alle wieder zurück sind und Lust haben, ins Stadion zu kommen. Ich würde mir wünschen, dass wir den Leuten eine tolle Show bieten und gute Stimmung haben. Gerade nach Tokio, wo die Spiele doch sehr still waren.

SPORT1: Sie sind seit 2013 bei WM, EM und Paralympics ungeschlagen. Was haben Sie der Konkurrenz voraus? Und werden die Abstände sich künftig verringern?

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Rehm: Die Abstände werden definitiv kleiner. In den USA gibt es zwei riesige Talente, ich darf mir keinen schlechten Tag erlauben, sondern muss mit vollem Fokus in den Wettkampf gehen. In der Vergangenheit war ich wahrscheinlich der Erste, der das Sprunggefühl mit einer Prothese am ehesten gefunden hat. Aber die beiden sind nah dran und es ist auch schön, wenn die Konkurrenz vor dem Wettkampf zusammenrückt und die Leistungen allgemein besser werden. Wir sind dieses Mal in der Prime-Time bei ARD und ZDF zu sehen - und da hilft allen ein spannender Wettkampf.

Probleme mit der Prothese? Rehm muss sich anpassen

SPORT1: Sie hatten dieses Jahr auch Probleme mit Ihrer Prothese. Lässt sich so etwas kurzfristig vor dem Saison-Highlight noch ändern?

Rehm: Ich bin kein Freund davon, kurzfristig noch Dinge zu ändern. Aber in diesem Jahr war ich dazu fast ein bisschen gezwungen. Eine Prothese ist ein mechanisches Teil, das sich dem Körper nicht anpasst. Wenn sich die Kraft und die Geschwindigkeit verbessern, dann muss man wieder den richtigen Rhythmus für die Prothese finden und das ist dieses Jahr so ein bisschen die Schwierigkeit bei mir.

SPORT1: Sie werden von der Ex-Speerwerferin Steffi Nerius trainiert. Welche Parallelen gibt es zwischen den beiden Sportarten und warum funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Ihnen so gut?

Rehm: Steffi kann sich extrem gut auf einen Athleten einstellen. Da geht es gar nicht um die Sprungtechnik selbst, sondern darum, den Athleten im richtigen Moment zu fordern und, wenn er es braucht, ihm die Regeneration zu lassen. Wir sind ein bisschen unbefangener in dieses Weitspringen reingegangen und haben uns gemeinsam entwickelt. Sie wollte mir nie eine Technik, wie sie vielleicht in Lehrbüchern für das Weitspringen steht, aufzwingen. Das war für mich unglaublich wichtig.

„Das finde ich schade, denn das macht einen klein“

SPORT1: Sie sind für viele Menschen ein Vorbild. Wie nehmen Sie diese Rolle wahr?

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Rehm: Es ist schön, wenn Leute zu einem Aufblicken. Mir geht es um dieses Mindset, das ich damals in meiner ersten Zeit vielleicht nicht so hatte. Ich war immer der Sportler, aber ich wurde von ganz vielen Menschen als der Behinderte, der Eingeschränkte, gesehen. Das finde ich schade, denn das macht einen klein. Ich war vor meinem Unfall immer der Sportler und bin es dann nach meinem Unfall auch wieder geworden. Es hat nicht sofort funktioniert, weil das Umfeld es einem so gar nicht erlaubt. Ich möchte jungen Menschen mitgeben, dass sie nicht die Prothese oder die vermeintliche Einschränkung als Ausrede zu nutzen, weniger leisten zu müssen, sondern gerade deswegen noch mehr leisten wollen.

SPORT1: Welche Veränderungen oder Entwicklungen würden Sie sich in Zukunft für die Paralympics wünschen?

Rehm: Ich würde mich freuen, wenn die Veranstaltungen zeitlich näher zusammenrücken würden. Ich habe den Vorschlag schon öfter angebracht: Die Abschlussfeier der Olympischen Spiele findet am selben Tag wie die Eröffnungsfeier der Paralympischen Spiele statt. Das Olympische Feuer wird symbolisch heruntergenommen und anschließend findet ein 4x100-Meter-Staffellauf mit zwei olympischen und zwei paralympischen Athleten statt. Der Sieger entzündet das Feuer neu und zeigt damit: Es geht weiter. Das werde ich in meiner aktiven Karriere nicht mehr erleben. Es wäre aber auch eine Genugtuung, das mit lichtem grauem Haar irgendwann vom Sofa aus zu sehen.