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Eine besondere deutsche Olympia-Legende mit verheimlichtem Makel

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Eine besondere deutsche Olympia-Legende mit verheimlichtem Makel

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Legende mit verheimlichtem Makel

Helmut Bantz stieg vom Kriegsgefangenen zum ersten Turn-Olympiasieger der Bundesrepublik auf und hinterließ danach auch im Fußball Spuren. In diesem Jahr kam ein Schatten auf seiner Vita heraus.
Helmut Bantz zu Beginn der siebziger Jahre
Helmut Bantz zu Beginn der siebziger Jahre
© IMAGO / Sven Simon
Helmut Bantz stieg vom Kriegsgefangenen zum ersten Turn-Olympiasieger der Bundesrepublik auf und hinterließ danach auch im Fußball Spuren. In diesem Jahr kam ein Schatten auf seiner Vita heraus.

Sie nannten ihn den „tollen Hecht von Melbourne“ - wegen eines Sprungs, der deutsche Sportgeschichte schrieb.

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Am 6. Dezember 1956 gewann Helmut Bantz, damals 35 Jahre alt, bei den Olympischen Spielen in Melbourne beim Pferdsprung das erste olympische Gold für einen Turner aus der Bundesrepublik.

Es war ein Meilenstein für den Mann mit der markanten Brille und bewegten Lebensgeschichte, der auch nach seiner aktiven Karriere eine tragende Rolle im deutschen Nachkriegssport spielte.

Bantz zog 2008 posthum als erster Turner in die Hall of Fame des deutschen Sports ein - was in diesem Jahr neue Aufmerksamkeit erregte, als ein verschwiegenes Geheimnis des hoch geachteten Bantz offenbar wurde.

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Vom Kriegsgefangenen zum Olympiasieger

Bantz' Weg zur Spitze war ein besonderer: 1921 in Speyer geboren, begann seine sportliche Laufbahn im örtlichen Turnverein, der von seinem Vater geleitet wurde. Bereits in jungen Jahren sammelte er nationale Titel, wurde zweimal Deutscher Jugendmeister im Kunstspringen und später 18-maliger Deutscher Meister im Kunstturnen.

Als junger Mann war Bantz Soldat im Zweiten Weltkrieg, geriet 1944 in britische Kriegsgefangenschaft, wo er dank seiner sportlichen Fähigkeiten auffiel und nach dem Krieg trotz seiner Vorgeschichte in bemerkenswerter Weise integriert wurde.

Die britische Olympiamannschaft engagierte ihn 1948 als Trainer - und wurde so zu einem der wenigen Deutschen, die bei Olympia in London mit von der Partie waren. Deutschen Sportlern war kurz nach dem von Hitler-Deutschland verursachten Weltenbrand der Zugang noch verwehrt.

Bantz kehrte letztlich in seine Heimat zurück und krönte 1956 in Melbourne seine Karriere: Die Punktrichter vergaben 18,85 Punkte – die höchste Wertung des Wettkampfs, den er sich mit dem sowjetischen Turner Valentin Muratow teilen sollte.

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In seinem Buch So weit war mein Weg beschrieb Bantz seine größte sportliche Stunde: „Die Zahlen der Wertungstafeln schwammen vor meinen Augen – und lange ehe ich begriffen hatte, was sie ausgesagt hatten, schrien meine Kameraden auf: Zusammen mit Muratow hatte ich die Goldmedaille gewonnen. Ich war am Ziel.“

Prominente Schüler im Fußball

Seine aktive Karriere endete offiziell nach den Olympischen Spielen 1960 in Rom, wo er als Ersatzmann nominiert wurde, aber nie zum Einsatz kam. Doch Bantz' berufliche Laufbahn reichte weit darüber hinaus: Er schloss sein Studium an der Deutschen Sporthochschule Köln ab und widmete sich der Entwicklung moderner Trainingsmethoden. Fußballgrößen wie Jupp Heynckes und Günter Netzer wurden von ihm geschult, ebenso wie Turner auf der ganzen Welt.

Bantz, der als Jugendlicher auch gern Fußballer geworden wäre (was in der Familie aber nicht gern gesehen wurde) kam seiner alten Liebe noch ein Stück näher. Unter Trainer-Ikone Hennes Weisweiler war Bantz Konditionstrainer bei Borussia Mönchengladbach. Auch nach seiner Beschäftigung am Niederrhein wurde er immer wieder am Bökelberg gesehen.

Bantz lebte bis zu seinem Tod im Jahr 2004 in Pulheim-Brauweiler bei Köln. Seine letzten Jahre waren von schweren Krankheiten geprägt, darunter ein Herzinfarkt und eine Beinamputation. Vier Jahre nach seinem Ableben wurde Bantz in die Hall of Fame aufgenommen.

Bantz verschwieg NSDAP-Mitgliedschaft

Die breite Öffentlichkeit hat Bantz heute eher vergessen, in der Turn-Szene und seiner alten Kölner Wirkungsstätte werden seine Verdienste aber in Ehren gehalten - wobei Bantz' persönliches Vermächtnis in diesem Jahr in ein neues Licht gerückt werden musste.

Im März 2024 deckte eine Recherche des Historikers Armin Jäger in der Süddeutschen Zeitung auf, dass der Athlet 1941 der NSDAP beigetreten war. Bantz hatte darüber - wie auch manch andere prominente Person der Nachkriegszeit - nie öffentlich gesprochen.

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Jäger enthüllte auch vorher unbekannte NSDAP-Belastungen von drei anderen in die Hall of Fame aufgenommenen Olympiasiegern, unter ihnen Hans Günter Winkler, im selben Jahr wie Bantz zur Legende geworden, mit seinem Gold-Ritt auf Stute Halla bei den damals eigenständigen olympischen Reiterspielen in Stockholm.

Der Historiker Jäger urteilte im Fall Bantz zurückhaltend, weil dieser bei seinem Parteieintritt 19 und schon als Kind von der NS-Ideologisierung geformt war. Trotzdem hielt er fest: „Man würde sich wünschen, dass die damaligen Teenager in ihren späteren Autobiografien mehr über ihre Verwirrungen verloren hätten."