Neunmal Gold, fünfmal Silber, viermal Bronze. Diese Zahlen, die Zahlen der Larissa Latynina, sie sind bis heute unerreicht. Wenn Latynina am Freitag in Moskau ihren 90. Geburtstag feiert, dann tut sie das noch immer als erfolgreichste Olympionikin der Geschichte - auch wenn es 2024 in Paris so richtig eng wurde.
Die Jagd auf einen Olympia-Rekord
Zwischen 1956 und 1964 hatte die Kunstturnerin aus der Ukraine für die Sowjetunion insgesamt 18 Olympiamedaillen gewonnen.
60 Jahre nach ihrem letzten Gold musste sie mit ansehen, wie ihr Langzeitrekord beinahe von Katie Ledecky gebrochen wurde. Aber die US-Amerikanerin schaffte es im Becken von Paris „nur“ zu Gold Nummer acht und neun, zu Silber Nummer vier und Bronze Nummer eins. Latynina also behielt ihren Titel - noch.
Phelphs vor Latynina
Dass sich die Virtuosin, geschlechterübergreifend inzwischen die zweiterfolgreichste Athletin der Olympia-Geschichte hinter Michael Phelps (23-mal Gold), überhaupt einmal zur Kunstturn-Legende aufschwingen würde, das hatte sich erst spät abgezeichnet. Denn bis zum Alter von 16 Jahren war die junge Larissa hin- und hergerissen zwischen der Turnhalle und dem Ballettsaal.
„Erst als mich mein Trainer Michail Sotnitschenko zu einer Entscheidung zwang, habe ich nicht leichten Herzens beschlossen, das Ballett hintenanzustellen“, erinnerte sich Latynina einst. Schon vier Jahre später holte sie bei den Weltmeisterschaften 1954 in Rom den ersten ihrer insgesamt neun Welttitel.
Basis in Cherson gelegt
Das jahrelange harte Training im Kulturhaus ihrer Geburtsstadt Cherson, die durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine inzwischen traurige Bekanntheit erlangt hat, kam Latynina speziell am Boden zugute. Drei Olympiasiege nacheinander dokumentierten ihre Überlegenheit an diesem Gerät.
Tänzerinnen hätten sie schon immer fasziniert, erklärte Latynina. Als Trainerin der UdSSR-Nationalriege in den 60er-Jahren war Latynina deshalb Stammgast im Moskauer Bolschoi-Theater und holte sich dort immer wieder Anregungen für ihre Arbeit. Im Verlauf der Wirrnisse beim Auseinanderbrechen der Sowjetunion verschlug es Latynina nach Japan. Sie arbeitete dort bei mehreren Klubs als Coach.
Kinder machen Ballett-Karriere
Kontakt in die Heimat hielt sie durch regelmäßige Besuche ihrer Kinder Andrej und Tatjana. Ihre Tochter verwirklichte den zweiten Traum der Mutter und machte eine große Karriere als Ballett-Tänzerin. Nur der Traum vom ewigen Olympia-Rekord könnte allerdings schon in naher Zukunft platzen. Die erst 27 Jahre alte Ledecky, die schon bei den vier (!) vergangenen Sommerspielen Medaillen gewonnen hat, will jedenfalls auch 2028 in Los Angeles ins Becken springen.
Als Rekordmann Phelps sie im Jahr 2012 in London überflügelte, war Latynina vor Ort und lächelte gönnerhaft. „Als Sportlerin“, sagte sie damals, „kann ich mich nur freuen, dass es einen so talentierten Athleten gibt, der diesen Rekord gebrochen hat.“