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Olympia-Attentat 1972: Ein tödlicher Irrtum, der den olympischen Traum zerstörte

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Olympia-Attentat 1972: Ein tödlicher Irrtum, der den olympischen Traum zerstörte

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Als der Olympia-Zauber zerstört wurde

Am 5. September 1972 legt sich ein düsterer Schatten auf die Olympischen Spiele von München. 2024 jährt sich das Münchner Olympia-Attentat zum 52. Mal.
Olympia-Attentat 1972 München
© Imago
Am 5. September 1972 legt sich ein düsterer Schatten auf die Olympischen Spiele von München. 2024 jährt sich das Münchner Olympia-Attentat zum 52. Mal.

Da ist dieses eine Bild, das sich unauslöschlich ins Gedächtnis eingebrannt hat. Ein Mann mit einer Strumpfmaske über dem Kopf steht auf dem Balkon, leicht vorgebeugt schaut er nach unten.

Hinter ihm in dem Apartment in der Connollystraße 31 hat wenige Stunden zuvor das Grauen Einzug gehalten und die heiteren Spiele von München brutal beendet.

Acht Mitglieder der palästinensischen Terrororganisation „Schwarzer September“ klettern am frühen Morgen des 5. September 1972 über einen unbewachten Zaun in das Olympische Dorf. Die Angreifer wissen um die als Kontrast zu den Nazispielen von 1936 in Berlin bewusst eher lax gehaltenen Sicherheitsvorkehrungen, dennoch werden sie beobachtet. Ein paar Handwerker halten sie für Sportler, die den Zapfenstreich überschritten haben. Ein tödlicher Irrtum.

Um genau 4.35 Uhr dringen die mit Kalaschnikows bewaffneten Attentäter in die nicht abgeschlossene Wohneinheit der Israelis ein. Ringer-Trainer Mosche Weinberg und Gewichtheber Josef Romano werden sofort getötet, neun weitere Teammitglieder nehmen die Terroristen als Geiseln.

Um 5.21 Uhr treffen die ersten Rettungskräfte ein, die Polizei riegelt das Gelände weiträumig ab.

Attentäter wollen RAF-Terroristen freipressen

Der Hintergrund des mörderischen Angriffs ist schnell klar: Mehr als 230 inhaftierte Gesinnungsgenossen, darunter die RAF-Terroristen Andreas Baader, Ulrike Meinhof und Gudrun Ensslin, sollen freigepresst werden. Die israelische Regierung unter Ministerpräsidentin Golda Meir lehnt sämtliche Zugeständnisse kategorisch ab.

Ultimaten verstreichen, zäh tickt die Uhr. Erfolglos bietet sich Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher im Austausch für die israelischen Sportler als Geisel an. Um 15.38 Uhr unterbricht IOC-Präsident Avery Brundage die Spiele.

Es herrscht eine unwirkliche Atmosphäre rund um den Olympiapark und das Olympische Dorf, Scharfschützen liegen auf den Dächern, der Krisenstab verhandelt ohne Unterbrechung mit den Terroristen. Deren Forderung: Eine aufgetankte Boeing für den Flug nach Kairo und sofortiger Abzug aller Scharfschützen.

Kugelhagel auf dem Fliegerhorst Fürstenfeldbruck

Das Verhängnis nimmt endgültig seinen Lauf, als die acht Terroristen und ihre neun Geiseln um 22.28 Uhr mit zwei Helikoptern des Bundesgrenzschutzes auf dem Fliegerhorst Fürstenfeldbruck landen.

Als zwei der Angreifer nach der Inspektion der Boeing über das Rollfeld zurückgehen, eröffnet die Polizei das Feuer, das die Terroristen sofort erwidern. Der letzte Schuss fällt am 6. September um 1.32 Uhr.

Eine geisterhafte Stille liegt für einen kurzen Moment über dem Rollfeld. Bei dem missglückten Befreiungsversuch sind alle neun Geiseln sowie fünf Kidnapper und ein Polizist ums Leben gekommen. Die an den ersten Tagen so heiteren Spiele von München 1972 haben in einem unvorstellbaren Grauen ihre Unschuld verloren.

IOC-Präsident Brundage: „The games must go on“

Und dann? Abbruch oder Fortsetzung? „The games must go on“ - der umstrittene und unzählige Male diskutierte Satz des scheidenden IOC-Präsidenten Brundage findet Eingang in die Sportgeschichte.

Groteske Ironie des Schicksals: Die Schlussfeier findet am 11. September 1972 statt - auf den Tag genau 29 Jahre vor dem Einschlag zweier vollbesetzter Passagierflugzeuge in die Türme des New Yorker World Trade Centers.

Im Gedenken an die elf israelischen Sportler, Trainer und Kampfrichter und den deutschen Polizisten, die durch das Olympia-Attentat 1972 ihr Leben verloren:

  • Mosche Weinberg
  • Josef Romano
  • David Mark Berger
  • Zeev Friedman
  • Yossef Gutfreund
  • Eliezer Halfin
  • Andre Spitzer
  • Amitzur Schapira
  • Kehat Schorr
  • Mark Slavin
  • Yakov Springer
  • Anton Fliegerbauer