Im Moment ihres historischen Triumphs eilte Darja Varfolomeev erst einmal zu ihrer enttäuschten Teamkollegin. Während die 17-Jährige sich zur ersten deutschen Olympiasiegerin der Rhythmischen Sportgymnastik gekrönt hatte, verpasste Margarita Kolosov nur knapp das Podest. „Das ist mega schade, weil sie alles gegeben hat“, sagte Varfolomeev: „Aber ich habe ihr gesagt, es gibt noch die nächsten Olympischen Spiele, zu denen wir hoffentlich zusammen fahren, und dann zeigen wir noch einmal, was wir können.“
Drama im Schatten des deutschen Golds
Ob sie die Sommerspiele 2028 in Los Angeles im Blick habe? "Ja", sagte Varfolomeev kurz und knapp, nachdem sie in der Pariser La Chapelle Arena Gold gewonnen hatte. Kolosov hingegen ließ ihre Zukunft in der Hinsicht offen: "Ich schaue erstmal Jahr für Jahr."
Als Fünfte der Qualifikation hatte sich die 20-Jährige aus Potsdam für das Mehrkampf-Finale qualifiziert, eine Medaille war dort dann unverhofft zum Greifen nah gewesen. Den Patzer der fünfmaligen Weltmeisterin Sofia Raffaeli (Italien), die am Ende Bronze gewann, habe sie erst gar nicht gesehen, sagte Kolosov: „Ich habe gedacht, es wird der vierte Platz. Dann wird in Zeitlupe der Fehler gezeigt. Da gingen die Hoffnungen durch die Decke. Und dann werde ich trotzdem Vierte.“
„Der Platz, der am meisten wehtut“
Varfolomeev fühlte mit. „Der vierte Platz ist immer der, der am meisten wehtut“, sagte die sechsmalige Weltmeisterin: „Ich wusste, dass sie alles gegeben hat. Sie hat so hart mit mir trainiert. Ich weiß, wie das für sie ist, weil ich die ganze Zeit mit ihr war.“
Auch Kolosov schien genau zu wissen, was in ihrer Teamkollegin vorgeht. "Es ist so schwer, mit dem Druck umzugehen, wenn man weiß, man kann gewinnen", sagte die deutsche Mehrkampfmeisterin über Varfolomeev: "Deswegen bin ich wirklich stolz auf sie und froh, dass sie es geschafft hat. Denn ich kann mir vorstellen, wie schwer das ist."
Das bislang einzige Edelmetall für Deutschland in der Rhythmischen Sportgymnastik hatte es 1984 bei den Sommerspielen in Los Angeles gegeben. Damals gewann Regina Weber, die Mutter von Fußball-Nationalspieler Leroy Sane, Bronze. Die 26-malige Deutsche Meisterin Magdalena Brzeska, die in den Neunzigern einen kleinen deutschen Boom ihrer Sportart auslöste, verpasste 1996 in Atlanta eine Medaille.
Varfolomeev gelang nun der ganz große Coup.