Lisa Mayer ist durch einen Wellental gegangen. Wieder einmal.
Endlich weint sie wieder vor Freude
Als die deutsche Sprinterin Anfang Juni bei der EM in Rom erstmals seit 2016 bei einer großen internationalen Leichtathletik-Meisterschaft im Einzel an den Start ging, wertete sie das im SPORT1-Interview im Anschluss an den Vorlauf „nach den ganzen Verletzungen und den ganzen Geschichten der vergangenen Jahre“ schon als „Riesenerfolg, worauf ich sehr, sehr stolz sein kann“.
Der nächste Rückschlag aber folgte prompt: Am Tag nach dem Interview musste sie ihre Teilnahme am 100m-Halbfinale wegen muskulärer Probleme absagen. Wieder einmal spielte ihr Körper ihr einen bösen Streich. Sieben deutsche Meisterschaften und fünf große internationale Titelkämpfe verpasste Mayer seit 2016, verletzte sich auch eine Woche vor den Olympischen Spielen 2021 in Tokio - und war nicht dabei, als die 4x100-Meter-Staffel 2022 bei der WM in Eugene Bronze holte.
Diese Vorgeschichte ist wichtig, um zu verstehen, was am Freitagabend bei den Olympischen Spielen in Paris passierte: Da stand Lisa Mayer in der Mixed Zone des Stade de France und auf einmal kamen ihr die Tränen. Diesmal allerdings nicht vor Enttäuschung, sondern vor Rührung, Freude und vor allem einmal mehr einer gehörigen Portion Stolz.
Olympia 2024: Lisa Mayer kommen die Tränen
Auf ihre lange Leidensgeschichte angesprochen, sagte sie SPORT1: „Ich habe wirklich ein Jahr lang auf dieses Rennen heute Abend hingearbeitet. Es ist einfach nur überwältigend.“
Zuvor hatte Mayer als zweite Läuferin der deutschen 4x100m-Staffel trotz eines etwas wackligen Wechsels den starken Start von Alexandra Burghardt aufgenommen und in 10,27 Sekunden als fünftschnellste Läuferin auf ihrer Position die Grundlage dafür gelegt, dass Gina Lückenkemper und Schlussläuferin Rebekka Haase letztlich eine Bronzemedaille für Deutschland ins Ziel brachten.
Das wieder vereinte deutsche Gold-Quartett der Heim-EM 2022 in München - die zuletzt selbst mit Verletzungen kämpfende Burghardt ersetzte kurzfristig die angeschlagene Sophia Junk - hat wieder aufgetrumpft, bei deutlich stärkerer Konkurrenz als damals.
„Habe mein Herz hier gelassen“
„Ich habe heute mein Herz hier gelassen. Ich wusste, dass der Wechsel knapp drin war, aber ich wusste, dass er drin war - und dass er aber nicht ganz sauber war. Also dachte ich: Okay, das müssen wir jetzt läuferisch wieder gutmachen“, berichtete Mayer nach dem Rennen an der Seite ihrer Staffel-Kolleginnen stehend den deutschen Journalisten.
Gemeinsam hatte die Bronze-Staffel nach ihrem Erfolg zuvor die Stimmung im Stade de France aufgesaugt. Nach ersten Glückwünschen der Schweizerinnen wurde mit den Siegerinnen aus den USA und den zweitplatzierten Britinnen gefeiert, dann folgte eine ausgiebige Ehrenrunde mit zahlreichen Umarmungen und Grüßen an die deutschen Fans im Publikum.
Am 100-m-Start angekommen, legte sich das deutsche Quartett für einige Minuten auf den Boden und blickte in den Pariser Nachthimmel, ehe auf dem Weg zu den TV-Interviews ausgelassen zu den Klängen des Taylor-Swift-Songs „Shake it off“ getanzt wurde. Die gute Laune übertrug sich auch auf die Interviews, in denen ausgiebig gelacht und gescherzt wurde.
Olympia 2024: Mayer wird nach Bronze emotional
Als ihre Staffel-Kolleginnen in der Mixed Zone schon weitergezogen waren, wurde Mayer im Gespräch mit SPORT1 beim Blick auf all die Rückschläge der vergangenen Jahre und ihren besonders schweren Weg zu dieser olympischen Medaille dann aber eben doch noch einmal emotional.
„Dass ich hier heute stehen darf, ist nicht selbstverständlich. Das habe ich einem wunderbaren Team zu verdanken und auch einem ganz, ganz großen Kämpferherz, auf das ich wirklich ein kleines bisschen stolz bin“, erklärte Mayer, ehe sie mit ein paar Tränchen in den Augen hinzufügte: „Das vergisst man sein ganzes Leben nicht mehr.“