Die italienische Boxerin Angela Carini erhält vom skandalumwobenen Weltverband International Boxing Association (IBA) als symbolische Geste das gleiche Preisgeld, das die Organisation für die Olympiasiegerin vorsieht.
Dieser Geldfluss wirft Fragen auf
Der Grund: Carinis Gegnerin Imane Khelif. Um Khelif ist spätestens seit ihrem Blitzsieg eine wilde Debatte entbrannt. Von der IBA war sie bei der WM im vergangenen Jahr disqualifiziert worden, weil sie die „Teilnahmebedingungen“ nicht erfüllt habe. Das soll ein Geschlechtertest ergeben haben, der allerdings nicht transparent dargelegt wurde.
Für die Olympischen Spiele war die Algerierin vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) aber zugelassen worden - denn die IBA ist wegen zahlreicher Skandale ausgeschlossen und nicht für die Organisation der Boxwettkämpfe in Paris zuständig.
Die Art und Weise wie der Boxverband - geführt von dem mit Wladimir Putin vertrauten russischen Funktionär Umar Kremlew, in der Affäre - wirft viele weitere Fragen auf.
Box-Verband mit schwer belastetem Ruf
Das Preisgeld von insgesamt 100.000 US-Dollar soll zur Hälfte an die Athletin selbst und zur anderen Hälfte anteilig an ihren Trainer und ihren nationalen Verband fließen.
„Ich konnte mir ihre Tränen nicht ansehen“, wird IBA-Präsident Umar Kremlew in einer Verbandsmitteilung zitiert: „Ich bin nicht gleichgültig in solchen Situationen, sich kann versichern, dass wir jede Boxerin schützen werden. Ich verstehe nicht, warum sie das Frauenboxen töten. Ausschließlich geeignete Athletinnen sollten der Sicherheit wegen im Ring gegeneinander antreten.“
Kremlew kündigte zudem an, auch die Usbekin Sitora Turdibekowa unterstützen zu wollen. Sie hatte am Freitag ihren Kampf in der Klasse bis 57 kg gegen die Taiwanesin Lin Yuting verloren. Lin war von der IBA im Vorjahr aus den gleichen Gründen wie Khelif disqualifiziert worden.
Der Zuspruch für Carini und Turdibekowa kommt aus zweifelhafter Ecke: Der durch zahlreiche Korruptionsskandale ohnehin schwer erschütterte Ruf der IBA gilt als endgültig ruiniert, seit Kremlew mit ihm offensichtliche pro-russische Interessenpolitik betreibt. Unter fadenscheinigen Vorwänden wurde 2022 die Ukraine vom Verband suspendiert, zudem verhinderte Kremlew im selben Jahr mit dubiosen Methoden eine faire Wahl gegen seinen niederländischen Gegenkandidaten Boris van der Vorst.
Auch nun stellt sich die Frage, ob es Kremlew wirklich um die Integrität des Frauenboxens geht - oder nicht eher darum, genüsslich Öl ins Feuer des vieldiskutierten Streits zu gießen, in den sich unter anderem auch Donald Trump, Elon Musk, Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und Harry-Potter-Autorin Joanne K. Rowling eingeschaltet hatten.
Die Zukunft des Boxens bei Olympia ist aufgrund der skandalträchtigen Vergangenheit der IBA offen. Ein Konkurrenzverband mit dem Namen World Boxing steht zwar bereit, doch ob die Sportart auch Teil der Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles sein wird, steht noch nicht fest.
Khelif kämpft am Samstag
Omar Khelif, Vater der im Blickpunkt stehenden Boxerin, versicherte derweil im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP: „Mein Kind ist ein Mädchen. Ich habe sie erzogen, hart zu arbeiten und mutig zu sein.“
Khelif kämpft am Samstag (17.22 Uhr) gegen die Ungarin Anna Luca Hamori in der Klasse bis 66 kg um eine Medaille. Lin Yuting hätte mit einem Sieg gegen die Bulgarin Swetlana Kamenowa Stanewa am Sonntagvormittag Bronze sicher.