Die Doping-Schlammschlacht zwischen der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA und der US-amerikanischen Agentur USADA eskaliert während der Olympischen Spiele! Die WADA machte der Behörde aus den Staaten schwere Vorwürfe - die prompt gekontert wurden.
Schlammschlacht eskaliert bei Olympia!
In einem Statement vom 7. August hatte die WADA der USADA vorgeworfen, wissentlich mehrere Doping-Verstöße verschwiegen und betroffene Athleten für Wettkämpfe freigegeben zu haben. Zuvor hatte die Nachrichtenagentur Reuters über die Vorgänge berichtet.
Die gedopten Athleten sollen nicht belangt worden sein, weil sie als Informanten im Kampf gegen systematisches Doping eingesetzt wurden.
Doping-Sünder entscheidend in Kriminalfall?
„Die USADA hat mit ihrer Vorgehensweise eindeutig gegen die Regeln verstoßen“, heißt es in dem WADA-Schreiben: „Entgegen den Behauptungen der USADA hat die WADA diese Praxis nicht gebilligt, wonach Dopingbetrüger jahrelang an Wettkämpfen teilnehmen durften, weil sie versprachen, dass sie versuchen würden, belastende Beweise gegen andere zu sammeln.“
Die USADA wiederum meldete sich in Person von Geschäftsführer Travis T. Tygart zu Wort - und wies diese Darstellung klar zurück. Die WADA sei sehr wohl über die Zusammenarbeit mit den namentlich nicht genannten Athleten im Bild gewesen.
Unter anderem bei der Wettkampf-Rückkehr eines Athleten, die „für die Ermittlungen der US-Bundespolizei (Drug Enforcement Agency und FBI) in einem Fall von Menschen- und Drogenhandel erforderlich“ gewesen sei.
Weitere Details nannte die USADA nicht. Die WADA sprach von mindestens drei Fällen, in denen Sportler, „die schwerwiegende Verstöße gegen Anti-Doping-Bestimmungen begangen hatten, jahrelang weiter an Wettkämpfen teilnehmen durften, während sie als verdeckte Ermittler für die USADA tätig waren, ohne dass die WADA davon in Kenntnis gesetzt wurde und ohne dass der Kodex oder die Regeln der USADA eine solche Praxis zuließen.“
Besonders brisanter Fall: Athlet offenbar gefährdet
Besonders brisant: In einem der Fälle habe der überführte Sportler Doping mit Steroiden und EPO eingeräumt, durfte aber dennoch bis zu seinem Karriereende weitermachen. Es handele sich um einen Elite-Sportler, der an internationalen Wettbewerben und Olympia-Qualifikationen teilgenommen habe.
„Der Fall wurde nie veröffentlicht, die Ergebnisse wurden nie gestrichen, die Preisgelder nie zurückerstattet, und es wurde nie eine Suspendierung ausgesprochen“, schreib die WADA. Nachdem man die USADA mit den Erkenntnissen konfrontiert hatte, habe diese um Stillschweigen gebeten. Grund: Eine Veröffentlichung würde die Sicherheit des Athleten gefährden.
Die WADA stimmte letztlich zu, da die Bedrohung für den Athleten als realistisch eingestuft wurde.
„Wenn die USADA und andere Anti-Doping-Organisationen Informationen über Fehlverhalten und potenzielle Verstöße erhalten, ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir der Wahrheit mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln nachgehen“, schrieb Tygart, berühmt geworden als treibende Kraft hinter der Doping-Jagd auf Lance Armstrong: „Wir sind traurig für die sauberen Athleten, dass die derzeitige Führung der WADA mehr an ihrem eigenen Ruf interessiert zu sein scheint, als tatsächlich die Arbeit zum Schutz des sauberen Sports zu machen, die verfügbaren Instrumente zur Untersuchung zu nutzen oder den Kampf für saubere Athleten zu gewinnen.“
China im Mittelpunkt
Die beiden Anti-Doping-Behörden liefern sich schon länger einen öffentlichen Zoff, in dessen Mittelpunkt die Doping-Vorwürfe gegen zahlreiche chinesische Sportlern stehen.
23 Schwimmer aus dem Reich der Mitte wurden vor Olympia 2021 in Tokio positiv getestet, wurden aber nicht bestraft. Wie die New York Times vergangene Woche berichtete, waren noch zwei weitere chinesische Schwimmer, von denen einer bei den Olympischen Spielen in Paris am Start sein soll, im Jahr 2022 positiv getestet, aber von chinesischen Behörden freigesprochen worden.
Im Fall der 23 wurden die positiven Doping-Tests durch verunreinigtes Essen in einer Hotelküche erklärt (hierzu deckte die ARD kurz vor Olympia neue Ungereimtheiten auf), im neu aufgedeckten Fall soll importiertes Burgerfleisch aus Ozeanien das Problem gewesen sein.
Anti-Doping-Organisation WADA seit Monaten im Kreuzfeuer
Infolge der Enthüllungen kam es zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen der USADA und der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA). Die Amerikaner warfen der von WADA - seit 2020 geführt vom früheren polnischen Sportminister Witold Banka und seiner chinesischen Vizepräsidentin Yang Yang - Vertuschung vor.
Auch viele Athletenvertreter übten scharfe Kritik an der WADA, das Internationale Olympische Komitee (IOC) stellte sich hinter die Organisation. Der Konflikt ist auch ein Machtkampf um die Autonomie des Weltsports und die Frage, ob die zuständigen Organisationen ihrer Verantwortung gerecht werden oder aus politischen Gründen zu große Nachsicht mit dem mächtigen Global Player China üben.
Nun ist die WADA in die Gegenoffensive gegangen - was wiederum von der USADA als Ablenkungsmanöver gewertet wird. „Es ist traurig, die verzweifelten und gefährlichen Versuche der WADA-Führer zu sehen, andere, einschließlich Informanten, zu verleumden, anstatt grundlegende Fragen darüber zu beantworten, warum sie China erlaubt haben, 23 positive Tests auf TMZ und zwei positive Tests auf Metandienon zu vertuschen“, sagte der USADA-Boss.
„Jetzt, da Athleten aus der ganzen Welt über diese Versäumnisse sprechen, die sich auf das olympische Schwimmereignis in Paris auswirkten, reagiert die WADA, indem sie gegen andere losschlägt.“