Pillen, in allen Farben des Regenbogens. Dazu Dragees und Trinkampullen, außerdem jede Menge Spritzen. Vollgepumpt mit Dopingmitteln verstarb die Siebenkämpferin Birgit Dressel am 10. April 1987.
Ihr Tod ist bis heute ein Mahnmal
Es war ein qualvoller Tod, offiziell setzte ein Multiorganversagen dem Leben der damals 26-Jährigen ein Ende. Der Fall - aktuell im Zentrum einer dreiteiligen ARD-Doku „Tod für Olympia: Der Fall Birgit Dressel“ ist bis heute nicht restlos aufgeklärt, doch er machte klar: Nicht nur das Staatsdoping-System der DDR ist ein dunkles Erbe des deutschen Sports.
100 verschiedene Medikamente?
Für viele Experten ist die Athletin ein Opfer medizinischer Praktiken geworden, die unverantwortlich waren. Doping-Experte Fritz Sörgel nannte Dressels Tod "eine Folge des massiven Gebrauchs und Missbrauchs aller möglichen Stoffe. Von harmlosen Nahrungsergänzungsmitteln bis zu Dopingmitteln in Höchstdosen."
Dressel, 1986 in Stuttgart EM-Vierte, war im Kampf um sportlichen Erfolg zum Wrack behandelt worden. Mit hunderten Spritzen, tausenden Tabletten. Dies ging aus den Berichten der Ermittler hervor, "Dokumenten des Schreckens", die das Nachrichtenmagazin Der Spiegel 1987 in Auszügen veröffentlichte. Dressel steht für eine Ära, in der die Bundesrepublik der DDR an Skrupellosigkeit in nichts nachstand.
Allein ihr bis zu seinem Tod 2019 hochumstrittener Freiburger Arzt Armin Klümper, damals Guru für viele westdeutsche Spitzenathleten, hatte Dressel, so das Ermittlungsergebnis, in den zwei Jahren vor ihrem Tod 400 Injektionen verabreicht.
Rund 100 verschiedene Medikamente habe Dressel verwendet, allein in der Wohnung von Dressel und Thomas Kohlbacher, ihrem Verlobten und Trainer, stellten Ermittler Dutzende Mittel sicher.
Skandal-Arzt nannte Dressel „im höchsten Maße gesund“
Die "im höchsten Maße gesunde" Birgit Dressel, wie sie Klümper gegenüber der Kripo nannte, war laut Spiegel "in Wahrheit eine chronisch kranke, mit Hunderten von Arzneimitteln vollgepumpte junge Frau".
Dressels letztes Martyrium begann mit heftigen Schmerzen. 48 Stunden später war sie tot.
2012, 25 Jahre nach Dressels Tod, endeten die letzten Untersuchungen. Zu einem öffentlichen Prozess ist es nie gekommen. „Dass das Verfahren gegen Personen aus ihrem Umfeld damals eingestellt und niemals jemand zur Verantwortung gezogen wurde, ist eine bittere und typische Erkenntnis aus dieser Zeit“, sagte der spätere DOSB-Präsident Alfons Hörmann.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)