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Olympia-Ikone: Der Mann, den 9 Jahre lang keiner besiegte

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Olympia-Ikone: Der Mann, den 9 Jahre lang keiner besiegte

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Der Mann, den 9 Jahre keiner besiegte

Vor 40 Jahren krönte Leichtathletik-Legende Edwin Moses mit Olympia-Gold in L.A. eine historische Siegesserie. Ein deutscher Rivale biss sich an dem US-Giganten immer wieder die Zähne aus.
Edwin Moses im Jahr 1980
Edwin Moses im Jahr 1980
© IMAGO / WEREK
mhoffmann
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Vor 40 Jahren krönte Leichtathletik-Legende Edwin Moses mit Olympia-Gold in L.A. eine historische Siegesserie. Ein deutscher Rivale biss sich an dem US-Giganten immer wieder die Zähne aus.

Ist es ein großes Glück, über Jahre einer der besten Läufer der Welt gewesen zu sein? Oder ist es großes Pech, dass da (fast) immer genau einer war, der es noch besser konnte? Harald Schmid, einer der größten deutschen Leichtathleten der Geschichte, kann diese Frage heute mit Gelassenheit beantworten.

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„Ja, natürlich“, es wäre „vielleicht“ ein schönes i-Tüpfelchen gewesen, seine Fabelkarriere mit einem WM-Titel oder einer Goldmedaille bei Olympia zu krönen, sagte er vor zwei Jahren in einem Interview zu seinem 65. Geburtstag, „aber es hat nicht geschadet“.

Es gab ja doch Schlimmeres als eine Erfolgsbilanz mit fünf EM-Titeln, drei WM- und zwei Olympia-Medaillen sowie zwei Auszeichnungen als Deutschlands Sportler des Jahres. Plus der Errungenschaft, der große, wenn auch meist unterlegene Rivale eines Mannes gewesen zu sein, der zu den allergrößten Figuren in der Geschichte des Sports gehörte: Edwin Moses.

Am Montag, den 5. August, jährte sich zum 40. Mal der größte Triumph des einstigen US-Giganten: Der Heimsieg bei den Olympischen Spielen in Los Angeles 1984 über 400 m Hürden war die Krönung einer unglaublichen Siegesserie, die bis heute beispiellos ist.

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Über neun Jahre lang gewann Moses jedes Rennen, in dem er antrat, zwischen 1977 und 1987 war in 122 Rennen (107 davon Finalläufe) kein Vorbeikommen an dem Ausnahmeathleten und cleveren Kopf, der mit seiner innovativen Technik seine Disziplin revolutionierte.

Edwin Moses: Blitz-Aufstieg zum Herrn der Hürden

Der Aufstieg von Moses begann im Jahr 1976, mit seinem ersten Gold-Coup bei Olympia in Montreal.

Noch wenige Monate vor den Spielen hatte der 1,88-Meter-Mann aus Dayton in Ohio nur ein Rennen über 400 Meter Hürden bestritten. In dem Moment, in dem sich der damals 20-Jährige auf die Disziplin konzentrierte, gab es kein Halten mehr.

Moses war wie Schmid ein Autodidakt, der sich in Eigenregie ohne Trainer in Form brachte: Er hatte Physik und Ingenieurswissenschaften studiert - und mit dem systematischen Denken, das er dort gelernt hatte, machte er sich auch den Sport zu eigen: An seiner Uni in Atlanta erschloss er sich den Hürdenlauf mit Computer-Analysen, eine damals neumodische Erfindung.

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Der junge Athlet studierte Rennen und Bewegungsabläufe, trainierte sich an, den Weg zu jeder Hürde in exakt 13 Schritten zurückzulegen. Die Kondition, die er für diese speziell am Ende des Rennens herausfordernde Idee brauchte, schärfte er auch mit Langstreckenrennen. Der Triumph in Montreal war der erste und schnelle Ertrag seiner Methodik.

Harald Schmid war neun Jahre lang der Letzte, der Moses besiegte

Moses‘ Aufstieg war schlechtes Timing für den aus Hanau stammenden Schmid, der in Montreal 18 Jahre alt war und in diesem Jahr mit Staffel-Bronze und einem Junioren-Weltrekord auf sich aufmerksam machte.

Im Jahr darauf gelang Schmid ein Sieg, dessen historische Tragweite damals nicht zu erahnen war: Bei einem Meeting in Berlin am 26. August 1977 besiegte Schmid den damals frisch gekürten Weltrekordhalter Moses - was danach neun Jahre, neun Monate und neun Tage lang niemandem mehr gelingen sollte.

Am 5. August 1984 erreichte die Siegesserie mit dem zweiten Olympia-Triumph in L.A. ihren Höhepunkt. Schmid gewann hinter Danny Harris Bronze - 1980 in Moskau waren Moses und Schmid außen vor, weil die westlichen Länder die Spiele in der Sowjetunion wegen der damaligen Afghanistan-Invasion boykottierten.

Schmid war immer wieder derjenige, der am dichtesten dran war, Moses zu besiegen, aber letztlich biss er sich wie alle anderen Konkurrenten immer wieder die Zähne aus an Moses‘ athletischer Dominanz - und an seiner Cleverness. „Edwin hat seine Serie geschickt aufrechterhalten“, blickte Schmid später zurück: „Wenn es mal nicht lief, startete er einfach nicht.“

Erst am 4. Juni 1987 verließen Moses Glück und Instinkt, als er bei einem Meeting in Madrid erstmals von Landsmann Harris abgehängt wurde. Moses - im selben Jahr in Rom nochmal Weltmeister und 1988 in Seoul Bronze-Gewinner - ärgerte sich danach immer wieder, das Rennen bestritten zu haben, obwohl er sich kränklich gefühlt hätte.

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Zweite Karriere im Wintersport

Moses‘ Siegesserie ist in den Laufdisziplinen dennoch bis heute unübertroffen, auch spätere Ikonen wie Usain Bolt (gewann einmal 45 Rennen in Folge) und Michael Johnson (58) erreichten sie nicht annähernd. Einen größeren Triumphzug schaffte dereinst nur Iolanda Balas mit über 140 Siegen im Hochsprung in den fünfziger und sechziger Jahren.

Nach dem Ende seiner Hürden-Karriere suchte sich Moses eine neue Herausforderung im Wintersport und trat als Bremser in Bobrennen an: 1990 erreichte er als Bremser des späteren Weltmeisters Brian Shimer einen dritten Platz beim Weltcup in Winterberg - verpasste dann aber die anvisierte Qualifikation für Olympia in Albertville 1992.

Moses prägte den Sport nicht nur mit seinen Leistungen auf der Strecke: Abseits der Rennbahn entwickelte er wegweisende Sportförderungs- und Anti-Doping-Konzepte - er ist seit Jahren in der nationalen und internationalen Anti-Doping-Agentur aktiv und hat sich dort als Streiter für konsequente Betrugsbekämpfung profiliert.

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Der heute 68 Jahre alte Moses ist auch für viele wohltätige Zwecke engagiert, unter anderem als langjähriger Vorsitzender der Laureus-Stiftung.