Dass die deutschen Handballer mit ungewohnten Herausforderungen umgehen können, haben sie bei diesem olympischen Turnier in Paris bereits eindrucksvoll bewiesen: Trotz ungewohnter Anwurfzeit um 9 Uhr morgens mit Aufstehen um 4.30 Uhr gelang am Montag gegen Japan ein souveräner 37:26-Erfolg.
Olympia-Regeln als DHB-Verhängnis?
Vor dem Spiel gegen Kroatien am Mittwoch können Juri Knorr und Co. zwei Stunden länger schlafen, die sportliche Hürde allerdings dürfte diesmal deutlich schwieriger zu nehmen sein - zumal sich ein Personalproblem erstmals so richtig bemerkbar machen könnte, das dem deutschen Team im weiteren Turnierverlauf noch zum Verhängnis werden kann.
Nur noch ein Rechtsaußen im Kader
Denn: Seit dem Olympia-Aus von Tim Hornke, der sich im Auftaktspiel gegen Schweden bereits in der ersten Minute verletzt hatte, klafft auf der Rechtsaußen-Position eine Lücke. „Wir haben natürlich Christoph Steinert als Rechtsaußen, aber eben nur noch ihn alleine“, bilanzierte Bundestrainer Alfred Gislason nach dem lockeren Erfolg gegen Japan.
Nachdem er gegen Schweden spontan improvisieren musste und das Personalproblem gegen von Beginn an chancenlose Japaner nicht ins Gewicht fiel, wird Gislasons Plan B gegen die Kroaten nun wohl erstmals einem ernsthaften Test unterzogen. Wobei der Isländer nach dem Japan-Spiel betonte, dass er nicht nur einen Alternativplan in der Tasche hat.
„Wir haben es im Training jetzt auch mit Häfner probiert“, nannte Gislason die offensichtlichste Variante, die auch gegen die Japaner des Öfteren zum Tragen kam.
Gislason erprobt auch „ungewöhnliche“ Lösungen
Aber auch vor außergewöhnlicheren Maßnahmen scheut der Bundestrainer angesichts mangelnder Alternativen nicht zurück - schließlich wird Steinert, der im Verein beim HC Erlangen im Übrigen zumeist im rechten Rückraum spielt, auch immer wieder Pausen brauchen.
So ließ Gislason gegen Japan schon den einen oder anderen Angriff mit zwei Rechtshändern auf den Außenpositionen spielen: Der für Hornke nachnominierte Rune Dahmke spielte dann auf der linken Seite, sein Linksaußen-Kollege Lukas Mertens auf der für einen Rechtshänder ungewohnten rechten Außenposition. „Das ist natürlich sehr, sehr ungewöhnlich“, gestand Gislason selbst.
Genauso wie der Plan, womöglich das eine oder andere Mal mit einem zusätzlichen Kreisläufer zu spielen - aber „das ist so eine Lösung“, sagt Gislason, „die wir dann vielleicht versuchen müssen“.
Der vermeintlich einfachste Weg, einen Rechtsaußen aus dem erweiterten Kader nachzunominieren, bietet sich bei Olympia leider nicht: Dort können, im Gegensatz zu Welt- und Europameisterschaften, nur drei vorab benannte Reservespieler ergänzt werden - und auch das nur im Fall, dass ein Spieler verletzungs- oder krankheitsbedingt nicht mehr einsatzfähig ist.
So wie bei Hornke, für den in Dahmke der erste der drei Reservisten zum Kader hinzustieß.
Gislason hadert mit den Regeln
„Leider ist das so, wir können keinen nachholen aus Deutschland“, haderte Gislason merklich mit der Regelung, die ihm für den Fall einer weiteren Verletzung vorerst nur noch Torhüter Joel Birlehm und Kreisläufer Justus Fischer als Nachrücker zur Verfügung stellt.
„Es sei denn, es verletzen sich noch zwei oder drei Leute, dann gäbe es vielleicht einen Härtefall“, meinte Gislason, ehe er rasch hinzufügte: „Aber das hoffen wir natürlich, dass es nicht passiert. Wir müssen mit dieser Truppe eben auskommen.“
Der erste Testlauf gegen Japan hat Hoffnung gemacht, dass das gelingen kann. Das Duell mit Kroatien wird ersten Aufschluss geben, ob Gislasons Tüfteleien auch größeren Herausforderungen standhalten.