Der schicke Anzug ist noch vom Dauerregen gezeichnet, als SPORT1 Carl Lewis nach dem Ende der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Paris nahe des Eiffelturms trifft.
Olympia-Legende enthüllt Feierpläne
Die Leichtathletik-Legende war kurz zuvor noch selbst Teil der Zeremonie gewesen: Gemeinsam mit den Tennis-Größen Serena Williams und Rafael Nadal sowie Turn-Ikone Nadia Comaneci hatte der 63-Jährige die Fackel auf einem Boot über die Seine zum Louvre gebracht.
Mit neun Goldmedaillen bei Olympischen Spielen ist Lewis bis heute einer der erfolgreichsten Olympioniken überhaupt - nur Schwimmer Michael Phelps (23) hat mehr vorzuweisen. Dementsprechend viel bedeutet Olympia dem von der IAAF zum Welt-Leichtathleten des 20. Jahrhunderts gekürten US-Amerikaner noch heute.
Im SPORT1-Interview spricht er über den revolutionären Olympia-Auftakt, seine Pläne für die Spiele in Paris sowie seinen speziellsten Olympia-Moment - und verrät Überraschendes zu seinem Mitwirken bei der Eröffnungsfeier.
„Vieles war eine große Überraschung“
SPORT1: Mr. Lewis, was denken Sie über diesen Start in die Olympischen Spiele 2024?
Carl Lewis: Vieles davon war eine große Überraschung für mich, allein schon das ganze Konzept. Es war natürlich sehr unglücklich, dass es geregnet hat - aber manchmal bringt der Regen auch nochmal eine besondere Note in so eine Veranstaltung hinein. Ich kann mich nicht erinnern, dass es bei einer Eröffnungsfeier jemals geregnet hätte.
SPORT1: Und wie war es für Sie persönlich, auf dem Boot mit der Fackel über die Seine zu fahren?
Lewis: Es war spektakulär, vom Boot aus all diese Leute entlang des Flusses zu sehen, es war einfach großartig!
SPORT1: Wann haben Sie erfahren, dass Sie ein Teil der Zeremonie sein würden?
Lewis: Nun, vor einigen Tagen wurde mir gesagt, dass sie mich hier in einem besonderen Bereich platzieren würden. Und heute kam dann jemand zu mir und sagte: „Könntest du mal kurz für eine Sache mit nach unten kommen?“ Ich bin also runtergegangen und dann sagten sie mir, dass ich ins Boot steigen solle.
SPORT1: Sie haben also bis unmittelbar davor nichts davon gewusst?
Lewis: So ist es. Wissen Sie: Jeder ist irgendwie ein Plappermaul. Ich kann ja Sachen für mich behalten. (lacht) Aber man weiß eben nie. Und ich wusste auch nichts über Serena oder irgendjemanden von den anderen.
SPORT1: Und die anderen wussten auch nicht, dass sie auf dem Boot sein würden?
Lewis: Ich glaube, Nadia wusste etwas - weil sie irgendwie smarter ist als wir. Vielleicht hat sie auch einfach nur mehr Fragen gestellt. (lacht)
Carl Lewis schwärmt von Paris
SPORT1: Können Sie sich an eine bessere Eröffnungsfeier erinnern?
Lewis: Jede Feier ist einzigartig. Aber was ich an dieser Eröffnungsfeier mochte: Sie war sehr wie Paris. Der Eiffelturm ist absolut spektakulär! Ich habe einige unglaubliche Bilder und Videos. Es gibt ja diese Tradition, dass jedes Mal behauptet wird, es seien die besten Spiele jemals gewesen - und ich denke, es wäre diesmal okay, wenn sie sagen würden, dass es die beste Eröffnungsfeier war.
SPORT1: Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf die kommenden Tage?
Lewis: Ich freue mich unglaublich auf die Olympischen Spiele! Ich freue mich, dass sie hier stattfinden. Es ist eine sexy Stadt, die auch in Sachen Mode und Essen so viel zu bieten hat. Es wird großartig.
Vom Essen zu reden, macht Lewis hungrig: Er greift noch einmal zu einem Häppchen, das ihm angeboten wird, nicht ohne anzumerken, dass das Essen außerordentlich köstlich sei. Er könnte aber nicht in Frankreich leben, fügt er mit einem Augenzwinkern hinzu - hier werde zu viel Brot gegessen und er hätte schnell „die Ausmaße dieses Gebäudes hier“.
SPORT1: Wie werden Sie persönlich die Spiele hier in Paris verbringen?
Lewis: Ich werde die gesamte Zeit über hier sein und verschiedene Dinge tun. Ich arbeite mit einigen Marken zusammen und werde den einen oder anderen Sponsorentermin haben. Aber ich bin auch der Leichtathletik-Cheftrainer an der University of Houston und habe drei Athleten hier am Start. Jeder Tag wird also anders aussehen. Ich werde mir ein paar Wettbewerbe anschauen, dann gehe ich mal zum Training, dann bin ich mal wieder auf einem Event.
Lewis verrät größten Olympia-Moment
SPORT1: Worauf freuen Sie sich - abgesehen natürlich von Ihren Schützlingen - denn am meisten?
Lewis: Ich liebe es, zu neuen Sportarten zu gehen, die ich zuvor noch nie gesehen habe. Ich kenne jemanden beim Breaking, da will ich auf jeden Fall hin. Klettern will ich mir auch anschauen - und dann schaue ich mal nach anderen Sachen, wenn ich die Zeit dafür habe.
SPORT1: Wenn wir schon über andere Sportarten sprechen: Das Starensemble der US-Basketballer sorgt natürlich für Schlagzeilen. Was halten Sie vom diesjährigen Team?
Lewis: Sie werden gewinnen, weil sie das beste Team der Welt haben. Aber das Problem ist, wie erfolgreich die NBA damit war, Basketball auf der ganzen Welt zu verbreiten. Das ist für mich die große Geschichte. Wir sind immer noch die Besten und werden gewinnen, aber das ist eine gute Sache für Basketball als Sport.
SPORT1: Wenn Sie jetzt wieder hier bei den Spielen stehen: Was ist Ihr persönlich größter Olympia-Moment, an den Sie sich am liebsten zurückerinnern?
Lewis: Meine erste Goldmedaille - egal, was auch kommen mag. Die Feier nach der letzten Medaille war ziemlich groß, aber die erste Goldmedaille 1984 über 100 Meter war einfach unglaublich. Da kommt nichts heran!