Als Lukas Märtens mit der Goldmedaille um den Hals ganz oben auf dem Siegerpodest stand, am Ziel seiner Träume, und die Nationalhymne erklang, musste selbst der sonst so coole neue deutsche Schwimm-Held kräftig schlucken. Mit der rechten Hand auf dem Herzen schnaufte Märtens immer wieder kräftig durch und blinzelte ein paar Tränen der Rührung weg.
Andere Nationen raunen plötzlich
Mit seinem Sieg über 400 Meter Freistil in der La Defense Arena hat der 22-Jährige das erste deutsche Olympia-Gold in Paris geholt. Die Schwimmer als Zugpferd einer ganzen Nation – das hat es lange nicht gegeben.
Seit „Albatros“ Michael Groß 1988 hatte zuvor kein deutscher Schwimmer mehr olympisches Gold im Becken gewonnen. Florian Wellbrock, in Tokio Olympiasieger im Freiwasser, hatte damals als Dritter über 1500 m Freistil dieses Ziel noch verpasst. Märtens hat die Schwimmer aus einem langen Wellental geführt, ja man muss fast sagen: aus der Versenkung!
Olympische Spiele 2024: Märtens kämpft sich nach gesundheitlichen Problemen zurück
Sein Triumph ist umso größer zu bewerten, da der Magdeburger in dieser Saison eine beinahe schon grausige Vorbereitung erlebt hat. „Zum Mäusemelken“ sei es gewesen mit seinen ständigen Infekten. Gleich siebenmal innerhalb eines Jahres musste er Antibiotika nehmen, hatte Märtens vor Olympia im SPORT1-Interview erklärt. Abgehalten vom ganz großen Coup hat ihn das nicht.
Es zeichnet Märtens aus, dass er auch im größten Moment seiner Karriere, an jener Stätte, wo Superstar Taylor Swift im Mai schillernde Konzerte gegeben hatte, bodenständig blieb. Der Blick ist schon nach vorne gerichtet. Am Sonntagmorgen steht der Vorlauf über 200 Meter Freistil an.
Der Sieg hat Strahlkraft. In seinem Sog kann das Team nachlegen. Für Weltmeisterin Angelina Köhler etwa ist eine Medaille über 100 Meter Schmetterling am Sonntag möglich.
In der Mixed-Zone raunten die französischen Journalisten förmlich: Die Deutschen sind stark! Der auf Platz zwei verwiesene Australier Elijah Winnington huldigte Märtens bei SPORT1 als „außergewöhnlich stark“. So viel steht fest: Märtens hat Deutschlands Schwimmern nach einer langen Durststrecke wieder Respekt verschafft.