Es war ein kleines Wunder, dass David Popovici die Ehrenrunde um den Pool in der La Defense Arena von Paris ohne Unfall überstand. „An Land hat er zwei linke Füße. Glauben Sie mir, beim Joggen wollen Sie ihm nicht zusehen“, sagte einst sein Trainer Adrian Radulescu über ihn. Aber im Wasser – da ist er ein anderer Mensch. Da ist er das wahre Wunder.
Der neue Wunderschwimmer
Während 400-Meter-Olympiasieger Lukas Märtens am Montagabend auf der halben Strecke die Kräfte verließen und die anderen Konkurrenten auf den letzten Metern förmlich bolzten, glitt Popovici stilecht zum Olympia-Gold. „Es sind so viele Menschen hier, die mich angefeuert haben. Ein Traum ist wahr geworden“, sagte der 19 Jahre alte Rumäne später.
Popovici – das i wird nicht ausgesprochen – hat das Freistilschwimmen mit seinen jungen Jahren revolutioniert. Ganz oben auf dem Siegerpodest wirkte er fast wie ein Hänfling, unscheinbar zuvor auf dem Startblock neben all den Muskelprotzen.
Rumänischer Schwimm-Star wie eine Libelle
Popovici ist ein Ästhet. Bei 1,91 Meter Größe bringt er gerade einmal 80 Kilogramm auf die Waage. Das bedeutet aber eben auch, dass er weniger Masse durch das Wasser schleppen muss.
Seine Freundin verglich ihn einmal mit einer Libelle – das trifft es sehr gut. Popovici liegt sehr hoch im Wasser, fast als ob er darüber schwebe. Sein effizienter Stil kommt ihm vor allem in der Schlussphase eines Rennens zugute.
Schon lange eilte Popovic ein Ruf wie Donnerhall voraus. Vor drei Jahren in Tokio erreichte er mit 16 Jahren sein erstes Olympia-Finale. Ein Jahr später wurde er bei der WM in Budapest Doppel-Weltmeister und stellte bei der Europameisterschaft – noch nicht einmal volljährig – einen Weltrekord über 100 Meter Freistil auf. Dass er in Paris ebenfalls über die Königsdisziplin triumphiert, daran zweifelt eigentlich niemand.
Olympia 2024: Popovici, das Idol
In seiner Heimat ist Popovici schon jetzt ein Idol. Nicht nur wegen seiner Erfolge. Er ist das Gesicht der neuen Generation, die weder die Diktatur noch die Zeit unmittelbar danach erlebt hat. Er steht für Hoffnung. Und auch wenn der Steinboden seines Trainingsbeckens im Osten von Bukarest Risse hat und die Duschen nicht richtig funktionieren, hat Popovici nicht vor, sein Land zu verlassen.
Das rechnen sie ihm hoch an in Rumänien. Darüber hinaus hat Popovici eine soziale Ader. Eine seiner beiden WM-Medaillen ließ er einschmelzen. Die daraus entstandenen 100 Anstecknadeln in Form von Schleifen wurden an Kinder überreicht, die Krebs besiegt haben. „Hoffnung ist immun gegen Krebs“, sagte Popovici damals in seinem Instagram-Post.