Als die magische Eröffnungsfeier von Paris auf ihren Höhepunkt zusteuerte, kam es zur vielleicht herzergreifendsten Szene: Bevor die frühere Top-Leichtathletin Marie-Jose Perec und Judo-Ikone Teddy Riner um 23.22 Uhr das Olympische Feuer entzündeten, machte die Fackel noch einmal bei Charles Coste halt. Im Rollstuhl sitzend nahm der 100-Jährige die Fackel entgegen, hielt für einen emotionalen Moment inne und reichte sie an das finale Duo weiter.
Der ergreifendste Moment der Feier
Wer ist dieser Charles Coste, der in Deutschland wohl nur noch den wenigsten bekannt sein dürfte, der in Frankreich aber eine Legende ist?
Auf einem Bauernhof in Ollioules im Süden Frankreichs geboren, machte er zunächst eine Lehre als Schlosser. Anfang der 1940er Jahre schenkte ihm sein Vater ein Fahrrad, und bald fuhr er seine ersten Rennen.
Coste Olympiasieger in der Mannschaftsverfolgung
Sieben Jahre später wurde Coste französischer Amateur-Meister in der Einerverfolgung. Einen Wechsel zu den Profis widerstand er, um bei den Olympischen Spielen starten zu können. Im Jahr darauf wurde er gemeinsam mit Pierre Adam, Serge Blusson und Fernand Decanali - nach ihren Nachnamen „ABCD-Team“ genannt – bei Olympia in London Olympiasieger in der Mannschaftsverfolgung.
Von 1949 bis 1959 war Coste Profi und bestritt hauptsächlich Straßenrennen. 1952 und 1957 nahm er an der Tour de France teil, gab aber beide Male frühzeitig auf. 1959 beendete er seine aktive Radsportlaufbahn und wurde leitender Angestellter in einer der größten Wäschereien Europas für Hotelwäsche.
Zum Ritter der Ehrenlegion ernannt
2022 wurde Coste zum Ritter der Ehrenlegion ernannt. Ab 1952 erfolgte diese Auszeichnung für französische Olympiasieger eigentlich automatisch, da Coste aber schon 1948 Gold bei Olympia gewonnen hatte, war er jahrzehntelang übergangen worden. Bei der Zeremonie wurde die Marseillaise gespielt, da 1948 in London offiziell keine Hymne für die französischen Sieger erklungen war.
Auf die Frage, ob er 2024 bei den Spielen in Paris noch dabei sein werde, antwortete Coste vor drei Jahren der L‘Équipe: „Vielleicht, aber das habe ich nicht in der Hand. Abgesehen von meinem schwächelnden Knie habe ich das Glück, in guter Form zu sein. Das wäre auf jeden Fall großartig.“
Seine drei Mannschaftskameraden von einst sind inzwischen verstorben, doch für den ältesten lebenden französischen Olympiasieger hat sich der Traum am späten Freitagabend in einem ergreifenden Moment erfüllt.